Stadt der Schuld
glattrasiertes Kinn. »Noch sind die Polizeibehörden in Portsmouth nicht arbeitsfähig aufgebaut, das alles steckt noch in den Kinderschuhen 49 , aber ich könnte die Hafenpolizei um Mithilfe ersuchen. Aus den Schiffsaufzeichnungen ließe sich sicher der Reiseweg von Mr Eastman und seiner Mätresse verfolgen. Die beiden sind gewiss aufgefallen. Ein englischer Gentleman in Begleitung einer Negerin, das ist schließlich keine Alltäglichkeit!«
Armindale frohlockte, endlich ein Licht am Horizont. »Ich würde meine Erkenntnisse in der Sache den Beamten vor Ort selbstverständlich gerne zur Verfügung stellen.«
Hunt sah ihn für einen Augenblick scharf an, dann nickte er. »Ich denke auch, dass das die Dinge beschleunigen würde. Was nun diesen Trumble betrifft ... was denken Sie, hält er sich noch in Portsmouth auf?«
Armindale zuckte mit den Schultern. »Ich kann es Ihnen nicht sagen, die Sache scheint mir jedoch irgendwie merkwürdig.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Die Hafenpolizei soll sich auch diesem Punkt annehmen. Vielleicht ist ja doch etwas über seinen Verbleib herauszubekommen. Außerdem sollte man den Nachfolger befragen. Nun ja, wir werden sehen.« Er erhob sich. »Es ist Ihnen hoffentlich bewusst, Ma'am, dass ich Ihren Gatten nun in Haft nehmen muss.«
Isobel sah ihm unverwandt in die Augen. »Ich bitte darum!«, sagte sie.
***
»Sir, ich kann es nicht glauben. Das ist entsetzlich!« Tom standen die Tränen in den Augen. »Es tut mir wirklich leid!«, sagte Horace. »Wird Mrs Baker mich empfangen? Ich möchte es ihr gerne selbst mitteilen.«
Einen Augenblick zögerte Tom, doch dann nickte er. »Kommen Sie, Sir«, sagte er. »Sie hat mir zwar strikt verboten, irgendjemanden und insbesondere Sie vorzulassen, aber ...«
»Ich weiß das zu schätzen, Tom.«
Horace folgte dem Diener ins obere Stockwerk des Hauses. Sein Herz klopfte wild. Wie würde Meredith die schreckliche Nachricht aufnehmen und das aus seinem Munde? Aber er konnte einfach nicht anders, er musste es ihr selbst sagen.
Er erschrak, als Tom die Tür für ihn öffnete und er einen Blick auf Meredith erhaschte, die reglos in einem Sessel am Fenster saß. Wie blass sie war ... er ertrug es kaum, sie so zu sehen. Er trat in den Raum und Tom schloss die Tür hinter ihm. Dann war er allein mit ihr.
»Nun?«, fragte Meredith mit halberstickter Stimme. Ahnte sie, welch schreckliche Nachricht er ihr brachte?
»Meredith«, begann er unsicher, »ich weiß kaum, wie ich es dir mitteilen soll. Es ist etwas sehr Schlimmes geschehen.«
»Er ist tot, nicht wahr?« Ihre Stimme schwankte.
Horace nickte stumm. Er fühlte sich furchtbar, doch das war jetzt unwichtig.
»Wie ...?«
»Es gab einen Streit unter den Gefangenen. Die Wärter haben es zu spät bemerkt ... er ... Rupert war wohl sofort tot.« Er belog sie, gewiss, aber die Wahrheit hätte sie getötet. Sie war ohnehin nur noch ein Schatten, zerbrechlich, niedergedrückt von Schuldgefühlen und Kummer. »Meredith, wenn es dir recht ist ... ich weiß, dass du denkst, ich hätte mit seiner Verhaftung zu tun, aber bitte glaube mir: Das ist nicht wahr. Ich hätte weder ihm noch dir jemals etwas antun können. Es bricht mir das Herz, was geschehen ist.«
Sie schwieg, aber sie widersprach ihm auch nicht. Ein wenig Hoffnung keimte in ihm auf. »Ich würde mich gerne um eine würdevolle Bestattung kümmern. Ich habe schon mit den Gefängnisaufsehern gesprochen. Sie werden mir den Leichnam überlassen. Natürlich nur, wenn du damit einverstanden bist.« Er machte einen Schritt auf sie zu.
»Wenn du es nicht warst, wer war es dann?«, fragte sie plötzlich. »Deine Frau sagte mir ...«
»Meine Frau?« Horace war wie vom Donner gerührt. »Isobel? Sie war bei dir? Woher wusste sie, dass ...?«
Meredith fuhr auf. »Hast du es ihr nicht selbst gesagt? Sie kam hierher und berichtete mir, dass du sie verstoßen wolltest meinetwegen. Ich habe mich so sehr geschämt.«
»Was?! Ich versichere dir, dass ich nie ... mit keinem Wort ... lieber hätte ich mir die Zunge abgebissen. Wie hat sie nur davon erfahren?«
Meredith sah ihm fest in die Augen. »Wie kann ich dir glauben? Wer bist du überhaupt, Horace Havisham? Ich glaubte dich zu kennen, doch nun weiß ich nicht mehr, wer du bist.«
Eine Kutsche fuhr draußen vor. Das Stampfen etlicher Männerstiefel war zu hören. Befehle und das durchdringende Schrillen einer Trillerpfeife. Horace nahm es kaum zur Kenntnis, doch Meredith ging hinüber zum Fenster
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