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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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entdeckte Gwen auf dem Boden, in die hinterste Ecke gequetscht. Avery eilte zu ihr und kniete sich neben sie. „Gott sei Dank. Ich dachte … ich dachte …“
    „Dass ich tot bin? Das dachte ich auch.“
    Avery sah jetzt, dass sie verletzt war. Ihre rechte Kopfseite war blutverkrustet, das blonde Haar völlig verklebt.
    Avery dachte an das Blut in Gwens Bad. Matt musste sie bewusstlos geschlagen haben. „Wann hat er das gemacht?“
    „Während des Gewitters“, flüsterte sie. „Als ich erwachte, war er in meinem Zimmer. Ich dachte, er wolle mich umbringen. Stattdessen hat er mich hergebracht.“ Gwen beugte sich vor und legte ihre Stirn gegen Averys. „Ich habe gebetet, dass du kommst, aber nicht auf diese Weise.“
    Sondern mit der Polizei.
    Aber Matt ist die Polizei.
    „Wir kommen hier raus“, entschied Avery. „Er sagte, Die Sieben würden über mein Schicksal entscheiden. Ich denke, die Gruppe trifft sich heute Abend hier.“
    „Er wird uns umbringen, oder?“
    Er oder einer seiner Generäle. „Daran sollten wir jetzt nicht denken.“ Avery betrachtete die Wände des Raumes. Nach der Größe und den Regalen zu urteilen, musste es eine Art Lagerraum gewesen sein. „Hast du schon nach einem Fluchtweg gesucht?“
    „Es gibt keinen.“
    „Sicher nicht?“
    „Bestimmt nicht“, bestätigte Gwen mit brüchiger Stimme. „Ich will nicht sterben, Avery. Nicht jetzt und nicht hier.“
    „Wir sterben, wenn wir aufgeben, das ist mal sicher. Kannst du stehen?“
    Sie nickte, nutzte die Wand als Stütze und schob sich daran hoch.
    „Gut. Unsere einzige Chance ist vielleicht, dass wir versuchen, ihn zu überrumpeln, wenn er hereinkommt. Eine könnte ihn umrennen, während die andere sich seine Waffe schnappt oder wegrennt.“
    Der Plan klang selbst für Averys Ohren wenig überzeugend. Matt überwältigen? Ihre Arme waren hinter dem Rücken gefesselt, und Gwen war fast zu schwach zum Stehen. Aber sie wollte nicht aufgeben. Sie würde nicht kampflos sterben.
    „Also gut“, sagte Gwen mit bebender Stimme. „Du sagst mir, was ich tun soll, und ich tue es.“
    Ein Pochen erregte ihre Aufmerksamkeit. Avery verharrte lauschend. Das Geräusch kam aus einem Bereich hinter den Regalen.
    Avery erkannte, was es war. Matt rief die Versammlung der Sieben zur Ordnung und schlug wie ein Richter mit dem Hammer auf.
    „Komm, Gwen. Wir müssen versuchen, diese Regale zu bewegen.“
    Die Metallregale waren schwer, doch da sie nicht festgeschraubt waren, konnten sie einen Teil mit gemeinsamer Anstrengung von der Wand schieben. Gwen benutzte ihre Arme, und Avery hielt mit dem ganzen Körper dagegen. Mit vereinten Kräften schafften sie es schließlich.
    Sie schufen einen Raum, der groß genug war, um dahinter zu verschwinden. Die enge kleine Kammer vermittelte Avery ein absurdes Gefühl der Sicherheit. Das perfekte Versteck eines Kindes, wo niemand es entdecken konnte.
    Sie hatte als Kind mehrere solche Verstecke gehabt. Im Versteckenspielen war sie hervorragend gewesen. Sie hatte sich so lange still verhalten, bis der Suchende aufgegeben hatte.
    Noch während sie überlegte, ob Matt wohl auch aufgab, wenn sie sich nur still genug verhielten, wurde ihr klar, wie dumm dieser Gedanke war.
    Gwen folgte ihr ins Versteck, und beide legten ein Ohr an die Wand.
    Matt sprach. Er nannte sie und Gwen als Beschuldigte und wertete ihre Verbrechen als Verrat. Er ermutigte seine Generäle zu Fragen und Kommentaren.
    Wer waren diese Leute? Avery lauschte angestrengt. Alte Freunde, Nachbarn? Jemand, mit dem sie zusammen zur Schule gegangen war? Würden diese Leute noch Loyalität ihr gegenüber zeigen? Oder gar Reue?
    Gwen sah Avery an und schüttelte den Kopf, um anzudeuten, dass sie nicht verstand, was gesagt wurde.
    Avery ging es nicht besser, und sie presste das Ohr fester an die Wand. Matt antwortete etwas, das sie nicht verstehen konnte, und machte eine Pause, als lausche er einer weiteren Frage. Jetzt hörte sie ihn von seinem Vater reden, und ihm brach die Stimme.
    Buddy hatte nicht zu diesem inneren Kreis gehört, das war ihr vorhin klar geworden. Er hatte auch nicht die extremistische Ideologie seines Sohnes geteilt. Aber sie fragte sich, ob diese Generäle sich zurücklehnen und stumm seinen Mord akzeptieren würden.
    Falls das Schweigen ein Hinweis war, dann billigten sie das Handeln ihres Anführers. Was waren das bloß für Menschen? Wer hatte sie überzeugt, sich seinen kranken Zielen zu beugen?
    Avery zuckte zusammen, als

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