Stadt der Lügen
Fenster.
»Das verstehe ich nicht: ›Die Schauspielerin, die mich spielt‹?«
»Versuch es.« Sie drehte sich nicht um.
»Ich versuche es«, antwortete er. »Es hört sich an, als versuchtest du, Abstand zu schaffen zwischen dem, was du bist, und dem, was du tust.«
»Vielleicht.«
»Gut«, nickte Tom einige Zeit später, »was würde sie denn sagen, diese Schauspielerin, die dich spielt, nachdem sie tief in Gedanken aus dem Fenster geschaut hat?«
»Sie würde sagen, dass die Illusionen anderer Leute kein guter Aufenthaltsort sind«, antwortete Amanda leise. Sie drehte sich zwar zu ihm um, sah ihn aber nicht an.
»Aber dort hält sie sich auf, nicht wahr? Sie ist Schauspielerin. Wo sonst sollte sie sein?«
Amanda blickte Tom an.
»Aber was ist mit dir?«, hakte er nach. »Nicht mit der Schauspielerin, die dich spielt.«
»Ich bin verwirrt.«
Eine lange Stille entstand. Keiner von beiden bewegte sich.
»Wir werden lange brauchen«, sagte er schließlich, »bis wir einander wirklich kennen. Ich möchte dich nur bitten, darüber nachzudenken, ob du es versuchen willst. Wenn du mir allen Ernstes mit Nein antwortest, werde ich dich in Frieden lassen. Ich bin weder verrückt noch ein Stalker. Ich würde aus deinem Leben verschwinden.«
Er wartete. Sie schwieg und bewegte sich nicht.
»Ich gehe jetzt. Es tut mir Leid, dass ich mich so eingeschlichen habe, aber ich wusste nicht, wie ich es sonst anfangen sollte.«
Er wandte sich zur Tür. Sie machte keinerlei Anstalten, ihn zurückzuhalten. Er griff nach der Klinke und wandte sich ein letztes Mal um.
»Denk bitte darüber nach. Mehr verlange ich gar nicht.«
Er öffnete die Tür und blieb wie angewurzelt stehen. Die beiden Muskelmänner aus dem Auto standen vor ihm, zwischen sich den entsetzten Angestellten der Hausverwaltung in Hemdsärmeln.
»Der Typ hier braucht jetzt wieder seine Uniform und den Ausweis«, sagte einer der Muskelmänner mit ausdrucksloser Stimme und musterte Tom mit schräg gelegtem Kopf.
Tom bemühte sich, ruhiger zu klingen, als er sich fühlte. »Natürlich«, sagte er, nahm die Mütze ab und zog die Jacke aus. »Der Ausweis ist in der Tasche.«
Mit zitternden Händen griff der Angestellte nach der Uniform. Ohne sich mit Anziehen aufzuhalten, stürmte er davon.
»He«, rief der Muskelprotz und winkte ihm mit etwas nach. »Nimm das Geld mit. Es ist sein Geld.« Er nickte in Toms Richtung. »Ich will es nicht.«
Der Angestellte zögerte, kehrte hastig um und schnappte sich den Hundert-Dollar-Schein, den Tom ihm zuvor in die Hand gedrückt hatte. Dann lief er zur Nottreppe und hastete sie immer zwei Stufen auf einmal nehmend hinunter.
»Alles in Ordnung. Er hat mir nichts getan.« Amanda war an die Tür gekommen und hatte mit angesehen, wie die beiden Muskelmänner Tom jeweils an einem Arm packten. Sie sah besorgt aus.
»Immerhin ist er reingekommen«, stellte der Sprecher der beiden fest.
Amanda sah zunächst ihn und dann Tom an. »Tut ihm nicht weh«, sagte sie.
»Wir wissen, was wir zu tun haben.« Sie drehten Tom um. »Komm mit.«
Sie sah zu, wie sie ihn in den Aufzug zerrten und stand immer noch unbeweglich da, als die Türen sich längst geschlossen hatten.
»Schick sie rein«, sagte der Mann am Schreibtisch. Er war um die vierzig und trug einen eleganten, dunklen Maßanzug. Sein schwarzes, straff zurückgekämmtes Haar umrahmte ein sorgfältig gebräuntes Gesicht. Ein schwerer, goldener Siegelring und Manschettenknöpfe aus Gold vervollständigten das Bild.
Ein Assistent in den Zwanzigern öffnete die Tür und ließ Amanda in das erlesen ausgestattete Büro im dritten Stockwerk eines Hauses im teuersten Teil des Wilshire Boulevard in Beverly Hills eintreten.
Der Mann am Schreibtisch stand nicht auf, sondern musterte sie nur mit einem blasierten Blick. Amanda trug das gleiche einfache Baumwollkleid, das sie schon vor einer Stunde anhatte, als sie von ihrem Fenster aus dem Auto mit Tom und den beiden Muskelpaketen nachsah. Kaum war der Wagen verschwunden, griff sie zum Telefon und wählte die Nummer dieses Büros.
Gehorsam setzte sie sich auf den Stuhl, den der Mann ihr anbot, und wartete darauf, dass er zu sprechen begann.
»Sie möchten etwas von mir. Reden Sie.«
Sie blickte auf die kleine Handtasche hinunter, die sie bei sich trug.
»Als ich anfing, für Sie zu arbeiten, sagten Sie, ich könne jederzeit aufhören.« Jetzt sah sie ihn an. »Erinnern Sie sich, dass ich Sie darum bat? Sie sagten, es sei
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