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Stadt der Masken strava1

Stadt der Masken strava1

Titel: Stadt der Masken strava1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: hoffman
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eingenommen gewesen, und kaum hatte sie die Duchessa persönlich

    kennen gelernt, hatte sie einen neuen Grund gehabt, um sie zu hassen. Doch dann, als sie gesehen hatte, wie bewegt die Duchessa gewesen war, hatte sich ihr Hass plötzlich in nichts aufgelöst. Arianna war hin- und hergerissen.
    Sie musste lernen, ihre Eltern als Tante und Onkel zu betrachten und ihre Brüder als Vettern. Das Einzige, das sich nicht verändert hatte, waren ihre Großeltern, die tatsächlich ihre Großeltern waren. Sie waren der Fels, an den sie sich in einer See von brodelnden Unwägbarkeiten klammern konnte. Doch selbst dieser Fels hatte seine scharfen und ungemütlichen Kanten: Auch Paola und Gentile hatten sie angelogen wie Valeria und Gianfranco.
    Überwältigender als all das war die Vorstellung, dass ihre eigene richtige Mutter eine Person von der Macht und der Ausstrahlung der Duchessa war. Es veränderte Ariannas Selbstbild vollkommen. Sie war nicht das Kind von sanften, nicht mehr ganz jungen Eltern, von einer Hausfrau und einem Kirchenverwalter. Sie war die Tochter der mächtigsten Frau in Bellezza, der einzigen Herrscherin, die sich gegen die di Chimicis behauptete, der Zielscheibe von Intrigen und Attentatsversuchen. Und das Schlimmste daran war, dass diese Vorstellung Arianna trotz allem gefiel.
    Ihr Leben lang hatte sie sich nach Abenteuern gesehnt und jetzt hatte sie mehr davon, als sie verkraften konnte. Sie würde nie mehr befürchten müssen, an einen Langweiler verheiratet zu werden. Sie musste überhaupt nicht heiraten, wenn sie nicht wollte; die Duchessa hatte sich auch nicht vermählt. Und das brachte sie wieder auf einen anderen Gedankengang: Wer war ihr Vater?
    Die Duchessa konnte leicht sagen, dass sie umso sicherer war, je weniger sie wusste. Arianna hoffte trotzdem, dass es der Senator Rodolfo sei, obwohl sie ein wenig Angst vor ihm hatte. Wie jedermann in Bellezza wusste sie von seiner Beziehung zur Duchessa. Aber andererseits hatte er so streng und distanziert gewirkt, als er ihre Eltern hergebracht hatte – ihre Tante und ihren Onkel, korrigierte sie sich –, dass sie sich schlechterdings nicht vorstellen konnte, er sei ihr Vater.
    Der Prozess vor dem Rat war für den nächsten Tag anberaumt und Arianna hatte keine Angst mehr, verurteilt zu werden. Aber sie machte sich Sorgen um Lucien.
    Rodolfo hatte auf ihre Frage hin gesagt, es gäbe immer noch kein Zeichen von ihm und er wisse auch nicht, wann der Junge wieder auftauchen würde.
    Kaum waren sie zurück in London und hatten ausgepackt, schob Lucien Müdigkeit vor und sagte, er würde gern früh zu Bett gehen. Er nahm den Spiegel über seinem Bett ab und hängte die Silbermaske an den Haken; das musste erst mal genügen. Den Spiegel lehnte er an die Wand am Fußende seines Bettes. Er legte den Bleistift auf den Nachttisch und steckte das Notizbuch in seine Pyjamatasche.
    Als er dann im Bett war, lag er lange Zeit im Dunklen wach, berührte das Buch und wartete darauf, dass ihn der Schlaf nach Bellezza tragen würde.
    William Dethridge war nicht untätig gewesen. Er hatte einige Zeit damit verbracht, Leonora zu trösten, die immer noch außer sich war vor Sorgen. Und nun versuchte er mit Lucien Kontakt aufzunehmen, und zwar auf eine Art, die weniger unsicher war, als in eine unbekannte zukünftige Welt zu reisen. Rodolfo hatte ihm gezeigt, wie seine Spiegel funktionierten, und jetzt versuchte er eine Verbindung mit der Welt herzustellen, aus der er gekommen war und in der Lucien noch lebte. Seine Kenntnis der Geheimwissenschaften einer Welt, zusammengenommen mit Rodolfos Weisheit einer anderen, war nicht unerheblich, und er machte allmählich Fortschritte.
    In einem der Spiegel erschien ein Bild, das er nicht verstand. Erst dachte er, es sei irgendwo in Bellezza, denn er konnte eine silberne Maske erkennen. Doch darunter war der Kopf eines Jungen, der auf einem Kopfkissen lag. Gerade erkannte Dethridge, dass es sich um Lucien handelte, da schloss das Gesicht im Spiegel die Augen und Lucien erschien auch schon persönlich im Laboratorium.
    »Lucien!«, rief der alte Mann aus. »Ich bin höchst erfreut dich zu sehen! Aber du darfst hier nicht verweilen. Dein Leben ist in Gefahr. Du musst durch den Pfauengang gehen und auf Meister Rudolphe warten. Er wird dir alles erklären.«
    Dethridge ließ keine Fragen zu; er drehte Lucien schon zu der Wand und packte den Knauf. Innerhalb von einem Augenblick fand sich Lucien ohne eine Lichtquelle in dem Geheimgang

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