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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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Poltern.
    Nicht gut.
    Sie eilte in den nächsten Raum und blieb stehen.
    Der größte und struppigste Hund, den sie je gesehen hatte, versperrte ihr zähnefletschend den Weg. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle, und Avery blieb fast das Herz stehen.
    Sie wich zurück, als ein Wimmern hinter dem Hund ihre Aufmerksamkeit erregte. Auf einer Decke in der Ecke lag ein halbes Dutzend winselnder Welpen, die noch so jung waren, dass sie die Augen geschlossen hatten.
    „Ist schon okay, Mädchen“, beruhigte Avery die Hündin mit leiser Stimme. „Ich tue deinen Kleinen nichts.“
    Die Hündin neigte lauschend den Kopf zur Seite, offenbar abwägend, ob ihr zu trauen sei. Dann wandte sie sich ab und trottete zu ihren Jungen zurück. Sie legte sich auf die Seite, und die Kleinen begannen umherwuselnd nach ihren Zitzen zu suchen. Tief seufzend schlug die Hündin zufrieden einmal mit dem Schwanz, der so dick war wie ein Besenstiel, auf den Holzboden.
    Avery kam sich albern vor. Wieso hatte sie sich eingebildet, hier jemanden retten zu müssen? Sie wandte sich von der säugenden Hündin ab und sah sich um. Sauber, aber spartanisch, dachte sie. Ein behaglicher Mischmasch aus gebrauchten Möbeln unterschiedlicher Stile. Ein altertümliches Sofa mit einem Bezug, der vermutlich einmal hellgolden gewesen war, inzwischen aber senffarben aussah. Ein ramponierter Couchtisch und ein hübscher eierschalenfarbener Sessel.
    Vermutlich übrig geblieben aus den guten alten Tagen, Stücke, die Hunter nicht mehr verkaufen konnte.
    Sie drehte sich um. In der Ecke hinter ihr standen ein provisorischer Schreibtisch und ein Aktenschrank. Auf dem Schreibtisch thronte ein ausgeschalteter Computer, daneben lag ein dicker Stapel bedrucktes Papier.
    Neugierig trat sie näher. Ein Manuskript. Den Kopf leicht geneigt, las sie: Kehrtwende. Roman von Hunter Stevens.
    Hunter schrieb einen Roman? Warum hatten Matt oder Cherry das nicht erwähnt? Vielleicht wussten sie es nicht. Avery wusste, dass die beiden nicht viel mit Hunter redeten.
    „Komm nur herein!“ ertönte Hunters Stimme hinter ihr. „Fühl dich wie zu Hause.“
    Erschrocken fuhr Avery herum, die Hand an die Kehle gepresst. „Hunter!“
    „Du klingst so erstaunt, mich zu sehen. Hast du jemand anderes erwartet?“
    „Es ist nicht so, wie es aussieht. Ich wollte nicht …“ „Was? Einbrechen?“
    Mit geröteten Wangen entgegnete sie trotzig: „So war das nicht. Ich kann es erklären.“
    „Klar kannst du.“ Er ging an ihr vorbei, nahm das Manuskript und gab es in einen Aktenordner. Avery merkte, wie sorgfältig, ja ehrfürchtig er es behandelte.
    „Ich habe nur den Titel gelesen“, sagte sie leise. „Und ich habe nicht eingebrochen. Die Tür stand offen.“
    Er verschloss die Schublade, steckte den Schlüssel ein, drehte sich zu ihr um und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie achtlos von mir.“
    „Ich kam gerade vorbei und hörte ein Geräusch von drinnen. Ein Wimmern und dann ein Poltern. Als wäre jemand … gefallen. Ich dachte, du …“ Da er sie nur ungläubig ansah, fuhr sie erklärend fort: „Ich habe den Hund und die Welpen gehört, aber ich dachte, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte.“
    „Sarah?“ Er warf einen Blick auf die Hündin, die beim Klang ihres Namens einmal erfreut mit dem Schwanz auf den Boden schlug.
    „Siehst du“, sagte Avery, „genau das habe ich gehört.“
    Er lächelte überraschenderweise. „Du hast Recht, das ist ein beängstigendes Geräusch. Hast du gedacht, der Klabautermann wäre gekommen? Wollte die große mutige Avery mich retten?“
    Die plötzlich aufgehellte Miene erinnerte sie an den Jungen von früher, und sie erwiderte sein Lächeln. „Warum nicht? Hätte doch sein können. Ich habe immer Pfefferspray dabei. Außerdem erinnerst du dich vielleicht, dass ich schon in der High School nicht zu den Zimperlieschen gehört habe. ,Hunter, du bist so groß und stark’, imitierte sie spöttisch ihre ehemaligen Mitschülerinnen, ,ich wüsste nicht, was ich ohne deinen Schutz tun sollte.’“
    Er lachte. „Stimmt. Eine Zimperliese würde ich dich nicht nennen.“
    „Danke.“
    „Tut mir Leid, wegen neulich. Ich habe mich einfach blöd benommen.“
    „Genau genommen warst du ein ziemliches Ekel. Aber Entschuldigung akzeptiert.“
    Die Hündin erhob sich, schüttelte einen letzten gierigen Welpen ab, trottete zu Hunter und sah ihn bewundernd an. Er ging neben ihr in die Hocke und kraulte ihr die Ohren. Sie schien

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