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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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waren?“
    Die Galle stieg ihr hoch, sodass sie gegen Übelkeit ankämpfen musste.
    „Es war so schön. Bei keiner anderen habe ich mich gefühlt wie bei dir. Wir waren füreinander bestimmt.“
    Sei klug, Avery, spiel mit. Gib ihm, was er will. Es gibt immer eine Chance. Immer.
    „Wie ist es so weit mit uns gekommen?“ flüsterte er. „Du hast mich verlassen. Warum?“
    „Ich war jung und dumm.“ Sie sah ihn mit einem Blick an, den er hoffentlich als anhimmelnd empfand. „Ich habe nicht gewusst, wie stark du bist und wie mächtig.“
    Sein Mund wurde schmal vor Zorn. „Komm mir nicht mit diesem Mist. Du hast mich verlassen. Du hast meinen Bruder gevögelt. Du …“
    „Habe ich nicht!“ schrie sie ihn an und schnitt ihm das Wort ab. Sie versuchte es mit einer neuen Taktik und benutzte seine Argumente gegen ihn. „Ich sehe und verstehe jetzt, warum ich damals gegangen bin. Ich dachte, du wärst wie … dass du wärst wie dein Vater. Ich liebe ihn, aber er ist nicht … nicht so stark wie du.“
    Matt verharrte und sah sie forschend an. Sie machte weiter. „Du warst immer brillant. Die Schule war für dich ein Kinderspiel, deine Zensuren waren einmalig und trotzdem bist du in Cypress Springs geblieben, um in den Polizeidienst zu gehen, wie dein Vater. Verstehst du, warum ich gedacht habe, du wärst wie er, Matt?“
    Er betrachtete sie noch einen Moment und nickte. „Ich musste führen. Ich hatte einen Auftrag.“
    „Das verstehe ich jetzt.“
    „Dad ist schwach, er war eine Enttäuschung.“ „Unfähig, das Notwendige zu tun“, mutmaßte sie. „Genau.“ Er sah sie an wie ein stolzer Vater sein talentiertes Kind. „Er lässt sich zu oft von seinen Emotionen und seinem Herzen leiten.“ Traurig schüttelte er den Kopf. „Ein Führer darf sich nicht von Emotionen leiten lassen, er darf nie das große Ganze aus dem Auge verlieren.“
    „Die gute Sache. In diesem Fall das Wohl der Stadt.“
    „Ja. Dad war Anführer der ursprünglichen Sieben. Wusstest du das?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Aber er war zu schwach, die Gruppe zu führen, und beugte sich dem Druck anderer. Vor allem dem deines Vaters.“
    „Meines Vaters?“ Sie bemühte sich, das richtige Maß an Überraschung und Enttäuschung in ihren Tonfall zu legen.
    „O ja, dein Dad. Der großartige Dr. Philip Chauvin.“ Er sagte das mit tiefem Abscheu. „Er drohte, das FBI einzuschalten, und meinte, sie hätten die Grenze des Erlaubten überschritten.“
    Matt beugte sich weiter vor. „Es gibt keine Grenze, wenn es um Krieg geht. Verstehst du das? Leben oder Tod, Schwarz oder Weiß. Gewinnen oder verlieren.“
    „Keine Kompromisse.“
    „Genau.“ Zärtlich fuhr er mit einem Finger über ihre Wange. „Einige müssen geopfert werden, damit es allen gut geht. Individuelle Freiheiten müssen aufgegeben werden, damit die Lebensqualität aller erhalten bleibt.“
    „Und mein Vater wollte da nicht mitmachen?“
    „Ein weichlicher Gutmensch. Fast hätte er die ganze Operation gefährdet.“
    Nur mühsam konnte sie sich daran hindern, ihren Vater zu verteidigen, indem sie seine Haltung laut bejubelte.
    „Hat dir Buddy heute Abend alles erzählt über die Mordnacht von Sallie Waguespack?“ Er beantwortete sich die Frage selbst. „Natürlich. Er konnte wieder nicht anders.“
    Matt lachte und fuhr fort: „In der Nacht hatten Hunter und ich gestritten wegen diesem neuen Jungen, Mike Horn. Erinnerst du dich? Sein Vater war der Betriebsleiter der neuen Konservenfabrik.“
    Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern fügte hinzu: „Mir gefiel nicht, dass Mike sich aufführte, als gehörte ihm hier alles. Als wollte er meinen Platz einnehmen. Ich dachte mir, wir sollten ihm eine kleine Lektion erteilen und ihn Demut lehren, Hunter, ich und ein paar andere. Hunter weigerte sich mitzumachen. Er sagte mir, er möge Mike, und was ich vorhätte, sei falsch.“
    Matt verzog das Gesicht. „Mit dem Mist ist er mir in dem Sommer damals häufiger gekommen. Er wollte einfach nicht mitmachen. Ich habe ihn damit gehänselt und auch mit seinen Gefühlen für dich. Er wollte mit dir schlafen, das habe ich gesehen. Alle haben das gesehen. Und ich habe ihm vorgeworfen, es zu tun. Wir haben uns geschlagen, und er hat das Haus verlassen und ist zu Karl gegangen.“
    „Zu Karl Wright?“
    „Ja. Ich konnte nicht schlafen. Als ich die Eingangstür hörte, dachte ich, Hunter wäre zurückgekommen, um sich zu entschuldigen.“
    „Aber es war nicht

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