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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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zerrte sie auf das Bad zu. „Ich bedaure den entsetzlichen Zustand der Welt, der so etwas nötig macht. Ich bedaure, dass du in etwas hineingezogen wurdest, das eigentlich nicht dein Kampf ist. Aber wir führen Krieg. Und im Krieg sind Kollateralschäden unvermeidbar.“
    Kollateralschäden? Der bedauerliche, aber unvermeidbare Tod von Menschen?
    Hatte er das auch zu Tom und den anderen gesagt?
    Sie erreichten die Badezimmertür. Er zerrte sie hindurch und schloss sie hinter ihnen. Wieder ein Blitz, und was der erhellte, steigerte ihre Angst erneut zur Panik. Ein schwarzer Duschvorhang war in der alten Wanne ausgelegt. Dazu Seilenden und ein Messer, dessen zackige Klinge sich deutlich vom schwarzen Plastik abhob.
    Sie stemmte sich mit den Füßen gegen den Boden und wehrte sich verzweifelt. Er würde keinen Fehler machen, wie sie jetzt erkannte. Er hatte alles durchdacht, jedes Detail.
    Was ist mit Avery, dachte sie benebelt. Hatte er sie schon umgebracht? War sie auch dem Messer zum Opfer gefallen?
    Ich will nicht sterben!
    Die Tränen in den Augen ließen ihren Blick verschwimmen. Ich will nicht auf diese Weise sterben!
    Er stöhnte enttäuscht auf. „Es geht hier nicht um mich oder dich. Es geht um eine Sache, die viel größer ist als wir.“ Er zerrte sie näher zur Wanne. „Ich weiß, was du denkst. Dass Cypress Springs viel zu klein und unbedeutend ist, um den Lauf der Welt ändern zu können. Aber du irrst dich. Überleg mal, was passiert, wenn du einen kleinen Stein ins Wasser wirfst? Beim Eintauchen entstehen kreisförmige Wellen, die sich weit über den Teich ausbreiten. So ist es auch mit uns. Unser Einfluss breitet sich in andere Gemeinden aus. Wir finden auch dort Gleichgesinnte, die den Dreck, die Drogen und den moralischen Verfall, der jeden Winkel dieses Landes erreicht hat, leid sind. Wir finden überall Menschen, die mit uns übereinstimmen, dass der Zweck jedes Mittel heiligt.”
    Gwen begann zu weinen, den Blick wie gebannt auf das Messer geheftet.
    „Zeit für die Vollstreckung, Gwen Lancaster.“
    Er schleuderte sie herum, und ehe sie begriff, was geschah, schlug sie mit dem Kopf gegen den Türrahmen.
    Schmerz explodierte hinter ihren Augen, und ihre Welt wurde schwarz.

45. KAPITEL
    Avery blickte in den verregneten Morgen hinaus. Der Garten war von Blättern und Ästen übersät. Vom Baum des Nachbarn war ein Ast abgebrochen und blockierte ihre Zufahrt.
    Hunter war schon vor Stunden gegangen, irgendwann, ehe das Gewitter richtig losgebrochen war. Er hatte Sarah als Ausrede benutzt, doch sie wusste, dass er allein sein wollte. Er musste durchdenken, worüber sie gesprochen hatten, und mit den Konsequenzen klarkommen.
    Wie das ausgehen würde, konnte sie nicht einschätzen. Er war erschüttert gewesen, so viel stand fest. Aber auch distanziert, fast heimlichtuerisch.
    Sie waren die Liste noch mehrfach durchgegangen. Tatsächlich waren alle, die an der damaligen Ermittlung beteiligt gewesen waren, kürzlich und unerwartet zu Tode gekommen, mit Ausnahme von Buddy Stevens und dem Gerichtsmediziner.
    Avery schloss einen Augenblick die Augen und dachte an Trudy Pruitts Notizen auf der Zeitung – Alle bis auf zwei.
    Ist Buddy Stevens einer von den zweien? Ist er in Gefahr, oder ist er der Täter?
    Sie wandte sich vom Fenster ab. Buddy war ein guter Mann, ein Mann des Gesetzes, wie er im Buche stand. Zu unterstellen, dass er etwas Strafbares tat, grenzte an Lächerlichkeit.
    Aber warum hatte sie dann dieses Unbehagen?
    Nein. Buddy war kein Täter, und sie wollte ihn auch nicht an einen Killer verlieren.
    Avery ging in die Küche. Sie hatte mit Hunter verabredet, dass sie heute Morgen Dr. Harris und Buddy anrufen sollte. Die Uhr an der Mikrowelle zeigte an, dass es noch nicht ganz acht war. Sie würde ein paar Minuten warten und es dann beim Ersten versuchen.
    Und bei Gwen. Noch einmal.
    Gwen hatte gestern nicht angerufen, deshalb hatte sie versucht, sie über Handy zu erreichen, während Hunter schlief. Doch Gwen hatte sich nicht gemeldet. Heute Morgen hatte sie es noch einmal versucht, mit demselben Ergebnis.
    Sie setzte sich auf einen Küchenstuhl, stand nervös gleich wieder auf und begann, hin und her zu gehen. Bei beiden Anrufen hatte sie keine Nachricht hinterlassen, was sie jetzt bedauerte, denn so hätte Gwen wenigstens gewusst, dass sie noch auf derselben Seite standen und dass mit ihr alles okay war.
    Wo steckte sie bloß, und warum rief sie nicht an?
    Avery nahm den Telefonhörer auf

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