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Stadt der Piraten

Stadt der Piraten

Titel: Stadt der Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Auch die Frau verschwand. Mythor hörte sie etwas sagen, aber ihre Stimme verhallte in der Ferne.
    »Folge nun du, Nottr!« verlangte Mythor von dem Lorvaner.
    »Nein«, sagte Nottr. »Du bist durch den Kampf geschwächt, ich nicht.«
    »Tu, was ich sage!« verlangte Mythor. »Es ist wichtig, dass ich bis zuletzt bleibe. Ich möchte etwas versuchen.«
    Nottr zögerte, aber als ihn Mythor in die Seite stieß, schwang er sich zu der Öffnung hoch und kletterte hinein. Er verschwand jedoch nicht ganz, sondern drehte sich auf engstem Raum um und streckte dann Mythor einen Arm entgegen. Mythor ergriff ihn und ließ sich hinaufziehen. Kaum hatte er Halt gefunden, ließ Nottr ihn los und glitt den abwärts führenden Schlauch hinunter.
    Mythor machte sich keine Gedanken um seine Freunde. Alles war besser, egal was am Ende der Rutschfahrt auf sie wartete, als dem dämonischen Steinkoloss zum Opfer zu fallen.
    Es kostete Mythor einige Anstrengung, sich in dem engen Schlauchgang herumzudrehen. Der Helm und sein Schwert behinderten ihn. Aber dann schaffte er es doch. Im grünlichen Schein der Knochenfackeln, die seine Kameraden zu Boden geworfen hatten, sah er, wie der Mahnermann nun doch näher rückte. Die Steinquader schoben sich zusammen, bis sie fugenlos über- und nebeneinandergeschichtet waren und der Koloss in die Nische passte. Ächzend und knirschend schoben sich die Steine in die dafür vorgesehene Nische.
    Fels um Fels rückte der Mahnermann näher und stieß mit den Felsquadern gegen die Rückwand, dass diese erbebte. Im letzten Licht der Fackel sah Mythor, wie sich ein mächtiger Fels auf die Öffnung zuschob, in der er sich verschanzte. Aber der Quader war zu groß, um eindringen zu können. Er verschloss lediglich die Öffnung fugenlos.
    Die Erschütterungen ließen nach, das Knirschen der Steine erstarb, die hohlen Klagelaute verstummten. Stille kehrte ein. Der Mahnermann hatte den ihm zustehenden Platz eingenommen. Er war nun wieder nur noch ein lebloser, steinerner Götze.
    Mythor hatte sich bis jetzt an den Wänden abgestützt. Nun, nachdem getan war, was er sich vorgenommen hatte, ließ er los und rutschte sofort auf dem glatten Stein des steil nach unten führenden schlauchartigen Ganges in die Tiefe. Rascher, als er glaubte, wurde es vor ihm hell, und auf einmal glitt er über eine Schanze ins Freie und landete unter dem Gelächter seiner Kameraden in einem Dornengebüsch.
    »Es geht nichts über Schadenfreude«, sagte Mythor anklagend, musste aber selbst lachen. Es war ein befreiendes Lachen.
    Er blickte hinter sich und entdeckte, dass dort die Felsen hoch aufragten. Zu seiner Rechten erhob sich die Elvenbrücke steil in den wolkenlosen Himmel.
    »Warum hast du dir denn so lange Zeit gelassen, Mythor?« erkundigte sich Nottr. »Wir waren schon in Sorge um dich.«
    »Ich hatte eine Ahnung, und die hat sich bestätigt«, antwortete Mythor. »Die Nische war der ursprüngliche Platz des steinernen Götzen. Ich habe ihn dorthin gelockt, und damit erlosch die magische Kraft, durch die ihn die Dämonen zum Leben erweckt haben. Der Mahnermann wird die Elvenbrücke nicht mehr unsicher machen.«
    »Das hat Jorgan gar nicht verdient«, meinte Sadagar brummend. Zufriedener fügte er hinzu: »Vermutlich gefällt das dem Irren nicht einmal, doch was kümmert es uns.«
    Mythor hörte ihm nicht mehr zu. Er war nachdenklich geworden. Kaum im Freien, vernahm er wieder das stete Summen in seinem Kopf. Es war stärker geworden, also war er seinem Ziel, das der Helm der Gerechten ihm wies, wiederum um ein Stück näher. Er fragte sich voll Hoffnung, ob er dort einen weiteren Fixpunkt des Lichtboten vorfinden werde.
    »Still!« ermahnte Nottr, obwohl niemand sich laut verhalten hatte. »Ich höre Geräusche und Stimmen. Da sind Leute in der Nähe.«
    Mythor spannte sich sofort an. Er musste trotz allem lächeln, als er merkte, wie Steinmann Sadagar ergeben seufzte und die Augen rollte. Er konnte mit ihm fühlen, denn auch er hätte sich nach den überstandenen Gefahren eine Atempause gewünscht. Aber in dieser Welt, so schien es, war dem Friedfertigen keine Ruhe gegönnt. Das Leben war ein beständiger Kampf, solange die dämonischen Mächte nicht besiegt waren.
    *
    Sie erklommen zu dritt eine Anhöhe, wo sie einen ausgezeichneten Rundblick hatten. Es war ein klarer Tag, so dass sie die nahe Küste und bis weit auf das Meer der Spinnen hinaus sehen konnten. Von der Stelle, wo die Elvenbrücke ins Meer abfiel, war es nicht

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