Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
hatte, dann bedeutete das ein ernstes Problem. Es war eine Spur, die man zurückverfolgen konnte, eine Spur, die er am Tatort zurückgelassen hatte.
»Tatort!«, schnaubte Lucas laut, während er sich Whisky in ein Glas schüttete. So würden es die verdammten Bullen nennen, wenn sie die Leiche schließlich fanden. Was früher oder später der Fall sein würde. Je später, desto besser. Doch es war zu viel gehofft, dass die Leiche niemals entdeckt werden würde. Ein paar verrückte Minuten lang, am Straßenrand bei diesem Feld, hatte er sich erlaubt, optimistisch zu sein. Doch er war Realist. Früher oder später würde jemand zu der Farm gehen. Früher oder später würde jemand die Leiche finden.
Er würde sich selbst um den Kratzer kümmern müssen. Er konnte den Wagen nicht zur gewohnten Werkstatt bringen, um den Schaden beheben zu lassen. Sie kannten ihn dort, und sie würden sich an ihn erinnern. Auch diese Beulendoktoren konnte er nicht anrufen, die zu einem nach Hause kamen und kleinere Kratzer reparierten. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als es selbst zu tun. Verdammt, als Teenager hatte er eine ganze Reihe alter Karren zurechtgemacht. Er würde sich gleich am nächsten Morgen an die Arbeit begeben. Sie würden ihm nicht auf die Spur kommen – nicht, wenn er ordentliche Arbeit leistete und den Wagen richtig säuberte und die Lackstelle reparierte. Warum zum Teufel sollten sie überhaupt? Allerdings, wenn der andere redete … das war eine Sache, um die er sich noch heute Abend kümmern musste. Anders als der Lackschaden am Spiegel duldete diese Sache keinen Aufschub bis zum nächsten Morgen.
Er ging, das Glas in der Hand, nach draußen in die Küche. Lucas kochte nicht selbst, abgesehen von getoastetem Weißbrot zum Frühstück. Er ließ sich das Essen entweder von einem Lieferservice bringen, oder er ging selbst in ein Restaurant. An diesem Abend jedoch wollte er keine anderen Menschen sehen, weil er aufgeregt war und befürchtete, jemand könnte es bemerken. Und hungrig war er eigentlich auch nicht. Im Gegenteil, ihm war übel. Vielleicht sollte er doch etwas essen.
Er suchte fruchtlos in den mehr oder weniger leeren Schränken, die kaum mehr enthielten als die baren Notwendigkeiten für sein Frühstück: Marmelade, Kaffee und Tee, ein altes geöffnetes Paket Zucker, eine zur Hälfte aufgegessene Packung Cornflakes und aus irgendeinem Grund eine Dose Sardinen. Sein Kühlschrank war leer bis auf Butter und Milch und ein halbes Dutzend Dosen Bier. Warum zum Teufel hatte er keinen Käse im Haus? Jeder hatte Käse in seinem Kühlschrank, nur er nicht.
Zum ersten Mal dämmerte ihm – und es kam wie ein richtiger Schock –, wie erbärmlich dieses Sammelsurium aus Nahrungsvorräten erscheinen musste. Er hatte sich immer für einen Mann gehalten, der sich nichts aus einem häuslichen Leben machte. Und jetzt hatte er die plötzliche, höchst unwillkommene Vision von sich als einem alternden Junggesellen, ohne Familie, ohne Frau oder Partnerin, ohne irgendjemanden, der einen Dreck auf ihn gab. Nicht einmal seine Gespielinnen. Er war ihnen egal. Früher einmal war ihm dieses Fehlen jeglicher Verpflichtung als Freiheit erschienen.
Jetzt ließ es ihn – war das möglich? – aussehen wie einen Verlierer.
Er schob den Gedanken von sich. Er war nicht er selbst – wer zum Teufel war das schon, nachdem er über eine Leiche gestolpert war?
Schließlich förderte er eine Packung Schokoladenkekse zutage, die seine Putzfrau wohl im Schrank deponiert hatte für ihre endlosen Teepausen. Sie kam dreimal die Woche und hatte kaum etwas zu tun. Glücklicherweise war sie erst am Montag wieder an der Reihe. Vielleicht hatte sie die Sardinen gekauft. Auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, warum.
Lucas kippte den Whisky hinunter, machte sich einen großen Becher Kaffee und zog sich damit und mit den Keksen in sein Arbeitszimmer zurück, um sein weiteres Vorgehen zu planen. Er brauchte einen klaren Kopf, um nachdenken zu können.
Jetzt fühlte er sich wieder halbwegs normal, und er war bereit, sich mit der Person in Verbindung zu setzen, die er eigentlich hatte treffen wollen – das Treffen, das er so urplötzlich hatte absagen müssen. Diese Geschäftsbeziehung war definitiv vorbei. Der andere würde vielleicht zuerst nicht der gleichen Meinung sein, doch er würde es einsehen, dafür würde Lucas schon sorgen. Abgesehen davon – je länger er darüber nachdachte, desto mehr störte ihn der scheinbare
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