Stadt der Lüste
Frage aus persönlichem oder aus beruflichem Interesse?«, fragte er.
»Sowohl als auch«, entgegnete sie.
»Der Loft ist großartig, du hast recht. Wenn du weiter in einer Bank gearbeitet hättest, wäre dein Talent definitiv verschwendet gewesen.«
Er drückte ihre Hand.
»Ich weiß«, erwiderte sie leise.
Sie hasste es, ihn zu belügen. Bei jedem anderen fiel es ihr leicht, und es wurde auch jedes Mal ein bisschen leichter – außer bei Matt.
»Hast du Lust auf ein Eis? Ich lade dich ein. Als kleines Abschiedsgeschenk, bevor du morgen fliegst«, schlug er vor. Offensichtlich gab er sich mit ihrer Erklärung bezüglich der Wohnung zufrieden.
»Warum nicht? Ich muss nur schnell zu einem Geldautomaten.«
»Ich zahle«, beharrte er. »Ich kann es mir schon noch leisten, dir ein Eis zu kaufen.«
»Es dauert nur eine Sekunde«, sagte sie und zog ihre Karte hervor.
Sie saßen sich an einem kleinen runden Tisch mit glänzender Glasplatte gegenüber und warteten auf das Eis. Die Getränke standen bereits vor ihnen, und Emma trank einen Schluck Purdeys, während Matt mit dem Strohhalm seiner Cola spielte.
»Bist du aufgeregt?«, fragte er. »Wegen Los Angeles, meine ich.«
»Natürlich.«
»Warst du schon einmal dort?«
Sie zögerte einen Augenblick zu lang. »Hm, ja.«
»Du scheinst dir nicht ganz sicher zu sein«, sagte er leichthin.
»Entschuldige, ich war gerade mit den Gedanken woanders. Ich habe mal Urlaub dort gemacht.«
Noch mehr Lügen.
»Bist du viel in der Welt herumgekommen?« Er sah sie eindringlich an.
Emma fiel es schwer, seinem Blick standzuhalten und sich gleichzeitig eine Antwort auszudenken.
»Ein paar Urlaubsreisen hierhin und dorthin, das Übliche eben. Du bist bestimmt schon ausgiebig durch die Weltgeschichte gegondelt, oder?«, fragte sie in dem Versuch, ihn abzulenken.
»Ja. Meine Eltern haben es wirklich gut mit mir gemeint. Wie lange hast du eigentlich in der Bank gearbeitet?«
»Matt, ich komme mir langsam vor wie bei einem Verhör«, entgegnete sie ein wenig barsch.
»Entschuldige, aber ich weiß so wenig über dich.« Matt senkte den Blick und spielte wieder mit dem Strohhalm.
Emma ergriff seine Hand und drückte sie, woraufhin er zu ihr aufsah. Wieder hatte sie das Gefühl, als würde sie unter seinem Blick zusammenschrumpfen. Konnte sie ihm denn nicht in die Augen sehen, ohne diese entsetzliche Spannung zu spüren?
»Matt …«
Die Bedienung brachte das Eis. Emma stocherte lustlos in ihrem Becher herum. Plötzlich war ihr der Appetit vergangen. Sie beobachtete Matt, der seine Portion genüsslich verzehrte und sich ab und zu mit der Zungenspitze über die Lippen leckte. Da hielt er auf einmal inne und sah sie an.
»Was ist?«, fragte er, den Löffel auf halbem Weg zum Mund.
Als Emma schwieg, aß er unbefangen weiter.
Morgen um diese Zeit würde sie in Los Angeles landen. Schon jetzt fühlte sie sich nicht gut bei dem Gedanken, von ihm getrennt zu sein. Emma seufzte leise, griff hinunter in ihre Handtasche, zog einen Streifen Papier heraus und schob ihn Matt über den Tisch entgegen. Er nahm ihn und begann zu lesen. Es handelte sich um einen Kontoauszug, den sie gerade am Automaten abgeholt hatte. Matt hob den Blick und schaute sie eher neugierig als überrascht an.
»Du hast achtundzwanzigtausend Pfund auf deinem Konto?«
»Das ist das Konto, das ich für Alltagsdinge benutze. Auf dieses Konto wird jeden Monat Geld von meinemInvestment-Konto überwiesen – hauptsächlich Zinserträge, aber auch ein Teil des Grundbestandes, falls das nötig sein sollte. Ich überweise immer so viel, dass der Kontostand nicht unter fünfundzwanzigtausend fällt, außerdem habe ich einen Dispositionskredit von einer halben Million. Das Investment-Konto ist eigentlich ein Wertpapier depot. Das Risiko ist sehr gut verteilt.«
»Hast du deine Abfindung von der Bank investiert?« Nun wirkte Matt doch etwas verwirrt.
»Das Depot hat einen Wert von knapp fünf Millionen Pfund. Das meiste davon befindet sich in äußerst langweiligen, aber sicheren Anlagen – Gold und dergleichen. Etwa eine Million habe ich effektiver, aber auch risikoreicher angelegt. Außerdem besitze ich ein Konto auf den Cayman-Inseln, wodurch ich auf legale Weise Steuern spare. Auf diesem Konto liegen etwa dreieinhalb Millionen. Darüber hinaus gibt es noch weitere sechshunderttausend Pfund, mit denen ich manchmal an der Börse spekuliere, wenn ich in Stimmung bin, daher zähle ich sie nicht mit.«
Matt
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