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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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das Drehbuch gelesen.«
    »Was hältst du davon? Fantastisch, nicht wahr? Er würde seine Mutter dafür umbringen, ganz bestimmt. Die ultimative Herausforderung für einen großen Schauspieler, weißt du!« Sie lachte ihr Nebelhorn-Lachen. »Wenn ein Schauspieler nicht seine Mutter für eine tolle Rolle umbringen würde, dann ist er es nicht wert, engagiert zu werden – zumindest sagt man so.« Mit gekünstelter Fröhlichkeit klatschte sie sich auf ihren kurz unter dem Kaftan aufblitzenden, massiven Schenkel.
    Plötzlich empfand Gail Hass auf Lenore, auf die widerwärtige Vulgarität dessen, was sie tat, sagte und am Leib trug. Auf das ewig künstliche Lachen, das sie nur ausstieß, um ihrem Gegenüber den schmeichelhaften Eindruck zu vermitteln, er sei witzig. Auf den offenkundigen Glauben, viel Umfang, Lärm und brutale Schonungslosigkeit würden schon irgendwie als Talent durchgehen. Aber vor allem hasste sie das plumpe Eindringen der Frau in eine Welt, in der Gails eigene Stellung noch längst nicht gefestigt war. Auf keinen Fall wollte sie diese Stellung durch eine fast vergessene, deplatzierte Freundschaft in Gefahr bringen.
    »Lenore«, begann sie und wählte ihre Worte mit äußerster Vorsicht, »das Drehbuch enthält gute Ansätze.« Sie versuchte, nicht allzu ausweichend zu klingen, wusste aber, dass sie es tat. »Es gibt einige interessante Aspekte, wirklich interessante Aspekte …«
    »Sage ich doch. Die Idee ist toll. Natürlich muss noch daran gearbeitet werden, aber das ist alles schon in Planung. Das Wichtigste ist immer die Idee. Die Hauptfigur.«
    »Richtig. Und ich hoffe, ihr habt Erfolg damit. Ganz sicher werdet ihr Erfolg haben. Aber Clark kann ich es nicht anbieten.«
    »Warum nicht? Ist ihm die Rolle nicht wie auf den Leib geschrieben? Es ist das beste Buch, das ihm in den letzten Jahren angeboten worden ist.«
    »Lenore, ich würde dir wirklich gern helfen, aber ich kann nicht. Nicht mit dem Buch hier. Es geht einfach nicht.«
    Eine lange Pause entstand. Lenore saß da mit gesenktem Kopf. Normalerweise vermied sie diese Pose, weil ihr Doppelkinn dann allzu deutlich zu Tage trat. Sie dachte nach. Irgendwann blickte sie wieder auf, allerdings sah sie nicht Gail an, sondern ließ ihre Augen durch den Raum schweifen.
    »Ganz ehrlich, Gail, du enttäuschst mich. Ich dachte, wir wären Freundinnen.«
    »Wir sind Freundinnen, Lenore. Aber du bittest mich, etwas zu tun, was nicht in meiner Macht steht. Es würde nicht klappen.«
    »Du könntest es zumindest versuchen. Du könntest mit ihm reden. Oder wenigstens einen Termin für mich bei ihm machen.«
    »Niemand kann Clark zu etwas überreden, was er nicht will. Ich würde mich nur zum Narren machen, und das hilft uns beiden nicht weiter.«
    »Okay, okay!« Lenore hielt ihre beiden plumpen Hände hoch. »Schon gut. Dann sage ich dir eben jetzt die ganze Wahrheit. Danach hilfst du mir bestimmt, du wirst mir helfen wollen. Gail, wenn du Clark Conrad nicht zu dieser Rolle überredest, stecke ich tief in der Scheiße. Ich habe gestern noch mal mit Joe telefoniert. Clark ist der einzige Akteur, der den Franzosen die Sache schmackhaft machen würde, und auch für die Deutschen und die Engländer steht er ganz oben auf der Liste. Der Mann ist für uns die einzige Chance, den Deal zu machen.«
    »Lenore, niemals ist ein Schauspieler die einzige Chance«, konterte Gail. Sie wollte dem Auftritt ein Ende bereiten, ehe er peinlich wurde. »Es gibt mindestens noch vier oder fünf männliche Stars, die …«
    »Zu denen habe ich keinen Kontakt!«, schnitt ihr Lenore das Wort ab. »Ich müsste mich an Agenten und Manager wenden und den ganzen verdammten Zirkus mitmachen – es würde Ewigkeiten dauern.«
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Lenore. Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht könnte ich Ben dazu bringen, dir weiterzuhelfen.«
    Lenore achtete nicht auf das Angebot, sondern versuchte zum letzten Mal, Gail zu überzeugen. »Wenn ich ihnen nur sagen könnte, dass Clark Conrad das Drehbuch liest – damit ließen sie sich hinhalten. Auf ihn würden sie gern ein wenig warten. Mir hingegen könnte es die Zeit verschaffen, mich um andere Optionen zu kümmern. Jetzt habe ich nicht einmal diese Zeit. Hilf mir, Gail. Tu es für mich. Und für Joe. Wir haben eine Menge Geld da hineingesteckt, und zwar eigenes Geld. Bitte, tu es nur dieses eine Mal.«
    Sie musste dem ein Ende setzen. Gail wollte nur noch weg, verschwinden aus diesem Haus, dessen

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