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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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ist, dass wir nur durch ein paar Schritte und den Stuck und die Backsteine ihres Hauses voneinander getrennt sind, erfüllt mich mit einer nervösen Energie, die mich ganz zappelig macht. Das Haus ist dunkel, aber hinter den Rollos in einem der Zimmer im ersten Stock ist ein schwacher Schimmer zu sehen. Carlys Schlafzimmer. Sie liegt zusammengerollt im Bett, liest ein Buch oder sieht fern. Was könnte sie sich wohl ansehen? 60 Minuten ? Die Nachrichten? Oder vielleicht etwas, bei dem man nicht mitdenken muss, wie Dawson's Creek oder eine Seinfeld -Wiederholung? Ich frage mich, wie sie jetzt wohl aussieht. Ich fahre langsam an und wende in drei Zügen, um in die Richtung zurückzufahren, aus der wir gekommen sind.
    Ein paar Blocks bevor wir Waynes Haus erreichen, höre ich, wie sich sein Atem auf einmal verändert, und als ich mich zu ihm umwende, sehe ich, dass er aus dem Fenster starrt und leise weint. Ich sehe wieder auf die Straße, komme mir wie ein Eindringling vor. Er macht den Mund auf, als wollte er etwas sagen, aber das Einzige, was kommt, ist eine Reihe heftiger, schmerzerfüllter Schluchzer, die seine gebrechliche Gestalt erschüttern, und er unternimmt keine Anstrengung, die schockierend hartnäckigen Tränen beiseite zu wischen, die ihm in Zeitlupe übers Gesicht rinnen. »Ich weiß«, sage ich hilflos und strecke eine Hand aus, um seinen knochigen, zitternden Arm zu tätscheln. »Ich weiß, Mann.« Eine ironische Wortwahl für jemanden, der keine Ahnung hat. Im Schimmer der in regelmäßigen Abständen vorbeihuschenden Straßenlaternen sehe ich Waynes Gesicht, vor Schmerz völlig verzerrt, die Augen qualvoll brennend hinter dem Wasserfall von Tränen, das Gesicht eines traurigen kleinen Jungen. So fahren wir eine Weile durch die Gegend, durch die dunklen, stillen Straßen von Falls, ohne auf Straßenschilder oder die Richtung zu achten, bis sein Weinen allmählich nachlässt. »Es ist so ätzend«, sagt er heiser zu mir, während die Worte darum kämpfen, in seinen kurzen, keuchenden Atemzügen Halt zu finden. »Es ist so ätzend, das glaubst du gar nicht.« Ich nicke stumm, die Hand noch immer auf seinem Oberarm. Nach ein paar Minuten schließt er die Augen und fällt in einen unruhigen Schlaf. Ich fahre ziellos durch die Gegend, während er schläft, hypnotisiert vom rhythmischen Rumpeln meiner Reifen auf der Straße. Nach etwa einer Stunde nehme zum ersten Mal die fremdartige Gegend wahr, die sich vor mir erstreckt, und mir wird bewusst, dass ich die Stadtgrenze überquert habe und nicht mehr in Bush Falls bin. Als wäre ich der Ansicht, wie ich es im Wesentlichen siebzehn Jahre zuvor auch gedacht habe, dass Flucht tatsächlich eine durchführbare Option sei.

    Ich schließe Waynes Elternhaus mit Schlüsseln auf, die ich in seiner Jackentasche finde, und trage ihn leise die Treppe hoch zu seinem Zimmer. Er kommt mir entsetzlich leicht vor, fast hohl, wie er in meinen Armen schläft, und für eine Sekunde sehe ich das Virus vor meinem geistigen Auge, ein rosarotes, behaartes, feistes Ding in ihm, das pulsierend Ektoplasma ausstößt, während es ihn von innen zerfrisst. Ich lege ihn auf sein Bett, ziehe ihm die Jacke aus und wickele ihn in die Baumwollsteppdecke, die zusammengefaltet über dem Fußende seines Bettes liegt.
    Auf einem kleinen Klapptisch neben seinem Bett sehe ich eine umfangreiche Sammlung rezeptpflichtiger Arzneimittel und einen Krug mit Eiswasser, in dem die Eiswürfel bereits halb geschmolzen sind. Unter dem Tisch steht ein Sauerstoffbehälter mit einer Atemmaske, und auf der anderen Seite des Bettes brummt ein riesiger Luftreiniger. Abgesehen von diesen traurigen Ergänzungen sieht Waynes Zimmer im Wesentlichen noch immer so aus, wie ich es von der Highschool in Erinnerung habe. Ich entdecke zwei Exemplare von Bush Falls in seinem Bücherschrank, und ich habe eben eines aus dem Regal gezogen, als seine Mutter im Morgenmantel in der Tür auftaucht. Es ist weit nach ein Uhr morgens, aber sie sieht nicht so aus, als ob sie geschlafen hätte. Ich erinnere mich, dass Wayne mir einmal erzählt hat, seine Mutter würde jede Nacht bis in die frühen Morgenstunden in der Bibel lesen.
    »Wer ist da?«, flüstert sie. Ihr graues Haar ist zu einem strengen Dutt zusammengebunden, und sie kräuselt die dünnen, farblosen Lippen, während sie in die Dunkelheit schielt.
    »Ich bin's nur, Mrs. Hargrove. Joe.«
    »Joseph Goffman?«, sagt sie und tritt ins Zimmer. »Was in aller Welt... ?«
    »Ich

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