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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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breiter, doch seine Lider zuckten. Sie sah, dass ihn ihre mangelnde Neugier ärgerte und das erfüllte sie mit gewisser Befriedigung. So konnte sie ihm seine Unverschämtheit wenigstens etwas vergelten.
    »Ich konnte tatsächlich ein Beweisstück sicherstellen, von dem ich überzeugt bin, dass es den Durchbruch bringen wird.«
    »Oh!«, jetzt war sie wirklich neugierig. »Sie haben etwas gefunden?«
    »In der Tat, und – man mag Ihrem Gatten diesen Leichtsinn kaum zutrauen – in dieser Schreibtischschublade, wie Sie es vermutet haben.«
    »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte Isobel erstaunt. »Horace war heute Morgen bereits in seinem Arbeitszimmer, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er auch nur das Geringste bemerkt hat. Ich hatte deshalb angenommen, dass Sie heute Nacht gar nicht dort waren.«
    Armindale kräuselte die Lippen: »Das enttäuscht mich jetzt aber etwas, Mrs Havisham. Ich sagte Ihnen doch bereits: Ich bin ein Spezialist auf diesem Gebiet. Aber gut zu hören, dass er nichts bemerkt hat. Das gibt mir genügend Zeit, weiterzuermitteln.«
    »Wieso weiterermitteln? Ich dachte, Sie hätten nun den Beweis.«
    »Ich sagte, ich habe einen Beweis. Aber leider ist der nicht aussagekräftig genug, um vor Gericht nicht angefochten werden zu können – und wir wollen die Sache doch hieb- und stichfest bekommen, nicht wahr? Deshalb werden weitere Ermittlungen notwendig. Ich habe nur noch die Gelegenheit abgewartet, Ihnen mitzuteilen, dass ich mich unverzüglich auf den Weg nach Portsmouth begeben werde.«
    »Portsmouth?« Sie überlegte kurz. »Ja, mein Gatte hält sich öfter geschäftlich dort auf. Sind Sie sicher?«
    »Oh, mehr als sicher! Mr Havisham war so freundlich, den Ort des Verbrechens schriftlich festzuhalten, zusammen mit dem Namen eines Mannes, möglicherweise ein Mittäter oder zumindest Mitwisser. Und diesen Mann gedenke ich, unverzüglich ausfindig zu machen. Die Schlinge um den Hals Ihres Gatten zieht sich unaufhaltsam zu, Mrs Havisham. Wir haben ihn bald, glauben Sie mir!«
    Ein wenig Furcht vor den Konsequenzen verspürte sie nun doch. »Denken Sie wirklich, dass mir die Richter bei einer Mordanklage gegen meinen Mann sein Vermögen zusprechen werden?«
    Armindale fixierte sie kurz abschätzig, nickte dann aber bestimmt: »Vielleicht nicht in vollem Umfang, aber doch so, dass Sie von einer sehr großzügigen Entschädigung ausgehen können. Es wäre jedoch von Vorteil, wenn Sie sobald als möglich juristischen Beistand veranlassen würden. Ihr Verwandter, dieser Mr Fountley, der zukünftige Baron of Tounton, genießt inzwischen erhebliches Ansehen – auch im Umfeld des Parlaments, habe ich mir sagen lassen. Zumindest bei den fortschrittlicheren Abgeordneten. Warum wenden Sie sich nicht an ihn?«
    Isobel zögerte. »Hm, ich will es mir überlegen.« Der Gedanke an das letzte unerquickliche Zusammentreffen mit Fountley und vor allem ihrer Cousine Mary-Ann war ihr mehr als unangenehm, doch Armindale hatte leider recht. Es würde vor Gericht erheblich glaubwürdiger wirken, wenn ein Familienmitglied sie vertrat. Das war eine Tatsache.
    Armindale krabbelte von der Bank, es war eng in der Kutsche. »Gut! Ich werde mich dann also auf den Weg machen. Ich nehme den Zug, das geht schneller.«
    »Mr Armindale, eine Frage noch ...«
    »Ja?«
    »Diese Bakers, wo wohnen die?«
    Armindale setzte sich prompt wieder hin und grinste frech. »Ach, jetzt verstehe ich«, kicherte er. »Deshalb also die Geheimniskrämerei. Nun ... ich kann Ihnen diese Information natürlich geben, aber das wird etwas kosten.«
    »Sie unverschämter ...« Plötzlich stürzte er sich auf sie, griff ihr an die Brüste und drängte ihr grob einen Kuss auf. Seine Zunge rumorte in ihrer Mundhöhle. Sein Speichel schmeckte nach Gin und Fleischpastete. Es wurde ihr fast schlecht dabei. Sie wehrte sich, kratzte und schlug nach ihm, doch das stachelte ihn nur weiter an. Schließlich kniff er sie kräftig in die Brust und ließ dann von ihr ab.
    »Great Russell Street No. 64«, sagte er. »Es ist gar nicht weit von hier.« Und bevor sie noch etwas entgegnen konnte, war er schon ausgestiegen.
    Isobel wappnete sich, als sie nach kurzer Fahrt am Klingelzug des unauffälligen Stadthauses in der Great Russell Street zog. Es kam jetzt darauf an, dass sie überzeugend wirkte. Hoffentlich war dieses Weib auch zu Hause und nicht ganz so abgefeimt, wie sie es vermutete. Im Fenster entdeckte sie Trauerflor. War auch hier jemand gestorben?
    »Sie

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