Stadt der Sterne strava2
beobachtet hatte.
Damals hatte sie heimlich geplant Mandolier zu werden, und sie hatte die Nacht auf dem Altan der großen silbernen Basilika Maddalena zugebracht. Dieses Jahr war sie auf denselben Altan hinausgetreten, zwischen das bronzene Paar der Widder, und hatte ihrem Volk unten auf der Piazza mit beiden Händen zugewun
ken.
Ja, nun war sie die Duchessa. Heute hatte sie bereits eine Schule für Waisen
mädchen besucht, Petitionen von Bürgern entgegengenommen, in denen es um Streitigkeiten über Mehlrationen bis hin zu einem Ehevertrag zwischen Vetter und Cousine ging; sie hatte mit einem Fürsten aus dem östlichen Europa diniert, der zu Gast war; und sie hatte eine Abordnung aus Anglia empfangen, bei der es um Handelsverträge ging. Sie hatte auch ein Treffen mit dem Admiral der bellez
zanischen Flotte abgehalten, der den Verdacht äußerte, dass sich in den Ländern, die im Osten an die Lagune grenzten, Feindseligkeiten zusammenbrauten.
Jetzt war es so weit, dass sie sich von ihren Zofen entkleiden lassen und ins Bett sinken konnte. Ihre Kammerzofe Barbara bürstete ihr das Haar, als es an die Tür klopfte. Es war Rodolfo.
»Es tut mir Leid, dass ich dich stören muss, mein Liebes, aber wir haben den ganzen Tag noch nicht miteinander reden können. Bist du zu müde oder kannst du noch einen Moment aufbleiben?«
»Aber gewiss«, sagte Arianna und sandte ihre Zofe hinaus. Es war immer eine Erholung, mit ihrem Vater allein zu sein – fern der Staatsgeschäfte.
Er setzte sich auf einen der kleinen, gobelinbezogenen Stühle, die Ariannas Mutter gehört hatten. Rodolfo hatte die letzte Duchessa häufig durch einen Geheimgang von seinem eigenen Palazzo aus besucht, der neben dem ihren lag. Inzwischen war dieser Gang noch geheimer – und nicht geschlossen worden. In einer Notlage konnte er von Nutzen sein.
»Ich habe zwei Neuigkeiten«, sagte Rodolfo, während Arianna ihr Haar selbst weiterbürstete.
»Gut«, erwiderte sie. »Geht’s in der einen um Luciano?«
»In der Tat«, sagte ihr Vater lächelnd. »Doktor Dethridge hat heute über meine Spiegel Kontakt mit mir aufgenommen. Beide sind heil in Remora angekommen und bereits in Abenteuer verwickelt.«
»Abenteuer?«, sagte Arianna sehnsüchtig. Dann wurde sie unruhig. »Aber sie befinden sich doch nicht in irgendeiner Gefahr?«
»Auch nicht mehr als sich jeder von uns in einer Hochburg der Chimici befinden würde«, erwiderte Rodolfo. »Und das bringt mich zu meiner nächsten Neuigkeit, die dir wohl weniger gut gefallen wird. Ich habe heute eine Botschaft von Herzog Niccolò empfangen.«
»Ach, wahrscheinlich wegen der Stellata«, sagte Arianna. Sie wollten eigentlich erst auf die Einladung reagieren, wenn Lucien und Dethridge herausgefunden hatten, ob es sicher sein würde, zuzusagen.
»Nein, meine Liebe, darum geht es nicht«, sagte Rodolfo. »Der Grund für diese offizielle Botschaft ist eine Brautwerbung. Gaetano di Chimici, der Sohn des Herzogs, möchte dich gerne heiraten.«
Kapitel 9
In die Sterne geschrieben
Sie hatten sich lange in Santa Fina aufgehalten, und wenn sie in Remora an
kommen würden, würde es schon spät sein. Georgia wusste, dass sie keine Stunde mehr bleiben konnte. Sie und Cesare sollten mit Gaetano reiten, auch wenn sie merkten, dass Lucien gar nicht glücklich darüber war. Er wusste, wozu die Chimici fähig waren, und obgleich er die beiden Brüder mochte, hielt er es noch für verfrüht, ihnen zu trauen. Sie wussten noch nicht, dass er, Dethridge und der Stallmeister ebenfalls Stravaganti waren, doch es war unwahrscheinlich, dass Gaetano Georgias impulsive Äußerung vergessen würde. Er würde sie be
stimmt noch eifrig ausfragen.
Bevor die Gesellschaft vom Stall aufbrach, nahm Lucien Cesare beiseite.
»Seid vorsichtig«, sagte er. »Und wenn er wieder auf das Thema Stravaganti zu sprechen kommt, pass auf, dass Georgia nicht noch mehr verrät.«
Cesare nickte. Er wollte ja auch seinen Vater nicht in Gefahr bringen.
»Ich kenne die Chimici«, sagte er. »Du kannst mir vertrauen.«
Die drei Reiter kamen auf dem Weg nach Remora gut voran, und bis sie vor dem Sonnentor das Tempo verringerten, hatten sie keine Gelegenheit zum Reden.
Jetzt reihten sie sich ein, um hintereinander durch das belebte Stadttor zu reiten.
Gaetano lenkte sein Pferd an Georgias Seite.
»Ich würde dich morgen gerne besuchen. Wohnst du im Bezirk des Widders?«
Georgia hatte ihre Lektion gelernt und wandte sich Hilfe suchend an
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