Stadt der Lüste
würden sich die Wände auf sie zu bewegen. Emmas Instinkte funktionierten wie ein Radar, und sie spürte, wo sich Matt gerade aufhielt. Sie schaute aus den Fensternauf die Dächer Londons und wurde sich bewusst, dass sie sich endlich wieder zu Hause fühlte. Das war ihre Stadt, ganz egal, was sie sich in den letzten Jahren in New York eingeredet hatte. London hatte ihr gefehlt, und sie war froh, zurück zu sein. Dann dachte sie an Matt und erkannte, dass ihr noch etwas anderes fehlte. Sie wandte sich um und ging zu ihm.
Matt hockte, die Ellbogen auf die Knie gestützt, vor dem Kühlschrank und untersuchte ihn eingehend. Emma beobachtete ihn aus einiger Entfernung. Schließ lich schloss er die Kühlschranktür, stand aber nicht auf, sondern erwiderte ihren Blick. Er hatte die Ärmel seiner Jacke hochgerollt, so dass seine Handgelenke sichtbar waren, und auch oberhalb seiner Socken war ein schmaler Streifen bronzefarbener Haut zu erkennen. Die zwei obersten Knöpfe des gemusterten Hemdes standen offen, und darunter zeichnete sich sein Schlüsselbein ab.
Emma fiel es schwer, ihn nicht anzustarren, während er auf dem Boden hocken blieb, als habe er Angst, den Zauber des Moments zu zerstören. Emma stand etwa zwei Meter von ihm entfernt, doch das Signal, das ihr sehnsüchtiger Blick aussandte, überwand die Distanz mühelos. Matt empfing es, das spürte sie. Seine Lippen waren leicht geöffnet und enthüllten ein Stück seiner Schneidezähne. Seine langen, hinter die Ohren gestrichenen Haare berührten im Nacken fast den Kragen der Jacke. Er blinzelte ein paarmal und beugte seine Knie weiter, so dass Emma die Konturen seines Hinterns sehen konnte. Es war ein unendlich erotischer Anblick.
Emma hatte das Gefühl, am Boden festgewachsen zu sein. Nichtsdestotrotz würde sie in einigen Sekunden den kurzen Weg zu ihm zurücklegen – und ihn danach nie mehr auf dieselbe Weise ansehen wie jetzt. Die Entfernung zwischen ihnen beinhaltete unendlich viele Möglichkeiten. Emma hätte sich auch umdrehen, einfach weggehen und den magischen Moment zwischen ihnen verstreichen lassen können. Matts Augen verengten sich, als könne er ihre Gedanken lesen. Sie schloss ein paarmal die Augen, beraubte sich so seines Anblicks und stellte in diesen Bruchteilen von Sekunden fest, dass sie nicht weggehen wollte. Sie machte einen ersten kleinen Schritt auf die Grenze zwischen dem Möglichen und dem Tatsächlichen zu und fragte sich, was sie auf der anderen Seite vorfinden würde.
Als sie Matt erreichte, war dieser bereits aufgestanden. Emma ergriff seine Hand, küsste seine Finger und hielt sie an ihre Wange. Er schaute sie an wie jemand, der sich selbst in einem Traum beobachtet. Emma strich langsam über die Furchen seiner Kordhose. Das Material erregte sie, denn sie konnte Matts warme Haut darunter spüren. Sie stellte sich vor, wie die weiche Innenseite des Stoffes seine Beine umhüllte, wie die Unterhose an seinem Schritt und seinem Hintern anlag und die Hemdseide seine Brust streichelte. Sein Körper fühlte sich kostbar an; zart, aber nicht zerbrechlich, wie etwas, das man hegen und pflegen musste. Emma kreiste mit dem Daumen über seine Fingerknöchel, dann drehte sie seine Hand um und strich sanft über den Daumenballen und die feinen,verästelten Linien der Handfläche. Vorsichtig schloss er seine Finger um die ihren und hielt sie fest.
Emma blickte ihm in die Augen. Matt schüttelte ganz leicht den Kopf und wirkte immer noch wie jemand, der sich unversehens in einem Traum wiedergefunden hatte. Emma legte ihre freie Hand in seinen Nacken, zog seinen Kopf zu sich heran und küsste ihn. Ihre Finger wanderten über Matts Körper, die zarte Seide seines Hemdes und die leichte Baumwolle seiner Jacke. Er schloss während des Kusses die Augen, Emma hielt ihre jedoch offen, da sie ihren Blick nicht von ihm abwenden wollte, und betrachtete seine Augenlider, seine Stirn und alles, was sie sonst noch von ihm sehen konnte.
Schließlich löste sich Emma aus dem Kuss, nicht aber aus der Umarmung. Sie waren beide derart außer Atem, als hätten sie gerade miteinander geschlafen und ständen nicht erst kurz davor. Sie umfasste durch die Jeans eine seiner Pobacken und drückte zu. Sein Hintern fühlte sich angenehm fest an. Dann ließ sie ihre Hand in die Gesäßtasche gleiten.
»Ins Bett?«, fragte er sanft.
Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen und lachte leise. »Auf dem Boden ist doch genug Platz. An manchen Stellen liegt sogar
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