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Stadt der Piraten

Stadt der Piraten

Titel: Stadt der Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Geldbeutel ist mein kostbarstes.«
    »Wie viel ist dir unsere Freundschaft wert?« fragte Mythor.
    Steinmann Sadagar seufzte. »Beim Kleinen Nadomir!
    Ich hätte nicht gedacht, dass du einmal ein solches Opfer von mir verlangen würdest.«
    Mythor musste sich ein Grinsen verkneifen, als Sadagar schweren Herzens unter seine Samtjacke langte, seinen Geldbeutel hervorholte und die Münzen vor Erbon auf den Boden schüttete.
    Die Fischer kamen neugierig heran und blickten ungläubig auf das Häufchen Münzen. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch ihre Reihen, als sie erkannten, dass auch Goldmünzen und Silberlinge darunter waren.
    »Die Versuchung ist groß«, sagte Erbon schließlich. »Aber wir wissen nicht, wann wir jemals diesen Schatz in Güter umtauschen können, die wir zum Leben brauchen.«
    »Du glaubst doch nicht, dass das alles für euch ist!« rief Sadagar empört. »Das Gold und Silber könnt ihr ohnehin vergessen. Mit Kupfer und Bronze seid ihr reichlich entschädigt.«
    »Gut«, meinte Mythor schmunzelnd und klopfte Sadagar auf die Schulter. »Es bleibt dir überlassen, den Preis mit Erbon auszuhandeln. Ich suche inzwischen etwas Passendes aus. Aber zeige dich nicht allzu geizig, Sadagar!«
    »Ich kenne den Wert von Hadern«, behauptete Sadagar. »Was ich auch aushandle, der Geschädigte bin in jedem Falle ich.«
    *
    Yargh Mainer, der in Thormain allgemein als der »Zinker« bekannt war, obwohl er nie falsch gespielt hatte und nichts so sehr verachtete wie das Glücksspiel, hatte seine Flucht sorgfältig vorbereitet. Es war bereits sein sechster Fluchtversuch, aber diesmal war er sehr zuversichtlich, denn er hatte sich etwas Besonderes einfallen lassen. Einmal musste auch ihm das Glück hold sein, er konnte nicht nur immer Pech haben.
    Die Sache ließ sich auch gut an. Niemand schenkte dem offenbar Beinlosen Beachtung, der auf seinem Holzwägelchen durch die Straßen von Thormain auf das Stadttor zu rollte. Er kam nur langsam vorwärts, denn die Straße war holprig und er konnte sich nur kraft seiner Hände fortbewegen. Wenn es bergab ging, hatte er alle Mühe, seine Fahrt zu bremsen, und umgekehrt schaffte er manche Steigung erst nach mehreren Anläufen. Keiner der Leute, die an ihm vorbeikamen und sahen, wie er sich abquälte, kamen ihm zu Hilfe. Innerlich verfluchte er diese Herzlosen, andererseits war er auch ganz froh, dass sich niemand um ihn kümmerte. Denn er war in der Stadt eine bekannte Person und es gab kaum einen Piraten, der nicht seine Freude daran fand, sich einen derben Spaß mit ihm zu erlauben. Das war auch der Grund, warum er Thormain verlassen wollte.
    Endlich kam das Stadttor in Sicht. Da tauchte ein Reiter auf, dessen Anblick ihm einen gehörigen Schrecken einjagte. Denn es handelte sich um Welleynn, den Henker von Thormain, den sie den »Herrn der Schultern« nannten, weil er eine besondere Vorliebe dafür hatte, seinen Opfern die Schultern zu durchbohren und sie solcherart aufzuhängen. Aber Welleynn ritt achtlos an ihm vorbei, und da atmete Yargh Mainer auf, denn er wertete es als gutes Omen, dass er dem scharfen Auge des Henkers entgangen war, von dem manche sagten, dass er der wahre Herr der Piratenstadt sei.
    Da war das Tor! Die beiden Wachen blickten nur kurz von ihrem Würfelspiel auf, als er mit seinem Wägelchen an ihnen vorbeiratterte. Einer machte eine abfällige Bemerkung, das war alles.
    Das Ärgste ist überstanden, dachte er, als er durch das Tor rollte. Nun hing alles davon ab, ob er noch genügend Kraft in den Armen hatte, um sich außer Sichtweite der Torwachen zu bringen. Dann konnte er sein wackeliges Gefährt verlassen und endlich seine Beine gebrauchen. Er würde laufen, was sie hergaben. Er war sicher, dass nun nichts und niemand mehr ihn aufhalten konnte.
    Da ertönte in seinem Rücken eine bekannte Stimme, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er erkannte sie sofort; sie gehörte Kend, seinem schlimmsten Peiniger, der nichts anderes im Sinn zu haben schien, als ihm das Leben in Thormain zur Hölle zu machen.
    »Sieh doch, Rigon, diesen armen Krüppel!« rief Kend. »Mir bricht vor Mitleid das Herz im Leibe, wenn ich sehen muss, wie er sich alleine abmüht.« »Mir kommen die Tränen, Kend«, sagte Rigon, der Yargh auch kein Unbekannter war. Es fehlte nur noch Vaughen, um dieses grausame Dreigestirn komplett zu machen.
    Und da erklang auch schon seine hohntriefende Stimme: »Kommt, Kameraden, nehmen wir uns des armen Krüppels an. Schieben wir ihn

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