Stadt der Sterne strava2
fand sie etwas, obwohl sie verschiedene Schreibweisen ausprobierte. Sie wandte sich vom Internet ab und schlug in einem Lexikon der griechischen und römischen Mythologie nach. Dort fand sie, dass Romulus und Remus die Zwillingssöhne von Rhea Silvia und dem Gott Mars waren.
Ihre Geburt war ein schändliches Geheimnis gewesen und ihr Großonkel hatte sie in den Fluss geworfen und ihnen das Königreich ihres Großvaters geraubt. Nachdem sie von der Wölfin gesäugt worden waren – der kleine Teil der Geschichte, den Georgia schon kannte –, waren sie von Schafhirten aufgezogen worden und hatten, als sie erwachsen waren, das zurückerhalten, was ihnen rechtmäßig zustand. Danach beschlossen sie eine Stadt zu bauen. Sie konnten sich allerdings nicht einigen, wo sie bauen wollten, und so baute jeder der beiden seine eigene Stadt. Als Romulus eine Stadtmauer errichtet hatte, die nur ein paar Zoll hoch war, hatte sich Remus lustig gemacht und war darüber gesprungen und sein Bruder hatte ihn im Zorn erschlagen.
Es gab noch eine Menge über Romulus, einschließlich der interessanten Tatsache, dass keiner wusste, was nach seinem Tod mit seinem Leichnam passiert war, und dass man ihn daraufhin zum Gott erhoben hatte. Was Georgias Aufmerksamkeit aber wirklich fesselte, war eine kleine Fußnote, die besagte, dass sich die Zwillinge gestritten hatten, ob sie ihre Stadt Roma oder Remora nennen sollten. Erstaunt lehnte Georgia sich zurück. In Talia war der Kampf also anders ausgegangen und Remus hatte die Stadt gegründet. Und Remora hatte in der Folge den Platz in Talias Geschichte eingenommen, den Rom in der Geschichte Italiens innehatte.
Das bedeutet, dass Romulus in Talia seinen Bruder Remus nicht umgebracht hat, dachte Georgia.
Nach der Schule besuchte sie den Laden von Mr Goldsmith.
Er freute sich sie zu sehen. »So schnell wieder da?«, sagte er.
»Ich hoffe doch, dass du das Pferd nicht zurückbringen willst?«
»Auf keinen Fall!«, sagte Georgia, die es inzwischen von der Jogginghose in ihre Jackentasche gesteckt hatte. »Ich liebe es.
Genau genommen, wollte ich Sie noch mehr dazu fragen.«
»Nur zu«, sagte Mr Goldsmith. »Aber lass mich erst mal eine Tasse Tee für dich machen.«
»Also gut«, sagte Georgia. »Obwohl ich nicht lange bleiben kann. Ich muss in die Geigenstunde.«
Gaetano und sein Vater besuchten gemeinsam noch einmal alle Stallungen Remoras. Zu wem sie auch kamen – die Remaner waren zwar zunächst erstaunt, fühlten sich aber dann hoch geehrt von dem Besuch. Ein Stall nach dem anderen führte seine Rennpferde vor: die Grauen und die Braunen, die Falben und die Füchse, die Schimmel und die Schecken.
Den Besuch bei der Waage schoben sie bis zum Ende auf. Das war heikel, denn Jungfrau und Waage waren Gegner. Schon im Bezirk Stier war es etwas schwierig gewesen, denn obwohl Niccolò und sein Sohn die Herren von Giglia waren, waren sie auch eng mit Remora verbunden und die Zwillinge waren die eingeschworenen Feinde des Stiers.
Der Stallmeister der Waage, Giacomo, begrüßte Herzog Niccolò und den jungen Prinzen sehr artig. Obwohl Waage und Jungfrau Gegner waren, bestand ein Bündnis zwischen Waage und Zwillingen, deren Zunft ja die Bankleute waren –
also die Chimici.
Dennoch verdross es Giacomo, die grün-violetten Bänder in seinem Stall zu sehen, und er musste alle Reserven seiner Höflichkeit aufbringen, um seinen Ärger nicht durchblicken zu lassen. »Das hier ist unser Ross in der Stellata, Euer Gnaden«, sagte er so unbewegt wie möglich. »Il Corvo.«
Gaetano fühlte sich auf der Stelle zu dem Rappen hingezogen. Il Corvo war nervös und hochgezüchtet, wie die besten remanischen Pferde es alle waren, aber er war auch schön und hatte kräftige, edel gewachsene Linien. Gaetano hätte ihn liebend gern geritten. Aber das kam natürlich nicht in Frage und der Herzog beendete ihren Besuch im Stall der Waage so rasch, wie es die Höflichkeit zuließ.
»So, das war’s«, sagte er zu seinem Sohn. »Der Pflicht ist Genüge getan. Jetzt haben wir alle besucht. Was hast du von dem letzten gehalten?«
»Eine wahre Schönheit«, sagte Gaetano. »Schade, dass er nicht gewinnt.«
Niccolò sah ihn fragend an. »Kannst du in die Zukunft sehen? Erst am Ende des Rennens kennt man den Sieger – ist das nicht einer der ältesten Sprüche in Remora?«
»Doch«, sagte Gaetano. »Und das traf vielleicht zu, als er in Mode kam. Als die Stellata noch ein wirklicher, offener Wettkampf war.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher