Stadt der Sterne strava2
ein und sie musste sich beeilen.
Doktor Dethridge legte seine Karten erneut aus – genau so, wie sie das letzte Mal gefallen waren. Er hatte lange über der Bedeutung des Musters gebrütet und jetzt beschloss er es Rodolfo zu zeigen. Er benutzte seinen Handspiegel, um Kontakt mit ihm aufzunehmen und ihm einen Blick auf die Karten zu ermöglichen.
»Gott zum Gruße, Meister Rudolphe!«, sagte Dethridge. »Was haltet Ihr von dieser Anordnung?«
»Ich halte sie für äußerst bemerkenswert, alter Freund«, erwiderte Rodolfo, während er die Symbole und Zahlen eingehend betrachtete. »Ich habe nämlich bei Neumond genau dieselben Karten gelegt.«
»Die Göttin erscheint an Neumond nicht ohne guten Grund«, überlegte Dethrid
ge.
»Vielleicht nimmt sie regen Anteil an unseren Vorhaben?«, schlug Rodolfo vor.
»Dann müssen wir hoffen, dass ihr Einmischen zu einer guten Wendung für uns führt«, sagte Dethridge.
Lucien war nicht überrascht, dass Georgia am nächsten Tag nicht in Remora auf
tauchte. Schließlich hatte er ihr ja geraten einmal eine Pause einzulegen. Aber Falco war eindeutig enttäuscht, als Lucien allein im päpstlichen Palast auftauchte.
»Es gibt auch Dinge, die wir ohne Georgia besprechen können«, sagte Lucien sanft.
Doch Falco nickte nur und Lucien hatte den Eindruck, als ob er plötzlich weit we
niger interessiert sei. Das war etwas Neues! Hing Falcos Wunsch, in die neue Welt zu reisen, mit dem Verlangen zusammen, in Georgias Nähe zu sein? Das Thema war allerdings zu heikel, um auf der Stelle weiter nachzubohren. Lucien beschloss auf die praktischen Dinge einzugehen und sich dieses Problems erst später anzunehmen.
»Auf beiden Seiten müssen Vorbereitungen getroffen werden«, sagte er in sach
lichem Ton. »Georgia kann zwar die äußeren Umstände für dein neues Leben ar
rangieren und dir einen Talisman besorgen. Aber du musst planen, wie du deine Familie verlässt. Du weißt ja, dass dein Körper, wenn du in meine alte Welt reist und dort über Nacht bleibst, hier während des Tages wie im Tiefschlaf liegt?«
»Ja, das hast du schon erzählt«, sagte Falco. »Und wenn ich fortbleibe, dann sieht es aus, als hätte ich Morte Vivenda. Bis ich dann eines Tages tatsächlich sterbe. Was meinst du, wie lange das dauert?«
Lucien schüttelte den Kopf. Es verwunderte ihn, wie besonnen der Dreizehnjähri
ge über sein Schicksal reden konnte.
»Ich habe keine Ahnung. Bei mir dauerte es mehrere Wochen, aber wie ich dir ja gesagt habe, wurde ich künstlich am Leben gehalten. Vielleicht ist es nach ein paar Tagen vorbei. Aber um was es mir geht: Es sollte einen Grund für deinen Tod geben. Wir möchten doch nicht, dass dein Vater argwöhnt, was wirklich ge
schehen ist.«
»Ich werde darum bitten, nach Santa Fina zurückzudürfen«, sagte Falco. »Ich kann sagen, dass es wegen Gaetanos Besuch in Bellezza ist und dass ich bis zum Rennen in der Sommerresidenz sein möchte. Von dort kann ich leichter entkom
men; die Dienerschaft ist nicht so aufmerksam wie mein Vater.«
»Trotzdem, wir brauchen immer noch eine Todesursache«, beharrte Lucien.
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte Falco. »Ich glaube, es wäre am einfachsten, wenn ich vorgebe, dass ich mich umbringen wollte.«
Auf seinem Rückweg in den Widder-Bezirk war Lucien tief in Gedanken. Doch schnell verflogen alle Sorgen um Falco, als er die Kutsche sah, die vor den Stäl
len stand. William Dethridge beugte sich aus dem Fenster und winkte ihm zu.
»Beeile dich, junger Luciano. Wir haben Nachricht aus Santa Fina. Das Wunder
tier ist verschwunden!«
Gaetano war am gleichen Abend zu einem festlichen Diner in den Palast der Du
chessa geladen. Er war der Ehrengast und saß zu ihrer Rechten, während Rodolfo an ihrer anderen Seite saß. Doch was den jungen Chimici besonders verblüffte, war die Tatsache, dass seine andere Tischpartnerin seine Cousine Francesca war.
»Seid gegrüßt, lieber Vetter«, sagte sie und musste über seine offensichtliche Überraschung lächeln. »Wusstet Ihr nicht, dass ich inzwischen Bürgerin von Bel
lezza bin?«
Gaetano war absolut ratlos. Er hatte die Gerüchte um Francesca gehört, hatte jedoch nicht erwartet ihr in der Stadt zu begegnen. Sie war noch hübscher, als er sie in Erinnerung hatte – mit ihrem schwarz glänzenden Haar und ihren blitzenden dunklen Augen. Er ergriff die ihm dargebotene Hand und küsste sie, dann nahm er all seinen Mut zusammen und erkundigte sich nach
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