Stadt, Land, Kuss
unter meiner gescheiterten Beziehung zu Mike litt. Und ich bin jetzt nicht hier, weil ich ihm dankbar dafür bin, dass er sich nach Cadburys Tod um mich gekümmert und sich bei Cheryl für mich eingesetzt hat. Auch nicht aus Schuldgefühl, da ich ins Haus gerannt bin, um Gloria aus dem Feuer zu retten.
Durch einen verschwommenen Nebel betrachte ich die langen, dunklen Wimpern, die sich auf seiner blassen Haut kräuseln. Der Grund, warum ich hier an seinem Bett sitze, ist, dass ich dabei bin, mich in ihn zu verlieben – und jetzt wird er nie erfahren, wie viel er mir bedeutet.
19
Kleine Wunder
Ich bin viel zu aufgeregt, um schlafen zu können. Das ist ja auch kein Wunder, bei allem, was passiert ist: Ich habe viel zu spät erkannt, dass ich mich in Alex verliebt habe, Emma ist wieder zurück, und ich sorge mich um die Tiere, die wir aus dem Feuer gerettet haben. Außerdem halten mich die sengenden Schmerzen in meinen Armen wach und die Panikattacken, die mich überkommen, wenn ich die Augen schließe, die Dunkelheit überhandnimmt und meine Gedanken sich mit Rauch und brüllenden Flammen füllen.
Am nächsten Morgen strecke ich beim Hinuntergehen die Hände aus. Sie zittern, und eine Hautschicht schält sich wie ein Papiertaschentuch von meinen Fingern ab.
»Ich dachte, der Arzt hätte gesagt, du solltest nicht arbeiten.« Emma gibt mir einen Kaffee und eine offene Kekspackung, als ich mich auf das Sofa im Personalraum sinken lasse. »Das hat zumindest Ben erzählt. Er hat auch gesagt, dass du ziemlich lange bei Alex Fox-Gifford gewesen bist.«
»Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«, frage ich, voller Angst, dass ich in den vergangenen Stunden etwas verpasst haben könnte, während ich wach lag und dem nächtlichen Knarren und Knacken des Hauses lauschte, als wälzte es sich, genau wie ich, unablässig hin und her, um endlich eine bequeme Stellung zu finden.
»Von Alex?« Emma schüttelt den Kopf. »Frances sagt, sie hätte mit Fifi gesprochen, die wiederum mit Sophia gesprochen hat – anscheinend gibt es keine Veränderung. «
»Oh.«
»Maz, wir müssen reden, wenn du dazu in der Lage bist.«
»Über die stationären Patienten?«
»Izzy und ich sind früher gekommen und haben sie alle versorgt. Es geht ihnen gut, sogar Ugli-dog und Raffles. « Emmas Miene ist ernst. Mir fällt auf, dass sie Früchtetee trinkt. Sie trinkt sonst nie Früchtetee. »Ich wollte dich nicht hängenlassen. Das war unverzeihlich.«
»Keine Sorge, ich habe dir schon verziehen …«
»Ich hatte in letzter Zeit ein paar Liquiditätsprobleme. «
»Hey, das ist mein Spruch«, unterbreche ich sie.
»Ja, den hast du während des Studiums ständig gebracht – ich weiß.« Emma lächelt flüchtig, wie die Sonne, die für einen kurzen Moment durch die Regenwolken dringt. »Wie auch immer … Ich dachte eigentlich, ich hätte alles geklärt. Ich dachte, die Einnahmen würden reichen, um wenigstens bis zu meiner Rückkehr die Rechnungen zu bezahlen.«
»Warum hast du denn nichts gesagt?«
»Ach, dafür gab es viele Gründe. Hauptsächlich meinen Stolz. Außerdem wollte ich dich nicht von vornherein abschrecken.« Emma trinkt einen Schluck Tee, rümpft angewidert die Nase und gießt ihn ins Becken. »Ich habe nicht einmal Ben davon erzählt, weil ich ihn nicht damit belasten wollte. Ich wollte nicht, dass er meine Praxis unterstützt. Wir haben schon genug für das Otter House geopfert – Zeit, die wir zusammen hätten verbringen können, unsere Ehe …« Sie wendet sich mir zu. »Aber jetzt ist zwischen uns wieder alles in Ordnung. Wir haben diese Auszeit gebraucht. Und ich habe gemerkt, was oberste Priorität bei mir haben sollte.«
»Ich verstehe nicht … Wenn du von der Praxis erzählt hast, hörte es sich immer so an, als wäre sie ein großer Erfolg.«
»Das war wohl typisch Frau. Ich wollte beweisen, dass ich es allein schaffe.« Sie lässt die Schultern sinken. »Auch wenn das Ergebnis zeigt, dass ich es offensichtlich nicht kann.«
»Red keinen Unsinn – was du auf die Beine gestellt hast, ist beeindruckend.«
»Aber es hat nur dazu geführt, dass ich so kurz davor war«, sie hält Daumen und Zeigefinger dicht aneinander, »das Allerwichtigste in meinem Leben zu verlieren – meine Ehe. Ich bin so froh, dass ich Ben habe. Er hat während der ganzen Zeit, als ich mich wegen dieser Schwangerschaft verrückt gemacht habe, zu mir gehalten. Sogar wenn ich mich wie eine launische alte Kuh benommen habe, was eigentlich
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