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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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Springs als auch das Sheriff Department hatten ermittelt und den Wagen ihres Bruders wie auch die Umgebung nach Beweisen abgesucht. Sie hatten sein gemietetes Zimmer durchsucht, seine Mitbewohner befragt und seine letzten Tage rekonstruiert, ohne einen bestimmten Verdacht oder ein Motiv für sein Verschwinden zu entdecken.
    Ihr hatte man gesagt, er sei vermutlich Opfer eines zufälligen Gewaltaktes geworden und habe sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten. Immerhin hatten sie versprochen, die Akte nicht zu schließen, ehe sie konkret wussten, was ihm zugestoßen war.
    Gwen hatte jedoch eine andere Theorie zu seinem Verschwinden. Sie glaubte, dass seine Suche nach der Gruppe Die Sieben ihn das Leben gekostet hatte. Er war etwas oder jemandem zu nahe gekommen. Wenige Tage vor seinem Verschwinden hatte sie noch mit ihm gesprochen. Er hatte hier viel mehr entdeckt, als erwartet. Er vermutete, dass Die Sieben immer noch im Geheimen operierten. Er hatte einen wichtigen Kontakt hergestellt, und man wollte sich am folgenden Abend treffen.
    Gwen hatte ihn gebeten, vorsichtig zu sein.
    Das war das letzte Mal gewesen, dass sie seine Stimme gehört hatte. Und sie fürchtete, seine Stimme nie wieder zu hören.
    Obwohl seine Notizen nichts Belastendes verrieten, hatte sie keinen Zweifel, dass diese Kontaktperson ihn entweder in eine Falle gelockt oder ihn umgebracht hatte.
    Gwen presste die Handballen auf die Augen. Und wenn sie sich nun irrte? Ihre Therapeutin hatte angedeutet, dass sie vielleicht nur einen Sündenbock suchte, um einen sinnlosen Gewaltakt zu verstehen – um dem Chaos Ordnung zu geben.
    Müde vom Grübeln ließ sie die Hände sinken. Seit Toms Verschwinden war ihr Leben tatsächlich das reinste Chaos.
    Sie ging wieder ans Fenster. Seit Tagen befestigten städtische Bedienstete Lichterketten in den Bäumen. Heute Abend war offenbar Probe. Tausende Lichter erglühten und verwandelten den Stadtplatz in ein Märchenland.
    Es war unglaublich hübsch und malerisch. Ein Postkartenidyll, bewohnt von den nettesten Menschen, die ihr je begegnet waren.
    Das alles war Lüge, reine Illusion. Dieser Ort war kein idyllisches Paradies, und die Menschen waren keine Tugendschafe.
    Und das würde sie beweisen, ungeachtet der Folgen.

11. KAPITEL
    Gallaghers Beerdigungsinstitut befand sich in einem großen viktorianischen Haus an der Prospect Street. Die Gallaghers betrieben dieses Geschäft, solange Avery denken konnte. Sie war mit Danny zur Schule gegangen, und sie erinnerte sich, dass er einen Vortrag über Einbalsamierung gehalten hatte. Die Mädchen waren entsetzt gewesen und die Jungen fasziniert.
    Als größter Wildfang von Cypress Springs hatte sie es mit den Jungen gehalten.
    Danny nahm sie am Eingang im Empfang. Während der Schulzeit war er der reinste Ladykiller gewesen. Obwohl die Zeit Kinn und Taille etwas gerundet hatte, war er immer noch sehr attraktiv.
    Er nahm ihre Hände und küsste sie auf die Wange. „Alles in Ordnung mit dir?“
    „So gut, wie man es erwarten kann, glaube ich.“
    Stirnrunzelnd blickte er an ihr vorbei. „Du bist selbst gefahren?“
    „Allerdings.“ Obwohl ein halbes Dutzend Leute, inklusive Buddy und Matt, ihr angeboten hatte, sie heute Abend zu chauffieren, hatte sie abgelehnt, weil sie allein sein wollte. „Als Großstadtmensch bin ich an Selbstständigkeit gewöhnt“, hatte sie erwidert.
    Danny führte sie, ihre Antwort sichtlich missbilligend, ins Haus. „Wenn du etwas brauchst, lass es mich oder meine Angestellten wissen. Ich erwarte eine Menge Leute.“
    Innerhalb der nächsten zwanzig Minuten zeigte sich, dass seine Ankündigung gestimmt hatte. Fast die ganze Stadt zollte dem Verstorbenen Respekt: Nachbarn, Freunde, Bekannte. Avery wurde umarmt, und man sprach ihr das Beileid aus. Manche Leute erkannte sie sofort, andere erst nach einigen Hinweisen. Und immer wieder bestätigte man ihr, wie entsetzt man über den Tod des Vaters gewesen sei.
    Obwohl das Wort Selbstmord nicht fiel, hing es irgendwie im Raum und damit auch ein unausgesprochener Vorwurf. Zumindest empfand sie es so.
    Und wo warst du, als dein Vater so depressiv wurde, dass er sich selbst angezündet hat?
    Das Schlimme an dem auch von Hunter gemachten Vorwurf war, dass er berechtigt war. Und deshalb traf er sie.
    Die Minuten vergingen quälend langsam. Allmählich schien ihr die Decke auf den Kopf zu fallen. Ihr wurde schwindelig, und die Knie gaben nach. Die miteinander um Dominanz ringenden Düfte nach

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