Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
Atmosphäre von Falschheit und Verzweiflung durchdrungen war. »Sieh mal, Lenore, ich würde alles für dich tun, was in meiner Macht steht. Aber das ist unmöglich. Es geht einfach nicht.« Während sie sprach, war Gail aufgestanden und wandte sich zum Gehen.
    Lenore sah sie an. Sie war kleiner als Gail, aber ihr aufwärts gerichtetes Gesicht mit der trotzig vorgestülpten Unterlippe verlieh ihr das Aussehen einer zum äußersten Kampf bereiten Bulldogge. »Ich hätte nicht geglaubt, mir so etwas einmal von dir anhören zu müssen, Gail. Nicht von jemandem, der mir so nahe stand wie du. Es schmerzt mich, und ich werde nur schwer damit fertig.«
    »Tut mir Leid, Lenore. Ich wollte, es wäre anders.« Gail wandte sich zum Ausgang. Lenores Stimme folgte ihr anklagend und laut.
    »Du hast dich verändert, Gail. Du denkst nur noch an dich und vergisst die Menschen, die dir früher geholfen haben.«
    Gail hatte inständig gehofft, diese Art Klage umgehen zu können. Sie musste hier raus, und zwar schnell.
    »Ich gehe jetzt, Lenore. Wir sollten nichts sagen, was wir später bereuen, findest du nicht?« Sie stellte die Frage, ohne sich umzudrehen. Sie wollte auf keinen Fall zurückblicken.
    Lenores Stimme bellte hinter ihr her. »Wenn ich du wäre, würde ich jetzt nicht gehen. Erst solltest du dir das hier ansehen.«
    Trotz ihres Entschlusses blieb Gail stehen und drehte sich um. Lenore hielt eine 8-mm-Filmspule hoch. »Was mag das hier wohl sein?«, fragte sie.
    »Lass mich raten. Bestimmt keine Ferienimpressionen.«
    Gail brauchte sich den Streifen nicht anzuschauen. Sie wusste, was es war. Zwar hatte sie keine Ahnung, wann oder wo, wer oder wie, aber sie wusste es. Die Angst davor hatte immer in ihrem Hinterkopf rumort, doch sie dachte, sie hätte diese Bedrohung hinter sich gelassen. Fast war sie sich sicher gewesen, spurlos einer Vergangenheit entkommen zu können, in der sie ihr Ziel nur hatte erreichen können, wenn sie benutzte, was ihr gegeben war.
    Sie brauchte den Film wirklich nicht zu sehen. Dennoch folgte sie Lenore ins Arbeitszimmer, wo schon ein Projektor und eine Leinwand bereitstanden. Sie sagte nichts, setzte sich und ließ Lenore gewähren. So gewann sie Zeit nachzudenken.
    Die Qualität des Films kam nicht einmal ansatzweise an einen professionellen Porno heran. Es gab weder Schnitte noch Zooms, und das Licht ließ zu wünschen übrig. Tatsächlich hätte man den Film ansehen können, ohne auch nur zu bemerken, dass es sich um Gail Prentice handelte. Man hätte allenfalls überlegt, an wen einen die Darstellerin erinnerte. Vielleicht wäre es einem irgendwann sogar eingefallen. Aber offenkundig war es nicht.
    Und doch könnte der Film ihr Ende bedeuten. Ein Beweis war gar nicht nötig; die Gerüchteküche würde das ihre dazu beitragen. Alle, die sonst noch auf den körnigen, unscharfen Bildern zu sehen waren, könnte man aufsuchen und ausfragen. Gail erinnerte sich nicht einmal mehr an ihre Namen; vielleicht hatte sie sie nie gekannt. Der Einzige, den sie kannte, war Howard. Er gehörte dem Vorstand eines Senders an, der ihr irgendwann eine Chance gegeben hatte. Er hatte sie mit der »Party« überrascht, um die es hier ging, ohne sie zum Nachdenken kommen zu lassen. Jedenfalls war es in seiner Wohnung gewesen, und der Mistkerl hatte eine versteckte Kamera. Howard war zwei Jahre zuvor gestorben. Lenore hatte ihr erzählt, dass er gerade mit einer Siebzehnjährigen im Bett lag, als ihn ein Herzinfarkt dahinraffte.
    Das Klicken der Spule am Filmende brachte Gail in die Wirklichkeit zurück. Die zweite Hälfte des Films hatte sie nicht mehr verfolgt, nicht weil es ihr unangenehm war, sondern weil es keine Rolle mehr spielte. Es war klar, worauf Lenore hinauswollte.
    Die beiden Frauen blickten sich nicht an. Lenore spulte die Rolle zurück. Schließlich fragte Gail: »Ist das die einzige Kopie?«
    »Das weiß nur ich allein«, gab Lenore zurück.
    Das war der erste Fehler, dachte Gail. Hätte es weitere Kopien gegeben, hätte Lenore sicher triumphierend festgestellt, dass Gail keine Chance hatte zu entkommen.
    »Weiß Joe davon?«, war die nächste Frage.
    »Joe weiß, dass wir eng befreundet sind. Was sich zwischen uns abspielt, geht ihn nichts an.«
    Prima. Wirklich gut. Doch besser noch einmal nachhaken. Klar denken. Vorsichtig sein.
    »Wenn ich Clark das Drehbuch gebe, bekomme ich den Film dann?«
    »Das hängt davon ab.«
    »Wovon?«
    »Ob er Ja sagt.«
    Pause.
    »Und wenn ich ihn dazu bringe, Ja zu

Weitere Kostenlose Bücher