Stadt der Sterne strava2
Cesare. Der zuckte mit den Achseln. Der junge Adlige würde die Manusch ja ohnehin besu
chen – das war schon abgesprochen. Und Georgia konnte sich schließlich immer entscheiden fern zu bleiben. Doch sie konnte ihm nicht ständig ausweichen, nicht wenn sie weiterhin in die Stadt kommen wollte.
»Ja«, sagte sie nach einigem Zögern. »Sie können mich und Luciano im Haus des Stallmeisters finden. Aber ich glaube nicht, dass ich etwas tun kann, um Ihnen zu helfen.«
»Glaub mir«, sagte Gaetano und beugte sich näher heran, damit Cesare nicht mithören konnte. »Ich bin an den Geheimnissen eurer Bruderschaft nicht interes
siert. Ich will nur meinem Bruder helfen, sonst nichts.«
»Er ist ziemlich hässlich, nicht wahr?«, sagte Arianna viel ruhiger, als sie sich fühlte. Sie betrachtete die Miniatur von Gaetano di Chimici, die der Gesandte aus Remora hinterlassen hatte. »Und er sieht in Wirklichkeit sicher noch schlimmer aus«, fügte sie hinzu. »Der Hofmaler hat doch bestimmt versucht ihm zu schmei
cheln.«
Rodolfo sah sie an. »Wir ziehen diesen Antrag doch nicht ernsthaft in Betracht«, sagte er.
»Aber wie sollen wir denn reagieren?«, fragte Arianna. »Wir können ihn doch nicht einfach übergehen und die Chimici vor den Kopfstoßen.«
»Du denkst ja schon wie eine richtige Duchessa«, sagte Rodolfo lächelnd. »Es ist eine kniffelige Angelegenheit, aber irgendwie kommen wir schon heraus. Sie schicken ihn her, damit er dich zur Stellata eskortiert.«
Arianna bekam große Augen.
»Sie möchten euch die Gelegenheit geben, euch gegenseitig kennen zu lernen«, sagte Rodolfo. »Und das musst du annehmen.«
Herzog Niccolò freute sich seinen Jüngsten zu sehen und war glücklich, dass sich
die beiden Brüder wieder verstanden. Seine zwei älteren Söhne und seine Tochter waren in Giglia und Niccolò liebte seine Kinder. Im Moment war er besonders erfreut über Gaetano, der gegen den Plan der Vermählung mit Bellezza nichts einzuwenden hatte – und nun hatte er ihm auch noch seinen Liebling mitgebracht. Bereits als er Giglia verlassen hatte, hatte Niccolò gehofft, dass Falco ihn zum päpstlichen Palast begleiten würde. Doch Falco hatte darauf bestanden, in Santa Fina zu bleiben, vielleicht wegen des ungeklärten Verhältnisses zu Gaetano oder vielleicht auch, weil er die einsame Weite der Sommerresidenz so liebte.
Aber nun war er hier, ganz freiwillig, versöhnt mit seinem Bruder und mit strahlendem Gesicht.
»Du musst diesen Harfner hören, Vater«, sagte Gaetano gerade. »Ich habe versucht ihn zu überreden uns hierher zu begleiten, aber er hat gesagt, er spielt nicht für Geld. Trotzdem bin ich sicher, dass er spielt, und du musst ihn anhören.
Du wirst dir vorkommen wie im Himmel.«
»Wirklich, Vater, versuche ihn zu hören«, sagte auch Falco und sein zartes Gesicht wurde bei der Erinnerung von einer freudigen Röte überzogen. »Er spielt wie ein Engel.«
»Entschuldigt, meine Söhne«, sagte Niccolò und richtete seine Aufmerksamkeit mühsam auf die Worte seiner Kinder. »Wer, sagtet ihr, ist dieser Musiker?«
»Er nennt sich Aurelio«, antwortete Falco geduldig. »Und er und seine Schwester sind Manusch. Sie wollen nicht herkommen, weil sie nicht unter Dächern schlafen. Aber wir können sie im Widder besuchen.«
Im Widder! Alle Fäden schienen Niccolò immer wieder dorthin zu ziehen. Er hatte das quälende Gefühl, dass ihm bei seinem letzten Besuch dort etwas Wichtiges entgangen war. Er würde sich an Ferdinandos Spion wenden müssen, um nachzubohren. Und es beunruhigte ihn, zu hören, dass es eine Verbindung zwischen dem Widder und den Manusch gab. Niccolò mochte diese Leute nicht. Sie widersetzten sich der Philosophie von Wachstum und Güteranhäufung. Mit Menschen, die Besitz ablehnten und kein Land besaßen, konnte einfach etwas nicht stimmen.
Laut sagte er: »Das liegt daran, dass alle Manusch und Zingari unter den Sternen gezeugt werden müssen. Selbst ihre unverheirateten Frauen wollen nicht in Häusern schlafen, falls eine spontane Begegnung mit einem Mann zur Empfängnis eines Kindes führen sollte. Absolut töricht, denn so provozieren sie eher eine Vergewaltigung, als wenn sie sicher in einem Haus bleiben würden.«
Falco sah geschockt aus und Niccolò überlegte, ob der Zeitpunkt geeignet sei, um mit den Plänen für seinen Jüngsten herauszurücken. Es war besser für ihn, sich in ein Leben im Zölibat zu fügen, ehe er die Macht der Leidenschaft kennen gelernt
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