Stadt, Land, Kuss
das OP-Besteck sauber machen.«
Als wir zurückfahren, ist es dunkel.
»Wieso hast du es dir anders überlegt, Maz?«, fragt Alex, und seine Stimme ist wie ein zärtliches Streicheln.
»Dafür gab es viele Gründe. Vor allem Glorias Beerdigung. Mir ist klar geworden, wie sehr ich alle hier vermissen würde. Wie sehr ich Emma vermissen würde … und dich.«
Vor der Kurve bei der alten Brücke schaltet Alex einen Gang zurück, und seine Hand streift mein Bein. Das Auto vibriert. Mein Herz beginnt voller Vorfreude zu klopfen.
Bei unserer Ankunft im Herrenhaus bellen die Hunde einmal kurz auf und verstummen gleich wieder. Im Stall wiehert ein Pferd.
»Das ist Liberty.« Alex öffnet die Fahrertür und springt hinaus. »Willst du die ganze Nacht da drinbleiben?«, fügt er ungeduldig hinzu, und ich steige ebenfalls aus. Als ich auf ihn zugehe, wiehert Liberty erneut.
»Hallo, meine Schöne«, ruft Alex zurück.
»Wie geht es ihr?« Ich folge ihm zu Libertys Box, woraufhin eine Lampe angeht, die die gesamte Boxenreihe beleuchtet.
»Bestens.« Er nimmt ein Pfefferminzbonbon aus der Tasche und gibt es ihr. Dann streichelt er ihren Hals. »Ich gebe ihr den Winter über Zeit, sich zu erholen, und fange im Frühjahr wieder mit dem Training an.« Er sieht mich an. »Meine Eltern haben gesagt, du kannst nicht reiten.«
Ich kichere, als ich an die Reaktion von Alex’ Eltern bei der Landwirtschaftsschau zurückdenke. »Sie waren entsetzt.«
»Ich kann es dir irgendwann beibringen, wenn du willst.«
Ich weiß nicht, ob ich mich in der Nähe eines so großen Pferdes wirklich wohlfühlen würde, aber der Gedanke an Alex in seinen Reithosen … Da würde ich nicht nein sagen. Ich sage auch nicht nein. Ich sage gar nichts, als Alex meine Hand nimmt und mich vom Stall wegführt, weg vom Auto, hinein in den Schatten vor der Scheune.
»Was ist mit dem OP-Besteck?«
»Das kann warten. Ich will keine Zeit mehr verschwenden …« Er senkt die Stimme zu einem Flüstern, das leise Schauer der Vorfreude über meinen Rücken jagt, »… Zeit, die ich mit dir verbringen könnte.«
»Oh Alex.«
»Seit dem Brand …« Er stockt, und mir wird bewusst, dass wir nicht ein einziges Mal darüber geredet haben, was in jener Nacht, als Buttercross Cottage in Flammen aufging, passiert ist. »Seit dem Brand«, beginnt er aufs Neue, »versuche ich, jede Sekunde meines Lebens bewusst auszukosten. Ich weiß noch, wie die Dachbalken einstürzten und ich dachte, dass ich es nicht mehr nach draußen schaffen würde.«
Ich öffne den Mund. Er legt einen Finger auf meine Lippen.
»Pst«, flüstert er. »Du dachtest an Gloria. Und ich hätte dir ja nicht zu folgen brauchen.« Er lässt die Fingerspitze über mein Kinn und weiter meinen Hals hinabgleiten, bis er dicht über der Mulde zwischen meinen Brüsten innehält. »Maz … Können wir noch einmal von vorn anfangen?«
»Unbedingt.« Ich hebe die Hand und ziehe ihn zu mir herunter, bis sich unsere Lippen berühren. Ich bin überglücklich, und mir wird klar, dass ich endlich gefunden habe, wonach ich so lange gesucht habe. Und zwar hier auf dem Land, in diesem verschlafenen Marktflecken, in den Armen von Alex Fox-Gifford.
Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel
»Trust Me, I’m a Vet« bei Arrow Books, William Heinemann,
The Random House Group Limited, London.
1. Auflage
Deutsche Erstausgabe März 2011 bei Blanvalet,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München.
Copyright © 2010 by Cathy Woodman
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011 by
Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe
Random House GmbH
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur
Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen
Umschlaggestaltung: HildenDesign, München,
unter Verwendung von Motiven von anouchka / iStockphoto;
Dodeskaden / iStockphoto; Michaela Stejskalova / shutterstock
Redaktion: Anita Hirtreiter
NB ∙ Herstellung: sam
Satz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, München
eISBN 978-3-641-04618-7
www.blanvalet.de
www.randomhouse.de
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