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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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kleinen Rinnsalen den Rücken hinablief. „Du bist es nicht wert. Nicht mehr.“
    Gleichmütig stopfte Matt sich das Hemd in die Hose und strich sich das Haar glatt. „Zwei waren immer zu viel, was, Hunter? Zwei von uns, die sich so ähneln.“
    „Das ist Scheißdreck!“ Er ging zum Spülbecken, riss sich ein Blatt vom Küchenkrepp ab, tauchte es in kaltes Wasser und sah seinen Bruder an. „Du bist blind, Matt. Du hast nicht den Schimmer einer Ahnung.“
    „Nein, du bist blind, Hunter. Blind vor Eifersucht wegen meiner Beziehung zu Mom und Dad und wegen Avery.“
    Dass darin ein Körnchen Wahrheit steckte, machte Hunter die Sache nicht leichter. Matt war immer der Anführer gewesen, der charismatischere von ihnen. Zu ihm fühlten sich alle hingezogen: Mädchen, die anderen Kinder, die Lehrer. Sogar ihre Eltern und Cherry.
    „Ich habe dich immer geliebt“, sagte Hunter ruhig. „Gleichgültig, was war. Ich war immer stolz, dass du mein Bruder bist.“ „Und wer redet jetzt Scheißdreck?“
    „Du musst endlich die Augen öffnen, Matt. Wenn es um Dad geht, unsere Familie oder diese Stadt, verschließt du die Augen vor der Realität.“
    „Lieber bin ich blind als tot.“
    „Soll das eine Drohung sein, Sheriff Stevens?“
    Matt lachte. „Ich muss dich nicht umbringen, Hunter. Du bist schon tot.“

42. KAPITEL
    Avery beschloss, den Morgen über den Speicher ihrer Eltern aufzuräumen, um endlich die Dinge, die sie aufbewahren wollte, von denen zu trennen, die sie wohltätigen Einrichtungen spenden konnte oder wegwerfen musste. Die Zeit drängte. Außerdem brauchte sie Beschäftigung, während sie in Gedanken noch einmal die Ereignisse der letzten Tage durchging.
    Die Teile des Puzzles passten zusammen, sie wusste nur noch nicht genau, wie. Diese Sache war nicht anders zu handhaben als Recherchen zu irgendeiner Story. Wenn sie die Informationen zusammenfügte und wichtig von unwichtig trennte, gab es immer den Moment des Erkennens, das Ahaerlebnis, an dem sich die Teile zum Gesamtbild fügten. Aber oft wusste sie schon vorher, wohin die Reise ging, auch wenn sie es noch nicht eindeutig belegen konnte.
    Sie stieg die Treppe hinauf und kam oben am Schlafzimmer ihrer Eltern vorbei. Ihr Blick fiel auf das ungemachte Bett. Sie verharrte einen Moment, wandte sich dann jedoch ab und ging rasch weiter zur Bodentreppe und stieg hinauf.
    Obwohl es erst März war, war es oben auf dem Speicher warm und stickig. In den Sommermonaten konnte man es hier nicht aushalten. Sie ging die gleichmäßigen Reihen ordentlich gestapelter Kisten und Ständer voll eingehüllter Kleidung entlang. Weihnachtsdekoration hing von Haken herab.
    Sorgfältig begann sie die Kisten durchzusehen und machte den Anfang mit den Büchern. Währenddessen dachte sie an die Zeitung in Trudy Pruitts Schlafzimmer mit der merkwürdigen Aufzählung und den Worten: Alle bis auf zwei. Trudy Pruitt hatte die Toten gezählt, da war sie jetzt sicher.
    Alle bis auf zwei, die über den Mord an Sallie Waguespack Bescheid wussten? Das passte zu Trudys Bemerkung am Telefon, dass die, die Bescheid wussten, starben wie die Fliegen. Vielleicht hatte sie aber auch nur den Tod ihr verhasster Menschen gezählt oder von solchen Leuten, die sie fürchtete oder die sie für den Tod ihrer Söhne verantwortlich machte.
    Das Letzte schien ihr am wahrscheinlichsten zu sein. Trudy war besessen von dem Vorfall. Avery überlegte, dass Trudy für sie sogar eine Verdächtige am Tod ihres Vaters gewesen wäre, wenn sie die Zeitung mit der Notiz früher gefunden hätte.
    So aber ergab dies jedoch keinen Sinn mehr. Trudy war weder klug noch gerissen genug gewesen, Mordkomplotte zu schmieden – jedenfalls nicht allein.
    Avery hielt kurz in ihrer Tätigkeit inne. Ein Komplize, das könnte es sein! Vielleicht war der Komplize zu dem Schluss gelangt, dass Trudy ihm nicht mehr nützte oder eine Gefahr darstellte.
    Hunter? Er hatte ihr eine Nachricht hinterlassen. Ob er wirklich nur auf ihren Anruf reagiert hatte, war fraglich.
    Seine Erklärung hatte allerdings glaubwürdig geklungen. Und sie wollte ihm glauben, weil sie, was ihn betraf, alles andere als unbefangen und emotionslos war. Sie schloss die Augen und rief sich in Erinnerung, wie seine Nachricht gelautet hatte. Er hatte lediglich Namen und Telefonnummer genannt, ohne hinzuzufügen, dass er sich auf ihren Anruf hin meldete.
    Wäre er allerdings ihr Komplize gewesen, hätte er nicht seinen Namen nennen müssen, weil Trudy zweifellos

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