Stadt des Schweigens
und bewegte stumm die Lippen. Er machte einen Schritt, sackte zusammen und fiel zu Boden.
Avery drehte sich um und rannte blitzschnell los. Matt packte sie von hinten um die Mitte, riss sie an seine Brust und hielt ihr das Messer an die Kehle.
„Siehst du, Avery? Schwach und dumm.“ Er blickte auf die leicht zuckende Gestalt am Boden. „Und auch noch ein Verräter.“
Sie sah keinerlei Bedauern in seiner Miene. „Du bist verrückt, du Psychopath, du mordender Hurensohn!“
Er beugte sich hinunter, nahm die Handschellen seines Vaters und fesselte ihr die Hände hinter dem Rücken.
Dann richtete er seinen kalten Blick auf sie. „Avery Chauvin, du wurdest angeklagt und für schuldig befunden der Verbrechen gegen die Gemeinschaft, des Versuchs, einen Lebensstil zu vernichten, der seit Jahrhunderten existiert. Die Sieben werden über dein Schicksal richten.“
53. KAPITEL
Avery versuchte, sich nicht von Hysterie überwältigen zu lassen, während Matt sie immer tiefer ins Innere der verkohlten Konservenfabrik zwang. Der Gestank – von draußen nur unangenehm – wurde hier drinnen unerträglich. Wie Verwesungsgeruch in einem Grab.
Augen und Kehle begannen ihr zu brennen. Obwohl das Feuer die Fabrik größtenteils zerstört hatte, war einiges noch intakt. Hier und da standen eine unbeschädigte Wand oder ein unversehrtes Möbelstück neben einem Loch im Boden, als sei das Feuer wählerisch gewesen und habe das eine verschlungen und das andere verschont.
Matt schubste sie vorwärts, die Waffe zwischen ihren Schulterblättern. Offenbar hatte er schon einige Zeit hier verbracht. Obwohl es in der Fabrik schwarz war wie die Seele des Teufels, führte er sie zielstrebig, ohne Zögern durch die verkohlte Ruine.
Er presste den Mund an ihr Ohr. „Wir gehen nach oben. Aber pass auf, wohin du trittst. Du willst doch nicht das Rendezvous mit meinen Generälen versäumen?“
„Fahr zur Hölle!“
Erfreut lachte er auf. „Wir sind bereits dort, findest du nicht?“
Er sprach ihr aus der Seele, aber sie wollte ihm nicht die Genugtuung einer Bestätigung geben.
Während sie die vom Feuer beschädigten Treppen hinaufstiegen, raunte er ihr Anweisungen ins Ohr. „Nach links, nächste Stufe auslassen, rechts geradeaus.“
Sie strauchelte und richtete sich mühevoll wieder auf, was ohne die unterstützende Balance ihrer Arme nicht einfach war. Er reichte ihr keine helfende Hand. Sie spürte sogar, wie er sich an ihren Mühen weidete.
Endlich oben angelangt, sah sie, dass ein Teil des Daches fehlte. Das hereinfallende Mondlicht schien auf eine Ansammlung von Türen, Fluren und halben Wänden.
Sie blieben vor einer Tür mit Vorhängeschloss stehen. „Wir sind da“, sagte Matt.
Er wandte den Blick von ihr ab, während er die Tür aufschloss. Avery sah kurz zur Treppe. Sie könnte ihre Chance nutzen und weglaufen. Aber wie weit würde sie kommen, ehe sie strauchelte, durch ein Loch im Boden fiel oder Matt ihr in den Rücken schoss? Zwei Schritte, ein halbes Dutzend, wenn es gut ging?
„Mach nur“, sagte er leise, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Nutz deine Chance. Und während du dann langsam innerlich verblutest, wirst du mich bitten, dein Leben mit einer Kugel zu beenden.“
„Bastard!“
„Findest du? Na ja, verständlich.“ Er löste das Vorhängeschloss und schwang die Tür auf. „Aber zukünftige Generationen werden in mir einen Helden sehen, einen Visionär.“
„Zukünftige Generationen“, entgegnete sie zornig. „Du wirst abgeurteilt und in einer Zelle verrotten oder dein Leben in der Anstalt von Feliciana für geisteskranke Täter beenden.“
„Arme Avery“, erwiderte er leise. „Blind wie die anderen. Hinein mit dir.“ Er packte sie am Arm und schleuderte sie durch die offene Tür. Ohne sich mit den Händen abstützen zu können, landete sie auf den Knien, fiel vornüber und knallte mit dem Kinn auf den Betonboden.
Kichernd schlug Matt die Tür hinter ihr zu und schloss ab. Sie rappelte sich auf, lief zur Tür und warf sich dagegen. „Bastard!“ schrie sie und trat gegen das Türblatt. „Du kommst damit nicht durch!“
„Spar dir deine Energie. Hier gibt es keinen Ausweg.“
Der geflüsterte Rat kam aus der hinteren Ecke. Avery fuhr herum. „Gwen?“
„Die und keine andere.“
Avery ließ den Blick umherschweifen, doch ihre Augen waren noch nicht an das Dunkel gewöhnt. „Wo bist du?“ Ganz selbstverständlich wählten beide die vertraute Anrede.
„Hier.“
Sie
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