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Stadt der Piraten

Stadt der Piraten

Titel: Stadt der Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Mundöffnung war von absoluter Schwärze, von der Schwärze des Bösen.
    Über dem schwarzen Maulloch waren Nase und Augen nur reliefartig herausgearbeitet. Sie waren auch ohne Bedeutung, denn die Gefahr ging von der schwarzen, alles verschlingenden Öffnung aus, die das Maul des Mahnermannes war.
    Mythor fröstelte, als er die Kälte spürte, die davon ausging.
    Der Mahnermann bewegte sich nicht, indem er ein steinernes Bein vor das andere setzte. Die Kraft, die ihm zu diesem seltsamen Leben verhalf, schob immer einige der Grundfelsen nach vorn, woraufhin die darüber liegenden nachfolgten, so dass ständig irgendwelche Felsen in Bewegung waren. Dadurch entstand das knirschende Geräusch. Der hohle Klagelaut kam aus der unheimlichen schwarzen Mundöffnung und erklang wie das Schreien jener Bedauernswerten, die darin ihr Ende gefunden hatten.
    »Wie soll man diesen Koloss bekämpfen?« fragte Sadagar fassungslos, während er langsam zurückwich. »Er füllt den ganzen Raum aus, man kommt nicht an ihm vorbei.«
    Sadagar hatte recht. Mythor musste feststellen, dass die wandelnde Statue sich immer den räumlichen Gegebenheiten anpasste, sich dehnte und zusammenzog, wie es die Verhältnisse gerade verlangten. Es zeigten sich an den Rändern zwar Lücken, doch war Mythor überzeugt, dass es da kein Durchkommen gab. Wer sich durch solch eine Lücke zwängte, würde von den Felsquadern des Mahnermanns zermalmt werden.
    Mythor straffte sich und näherte sich dem steinernen Koloss mit erhobenem Schwert. Wenn es eine Waffe gab, um dieses dämonisch beseelte Steingebilde zu bekämpfen, dann Alton.
    »Nicht, Mythor!« rief ihm Kalathee nach, aber Mythor ging unbeirrbar weiter.
    Als er nur noch drei Armlängen vom nächsten Grundstein entfernt war, verspürte er auf einmal einen starken Sog, der unerbittlich an ihm zerrte und ihn zu dem schwarzen Loch hinaufziehen wollte. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen und schwang Alton, dass die gläserne Klinge in höchsten Tönen klang. Als sich einer der Steine bedrohlich nahe an ihn herangeschoben hatte, ließ er Alton darauf niedersausen. Die Klinge drang eine Handbreit in den Fels ein, doch konnte sie den Quader am Vorrücken nicht hindern. Mythor musste einen Schritt zurückweichen. Dann schlug er wieder zu und immer wieder.
    Die Erschütterungen, die sich bei jedem Aufprall Altons auf dem Stein durch seinen Arm fortpflanzten, lähmten bald seine ganze Schulter. Der Arm wurde gefühllos und hatte nicht einmal mehr die Kraft, Alton zu heben.
    Mythor nahm daraufhin das Schwert in die Linke und hieb auf die näher rückenden Steinblöcke ein, bis auch ihre Kraft erlahmt war. Es war ihm nicht gelungen, den steinernen Koloss am Vorrücken zu hindern, er hatte nur einige Scharten in den Stein geschlagen. Jetzt stand er mit hängenden Schultern da und besaß kaum mehr die Kraft, sich gegen den Sog aus der dämonischen Mundöffnung zu wehren. Er wollte zurückweichen, aber da merkte er in plötzlichem Entsetzen, wie die unsichtbare Kraft ihn von den Beinen hob. Er musste meinen, dass für ihn das Ende gekommen sei.
    Doch da wurde er von hinten gepackt und wuchtig aus dem Sog gezerrt.
    »Dagegen kommen nicht einmal die Waffen des Lichtboten an«, hörte er Nottr neben sich sagen.
    »Danke, Freund«, brachte Mythor mühsam hervor. »Du hast mich im letzten Augenblick gerettet.«
    »Aber wozu?« schrie Sadagar. »Nur damit wir wenig später alle zusammen von dem Koloss zermalmt werden. Es gibt kein Entrinnen!«
    Mythor stellte fest, dass sie bereits in die Wandnische zurückgedrängt worden waren. Der Sog aus dem Dämonenmaul zerrte stark an ihnen. Aber der Koloss war zum Stillstand gekommen.
    »Er rückt nicht mehr näher«, stellte Nottr fest. »Der Mahnermann wird uns nicht erdrücken, aber früher oder später aufsaugen.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Mythor und deutete auf die Öffnung in der Wand. »Wir können versuchen, durch dieses Schlupfloch zu entfliehen. Wir haben nichts mehr zu verlieren.«
    »Alles ist besser, als von dem Dämonenmaul verzehrt zu werden«, sagte Sadagar, der verzweifelt gegen die Kraft kämpfte, die an ihm zerrte. »Ich kann mich nicht mehr halten, ich.«
    Mythor packte ihn um die Mitte und hob ihn zu der Öffnung in der Wand hoch. Sadagar klammerte sich an den Rand und zog sich in die Öffnung. Er verschwand bis zur Hälfte darin und zog dann die Beine nach.
    »Jetzt du!« sagte Nottr zu Kalathee, hob sie spielerisch hoch und schubste sie in die Öffnung.

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