Stadt der Lügen
wie es zu diesem erschreckenden Eindringen kam, und sagen Sie mir dann, ob Sie meine Entrüstung nicht teilen. Der bei weitem ärgerlichste Aspekt der ganzen Affäre war der außerordentliche Mangel an Respekt vor jeglichem Privatleben. Dabei spreche ich nicht einmal vom Privatleben berühmter Menschen, über das viel debattiert wird und für das ich keine Sonderbehandlung schaffen will; tatsächlich neige ich zu der Ansicht, dass bekannte Leute, für die Publicity tägliches Brot ist, weniger Grund haben, sich über aufdringliche Medien zu beschweren. Es ist nur natürlich, dass man uns sehen will, etwas über uns hören will und lesen möchte, was wir gesagt oder getan haben. Bis zu einem gewissen Punkt haben die Fans alle Rechte an uns.
Doch jenseits dieses gewissen Punktes gibt es Gebiete, die niemanden außer uns selbst zu interessieren haben und für die wir den Schutz genießen müssten, der jedem braven Bürger zusteht. Wenn unsere verborgensten Geheimnisse der Meute zum Fraß vorgeworfen werden, ist ein normales Leben nicht mehr möglich.
Ich rede hier nicht nur über die Schnüffeleien und Lügen der Medien; es geht um die Frage konstitutioneller Rechte und des eventuellen Schutzes, den man uns gegen Übergriffe des Staates bietet. Denken Sie an den Großen Bruder! Wahrscheinlich glauben Sie nicht, dass es in diesem Land so etwas wie eine Gedankenpolizei gibt, oder? Nun, dann denken Sie noch einmal genau nach!
Sind Ihre Gedanken Ihr Eigentum? Gehören sie Ihnen? Sind sie wirklich ganz und gar in Ihrem Besitz? Sind sie privat? Wenn Sie das glauben, dann bereiten Sie sich auf einen Schock vor, wenn Sie erfahren, was mir passierte.
Ich fühlte mich besser. Aus der ganzen Welt hatte ich Spezialisten einfliegen lassen. Man hatte mir erklärt, mein Zustand habe sich »stabilisiert«. Niemand wusste, wie lange es dauern würde – natürlich konnte auch eine weitere Verschlechterung eintreten, aber bis dahin hoffte man, diese unter Kontrolle halten zu können.
Es war eine gewisse Gnadenfrist, obwohl mein äußeres Erscheinungsbild grotesk blieb und sich nicht verändern würde. Kosmetische Operationen kamen nicht mehr infrage. Ich beschloss, das Beste aus meiner Situation zu machen. Ich rief einen Forscher an, mit dem ich schon früher zusammengearbeitet hatte. Am Telefon erklärte ich ihm, ich würde an einer Idee für einen Film arbeiten. Ich verpflichtete ihn zu vollständiger Geheimhaltung und versprach ihm einen fünfstelligen Bonus, falls die Presse wirklich nichts erfuhr. Innerhalb weniger Tage faxte er mir einen ganzen Haufen Material: Alles, was ich wissen wollte.
Während der folgenden Wochen bekam ich eine Menge Lieferungen aus dem gesamten Land ins Haus geschickt. Alles – Pakete, versiegelte Container und schwere Kisten – wurde in die Höhle aus Tausendundeiner Nacht und meinen Atombunker hinuntergeschafft.
Von diesem Tag an verbrachte ich den größten Teil meiner Zeit dort unten. Für meine Bediensteten galt strengstes Zutrittsverbot. Ich programmierte alle Schlösser neu und schrieb die Codes weder auf, noch teilte ich sie jemandem mit. Gibt es ein deutlicheres Zeichen für den Wunsch nach Privatleben? Natürlich schrieb ich kein Drehbuch, aber das war meine Sache. Trotzdem hielt sie das nicht ab, in der schon beschriebenen Weise bei mir einzudringen.
Das alles geschah, weil sie meine Gedanken erforscht hatten. Irgendwie war ihnen zu Ohren gekommen, dass ich diesen Forscher angerufen hatte. Sie setzten ihm zu, bis sie herausbekamen, was ich von ihm wissen wollte. Anschließend überprüften sie gnadenlos jeden einzelnen Händler und Lieferanten, mit dem ich zu tun gehabt hatte, und verlangten eine komplette Liste aller erworbenen Dinge. Auf diese Weise setzten sie ein Bild dessen zusammen, was in meinem Kopf vorging: Sie hatten mir meine Gedanken gestohlen. Und der einzige Grund, weshalb sie an jenem Tag in mein Haus eindrangen, war die Entdeckung dessen, was in meinen Gedanken vorging.
Ist das legal? Ist es gerecht? Ist es amerikanisch? Gibt es keinen Schutz vor der Arroganz der Regierung?
Mit durchaus berechtigtem Stolz weise ich darauf hin, dass ich ihnen nicht einen einzigen Code verraten habe. Sie mussten meinen Bunker mit schwerem Gerät aufbrechen. Zwar war in der Zwischenzeit mein Anwalt eingetroffen, aber auch er konnte sie nicht mehr daran hindern.
Was sie schließlich dort vorfanden? Genau das, was sie erwartet hatten, nämlich ein voll funktionstüchtiges
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