Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
durchgedreht.«
    »Darf ich hereinkommen? Ich bleibe bestimmt nicht lang.«
    Sie dachte einen Augenblick nach und zuckte dann die Schultern.
    »Nun bist du schon mal da.«
    Er folgte ihr in einen hellen, offenen Raum, der ihm zunächst kahl erschien. Als er sich jedoch umblickte, stellte er fest, dass sich in diesem Zimmer gerade das Nötigste für eine allein lebende Person befand. Die wenigen Möbel waren von ausgezeichneter Qualität. Da gab es zum Beispiel eine Truhe aus wundervollem, altem Holz, die sicher als Sammlerstück gelten konnte. Ebenso wie ein moderner Ledersessel mit klarer, geschwungener Linie, ein Tisch mit Glasplatte und eine zierliche, rechteckige Lampe. An der Wand hingen abstrakte Gemälde. Tom sah keinen einzigen Spiegel. Der Raum wirkte kalt, hatte aber Ausstrahlung.
    Er drehte sich zu ihr um. Sie stand mit dem Rücken zum Licht und wartete auf das, was er sagen wollte.
    »Es war ein Fehler, deine Eltern aufzusuchen«, begann er. Und dann fügte er hinzu: »Ich konnte nicht anders. Sie gehören zu dir, und ich …«
    »Tom, es hat keinen Sinn.«
    Ihre Augen blickten klar aus ihrem ansonsten ausdruckslosen Gesicht.
    »Okay. Ich sage nur das, weswegen ich hergekommen bin. Ich weiß nicht, was passiert ist. Genau da liegt das Problem. Ich habe dich gesehen und wusste es sofort. Gleich beim ersten Mal. An dir ist etwas, nach dem ich mich mein Leben lang gesehnt habe. Etwas, was ich brauche. Und ich hatte gehofft, dir könnte es ähnlich gehen. Aber irgendwie wusste ich, dass es unmöglich ist.«
    »Bis du gemerkt hast, wer ich bin?«
    Sein erster Impuls war zu beteuern, dass es keinen Unterschied machte. Doch er entschied sich, es als Frage zu formulieren. »Welchen Unterschied würde das machen?«
    »Einen großen.«
    Darauf wusste Tom keine Antwort. Richtig, es machte einen Unterschied. Aber andererseits auch nicht. Schließlich fragte er: »Habe ich mich dir gegenüber je unhöflich benommen?«
    Sie schüttelte den Kopf mit der gleichen sanften Melancholie, die er schon am ersten Abend bei ihr festgestellt hatte, als sie es ablehnte, ihn nach Hause zu begleiten. »Nein«, sagte sie.
    »Gut. Ich danke dir.« Er sprach wie ein Mann, der nur seine Pflicht getan hatte. »Hör zu«, fuhr er fort, »wir sind beide alt genug, um zu wissen, was wir tun. Wir waren eine Zeit lang zusammen. Ich wusste sehr genau, was ich tat, als ich dich bat, mich zu heiraten. Und jetzt bin ich nicht mehr im Geschäft. Ich wollte schon lange da raus. Du sicher auch eines Tages, nicht wahr?«
    »Nicht unbedingt.« Sie sah ihn mit einer solchen Leere an, wie er es noch nie an ihr erlebt hatte. Es alarmierte ihn.
    »Gut, wenn du es sagst.« Er wollte nicht mit ihr darüber streiten. »Aber ich möchte dich bitten, wenigstens darüber nachzudenken. Und auch über eine Antwort auf meine Frage am Strand nachzudenken. Ich habe ein wenig Geld zur Seite gelegt. Es ist fast genug, um ein Projekt in Angriff zu nehmen, das ich mir schon lange vorgenommen habe.«
    Er wartete. Sie sagte nichts.
    »Möchtest du nicht wissen, was es ist?«
    »Was ist es?« Ihre Stimme klang flach und uninteressiert.
    »Ich möchte im Napa Valley ein Grundstück kaufen und Wein anbauen. Meinen eigenen Wein machen.«
    Er sah nichts, aber er spürte, wie eine Art Erschrecken oder zumindest Überraschung sie durchfuhr. Mit einem Mal konzentrierte sie sich auf ihn.
    »Kennst du dich mit Wein aus?«
    »Ich habe lange Zeit gekellnert. Für den Anfang weiß ich genug. Aber natürlich muss ich nicht unbedingt Wein anbauen. Es ist nur so eine Idee. Wenn dir etwas anderes vorschwebt, könnten wir …«
    Seine Stimme verlor sich. Sein Herz wurde schwer. Plötzlich überkam ihn die schreckliche Gewissheit, dass er etwas Unmögliches erbat. Allerdings wusste er nicht warum. »Sag bitte etwas.« Seine Worte waren ein einziges Flehen.
    Sie antwortete fast flüsternd: »Ich kann nicht.«
    »Warum nicht?«
    Sie schien keine Antwort auf diese Frage zu haben. Kurze Zeit später drehte sie sich um und ging langsam ans Fenster. Mit wiegenden Schritten lief sie zunächst über den gemusterten Läufer, dann über den hellgrauen Teppichboden. Als sie schließlich etwas sagte, klang ihre Stimme wie helle Musik.
    »Nun dreht sie sich um und geht langsam zum Fenster«, sagte sie, und beschrieb damit ihre eigene Bewegung. »Sie bleibt stehen und blickt tief in Gedanken versunken hinaus.«
    »Wer eigentlich?«
    »Die Schauspielerin, die mich spielt.« Amanda blickte weiter aus dem

Weitere Kostenlose Bücher