Stadt der Sterne strava2
du, dass sie mit Luciano befreundet war?«
»Doktor Dethridge hat mir erzählt, dass sie von derselben Schule kommt wie Lu
ciano. Dethridge meint, dass die Schule auf dem Fleck steht, wo sich sein altes Laboratorium befand.«
»Was hältst du von ihr?«, fragte Arianna.
»Zurzeit bin ich sehr böse auf sie und auf Luciano, wegen Falco. Aber sie ist mu
tig und loyal und gerne bereit zu tun, worum man sie bittet.«
»Findest du sie hübsch?«
Rodolfo antwortete nicht direkt. Er sah Arianna eindringlich an, aber es war schwer, hinter der kunstvollen Maske ihre Gedanken zu lesen.
»Das ist doch alles in ein paar Tagen vorüber«, sagte er. »Dann sind wir drei, du und Luciano und ich, wieder in Bellezza. Dieser Monat wird schnell vergessen sein.«
»Du findest sie also hübsch«, sagte Arianna bekümmert.
»Nicht auf die gleiche Art wie dich«, erwiderte Rodolfo. »Junge Frauen aus der Zukunft in der anderen Welt scheinen nicht auf diese Art schön zu sein, wenn man Georgia als typisches Beispiel nimmt. Aber sie ist doch ganz ansehnlich.«
»Ich mag sie aber nicht ansehen«, sagte Arianna vor sich hin.
Und falls Rodolfo sie gehört hatte, zog er es vor, nicht zu antworten.
Cesare plante seine Flucht. Er war nicht zuversichtlich, dass es klappen würde, aber er musste sich etwas ausdenken, um wegzukommen, sonst würde er noch verrückt. Während der letzten paar Male, als ihm sein Essen gebracht wurde, war nur ein einzelner Mann gekommen, der allerdings bewaffnet war. So verzweifelt Cesare fliehen wollte, wusste er doch, dass es reine Kraftverschwendung sein würde, sich auf jemand zu werfen, der größer und stärker war und zudem einen Dolch trug.
Der Plan, den er sich stattdessen zurechtgelegt hatte, war schwierig durchzufüh
ren. Er hatte beschlossen nichts von dem zu essen oder zu trinken, was sie ihm brachten. Der Hunger nagte an seinem Magen, seine Kehle war ausgetrocknet und die schiere Langeweile seiner Gefangenschaft machte es praktisch unmög
lich, nicht ständig an Essen zu denken. Aber eines war ihm noch wichtiger, näm
lich auf dem Campo delle Stelle zu sein. Daher biss er die Zähne zusammen und stieß die Gefäße auf dem staubigen Boden um, damit er nicht in Versuchung kam.
Georgias Nerven lagen blank. Paolo brachte sie in den Widderbezirk zurück und sprach alles durch, was in den folgenden anderthalb Tagen passieren würde. Am Abend würde ein weiterer Probedurchgang stattfinden, gefolgt von einem großen Festmahl, das auf sämtlichen Straßen der Bezirke abgehalten wurde, und die meisten Remaner würden die ganze Nacht aufbleiben und trinken und über das Rennen reden. Kurz nach Sonnenaufgang würden alle Reiter an einer Messe in der Kathedrale teilnehmen und dann, nach dem letzten Proberennen, würden ihre Namen der Rennleitung offiziell bekannt gegeben werden. Das eigentliche Rennen würde dann am Abend stattfinden.
»Das klingt ja so, als ob ich die ganze Zeit hier sein muss«, sagte Georgia beun
ruhigt.
»Tja«, erwiderte Paolo. »Nach Einbruch der Dunkelheit müsstest du tatsächlich ziemlich lange hier bleiben. Kannst du das einrichten?«
»Ist das auch sicher?«, fragte sie, weil sie sich plötzlich Sorgen machte, dass sie wie Lucien für immer in Talia festsitzen könnte.
»Ich glaube schon«, meinte Paolo. »Ich werde mich mit Doktor Dethridge und Rodolfo besprechen. Aber ich glaube, das Risiko müssen wir eingehen. Vielleicht ist ja das Rennen der Grund, warum du den Weg hierher gefunden hast.«
Ein Risiko, das ich eingehen muss, dachte Georgia. Laut sagte sie: »Habe ich jetzt Zeit, nach Hause zu reisen? Ich muss ein paar Vorkehrungen treffen.«
Sie kletterte auf »ihren« Heuboden, wie sie ihn jetzt bei sich nannte, und nahm ihren Talisman heraus. Doch schlafen schien unmöglich. Wenn Paolo Recht hatte und das der Grund war, warum sie nach Remora gebracht worden war – um in der Stellata zu reiten und dafür zu sorgen, dass der Bezirk des Widders nicht der öffentlichen Schmach anheim fiel –, dann war es also doch nicht ihre Aufgabe gewesen, Falco zu helfen. Vielleicht hatte Rodolfo Recht und sie sollte ihn lieber zurückholen? Aber ging das überhaupt noch? Gaetano hatte ihnen berichtet, wie dünn und schwach sein Bruder geworden war. Er wurde nur noch dadurch am Leben erhalten, dass man ihm Milch und Honig aus einem Löffel in den Mund rinnen ließ.
Rodolfo suchte Lucien im Widder auf. Sie hatten noch nie eine solche Auseinandersetzung gehabt und beide
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