Stadt der Lüste
gutaussehenden Portier vor dem Hotel noch einmal zu, bevor sie ihre Sonnenbrille aufsetzte, auf den Sunset Boulevard abbog, Gas gab und in ihrem gemieteten Kabriolett den Weg zu Nic Lawsons Haus einschlug. Dank ihrer Ortskenntnisse und natürlich des Navigationsgeräts würde sie seinen Wohnsitz problemlos finden. Es war zehn Uhr am Morgen, und trotz der Zeitverschiebung fühlte sie sich auch beinahe danach, denn sie hatte hervorragend geschlafen. Das Hotel war ihr von Nic Lawson empfohlen worden, nachdem sie seine Einladung, bei ihm zu übernachten, höflich ausgeschlagen hatte. Emma hatte einen First-Class-Flug gebucht und kam selbst für die Reisekosten auf, da sie Lomax finanziell nicht belasten wollte. Catherine hatte ihr zwar angeboten, ein Ticket für die Business Class zu bezahlen, doch von London an die Westküste der Vereinigten Staaten musste man schon First Class fliegen, fand Emma.
Zu dieser relativ frühen Stunde herrschte in L. A. noch ein angenehmes Klima, aber es würde ein heißer Tag werden, mit Smog und dem üblichen Verkehrschaos. Emma wünschte sich sehnlichst Matt herbei. Nachdem sie ihm die Wahrheit gesagt hatte, begehrte sie ihn noch mehr als zuvor – und er sie ebenfalls, wennman aus ihrer letzten Begegnung irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen konnte.
Um Viertel nach zehn teilte das Navigationsgerät Emma mit, dass sie ihr Ziel erreicht hatte. Sie hielt vor der Einfahrt zu Nics Anwesen. Ein großes Eisentor versperrte die Sicht auf das Haus. Emma drückte vom Fahrersitz aus auf den Knopf der Gegensprechanlage und kündigte sich an. Kurz darauf summte das Tor und schwang auf.
Sie fuhr an einem teilnahmslos dreinblickenden Wachmann mit Hund vorbei und eine leicht abschüssige Kiesauffahrt hinunter, an deren Ende das Haus in Sicht kam. Es war so viereckig wie sein Besitzer und wirkte, als sei es vom Himmel gefallen und zufällig an dieser Stelle gelandet. Das Gebäude schien ganz aus Glas zu bestehen, wie eine Solarzelle oder die verspiegelte Sonnenbrille eines Polizisten der Highway Patrol.
Emma parkte den Wagen und wurde von einer Frau begrüßt, die sich in gedehntem kalifornischem Akzent als Nics Assistentin Nina vorstellte.
»Mr. Lawson empfängt Sie sofort«, unterrichtete sie Emma und führte sie einen Weg entlang, der an der Seite des Glaswürfels verlief.
Emma trug einen ausgefallenen Zweiteiler von Bijan, der ihr für Beverly Hills am geeignetsten erschien. In ihrer ledernen Aktentasche befanden sich eine Mappe mit Informationen über Nic und ein ganzer Stapel Unterlagen über Lomax, die Emma während des langen Fluges eingehend studiert hatte. Langsam kristallisierte sich ein Muster aus den Zahlen heraus, und siewürde mit Catherine darüber sprechen, sobald sie zurück in London war.
Hinter dem Haus planschten ein Mann und eine Frau in einem großen Swimmingpool. Beide hatten sonnengebleichtes, blondes Haar und lachten und kicherten, während sie sich mit Wasser bespritzten und gegenseitig neckten.
Auf einer Liege am Rand des Pools blätterte ein Mann in einer Zeitschrift. Mit seinem schwarzen Polohemd, der grauen Hose und der dunklen Sonnenbrille sah er aus wie ein Drogendealer. Ein Handy lag auf dem gläsernen Beistelltisch neben ihm. Als er Emma erblickte, erhob er sich lächelnd und kam ihr entgegen. Die ganze Szenerie wirkte wie in einem Kinofilm, was mit Sicherheit beabsichtigt war.
»Hübscher Pool, nicht wahr? Aber in London brauche ich keinen.«
Nic Lawson blickte von dem planschenden Pärchen zu Emma.
»Die beiden sind Zwillinge«, erklärte er und zog die linke Augenbraue mehrmals hintereinander bis über den Rand der Wayfarer-Sonnenbrille hoch. »Ach, ich finde es einfach großartig, dass Sie hier sind.«
Wie charmant, dachte Emma.
»Es ist mir ein Vergnügen. Schön, Sie wiederzusehen, Mr. Lawson.«
»Nennen Sie mich Nic. Ich habe mich im Hotel erkundigt, ob Sie gut angekommen sind, aber ich wollte Sie nicht stören. Sind Sie zufrieden mit Zimmer und Personal?«
»Ja, vielen Dank. Ihr Haus ist schon von außen wirklichfaszinierend. Ich kann es kaum erwarten, es mir anzusehen.«
»Nina, ist das Haus präsentabel?«, bellte er.
»Ja, Mr. Lawson.«
»Gut.«
Nic hielt seinen Arm hoch und bedeutete Emma, sich bei ihm einzuhaken.
»Als Erstes sehen wir uns die Bar an«, sagte er und führte sie auf das gläserne Haus zu. Emma nahm ihre Sonnenbrille ab und steckte sie in die Aktentasche.
Der Raum, in dem sich die Bar befand, war im Stil eines exklusiven
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