Stadt der tausend Sonnen
bereits halb über das Geländer geklettert war.
Die Gestalt, die aus dem Panzer stieg, war der junge Mann mit nur einem guten Arm, der sie in die Stadt der tausend Sonnen geführt hatte. Und hinter ihnen, in der Luke, standen Catham und Clea.
»Was macht ihr hier?« fragte Jon, als er sich von seiner Überraschung erholt hatte. »Versucht ihr, den Computer aufzuhalten?«
Clea schüttelte den Kopf.
»Was dann?« fragte Jon verwirrt.
»Wir arbeiten«, erklärte Rolth.
Jon und Alter blinzelten erstaunt. Der junge Mann, der ihnen die Münze geschenkt hatte, erklärte es ihnen.
»Clea versucht, ihre Einheitsfeldtheorie zum Abschluß zu bringen, und Rolth gibt seiner geschichtlichen Interpretation individueller Handlungen den letzten Schliff. Und um seine Theorie abzuschließen, mußte Rolth so viele individuelle Gehirnmuster wie nur möglich vergleichen und in Wechselbeziehung bringen. In den Datenbanken des Computers gibt es Hunderttausende kompletter Gehirnmuster – eines für jeden, der etwas mit dem Krieg zu tun hatte.«
11.
»Und was machen Sie hier?« rief Alter von der anderen Straßenseite.
Jon dagegen fragte: »Wer sind Sie?« Aber er wußte es bereits.
»Nonik«, erwiderte der Mann. »Vol Nonik. Weshalb sind Sie hierhergekommen?«
Jon erwiderte: »Des Computers wegen …«
»Steigen Sie ein«, rief ihnen Rolth zu. »Wir bringen Sie zu ihm.«
Sie begrüßten sich, nachdem sie in den Panzer geklettert waren. Clea drückte Alters Hand, als die Luke sich hinter ihr schloß. »Ich freue mich so, dich wiederzusehen!«
»Der Computer enthält einen ungeheuren Reichtum an atomaren und astronomischen Daten, die Clea überprüfen muß, um sich zu vergewissern, daß ihre Theorie auch stimmt«, erklärte Catham inzwischen.
Jon blickte Nonik nachdenklich an. »Die Transceivicules, die Minifunkgeräte, die Sie und Catham sich einsetzen ließen – weshalb? Was ist mit ihnen und wozu brauchen Sie sie?«
Nonik lachte weich. »Sie retteten mir das Leben, oder nicht?« Mit seinem guten Arm hob er den kraftlosen und legte ihn in seinen Schoß. »Nachdem sie mir das antaten – und was sie ihr getan hatten …« Seine Stimme verlor sich. Sowohl Rolth als auch Clea drehten sich besorgt zu ihm um. Doch dann wurde Noniks Stimme wieder fest. »Catham arbeitete schon damals an seiner Theorie, aber er konnte nicht von der Universitätsinsel fort, was bedeutete, daß er kaum Verbindung zum Rest von Toromon hatte – im Gegensatz zu mir. Es wäre nicht das erstemal gewesen, daß sich jemand eine wunderschöne Theorie über Gesellschaft und Psychologie ausgearbeitet hat, und daß dann einer von der Straße ankam, der weder von dem einen noch vom anderen etwas verstand, plötzlich sagte: ›He, Sie haben das und das vergessen!‹ Ich war also Cathams Verbindungsmann, sein Informant.« Er lachte und rief Catham zu: »Ich mußte dafür sorgen, daß du nicht irgend etwas Dummes in all deine Abstraktionen hineinbrachtest, richtig, Rolth?«
»Mehr oder weniger«, rief Catham zurück. »Ich brauchte die Ansichten von jemandem, der völlig außerhalb der Gesellschaft steht – von jemandem, der ein kluger Dissiführer und ein genauer Beobachter ist, und der sich auch auszudrücken weiß. Mit ihm mußte ich meine eigenen Ansichten vergleichen. Ja, Vol, du hast mir wirklich sehr geholfen.«
Der Poet lachte, aber sein Lachen endete abrupt.
»Kannten Sie Clea von der Universität her?« fragte ihn Alter.
»Wie? Oh. Nein, nur ihre Arbeit. Sie veröffentlichte ein paar Artikel in einem Mathe-Journal. Ich glaube, es war über die zufällige Verteilung von Primzahlen. Stimmt’s, Clea?«
»Es stimmt, Vol.«
»Faszinierend! Großartig! Ist es nicht erstaunlich, daß wir den genauen Prozentsatz der Primzahlen von irgendwelchen gegebenen zwei Zahlen berechnen können, und trotzdem haben wir immer noch keine Formel gefunden, die uns sagt, wo sie sind. Unberechenbar und berechenbar. Das Ergebnis der ersten n Primzahlen plus eins ist manchmal eine andere Primzahl. Aber zwischen der n-ten Primzahl und der errechneten lauern immer wieder andere, überall zwischen den echten Zahlen verteilt. Wie die Unregelmäßigkeit eines Gedichts, die Vieldeutigkeiten, die die Gewalt einfangen und die Schönheit.« Seine Stimme wurde zum Flüstern, ehe sie sich verlor: »Sie war wunderschön …«
Wieder drehten Clea und Rolth sich zu ihm um. »Man könnte sagen, wir kannten einander«, rief Clea. »Er hatte meine Artikel gelesen, und ich
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