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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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von der Zeit und den verschiedenen anderen Elementen, die uns auseinander gerissen haben.
    Heftpflaster werden am besten von jemand anderem aufgeklebt. Es kommt mir jedes Mal Mitleid erregend vor, wenn ich diese weißen Plastikstreifen selbst abziehe, als würde es die Tatsache unterstreichen, dass es auf der ganzen Welt niemanden gibt, der das für mich tut. Mit einem Seufzer beuge ich mich zu dem Spiegel vor, um mir das Heftpflaster auf den Schädel zu drücken, als mir irgendetwas, was sich hinter mir spiegelt, ins Auge springt. In der Ecke des Spiegels sehe ich die halb geschlossene Schlafzimmertür meines Vaters, und an ihrer Rückseite hängt ein gerahmtes Poster. Ich wende mich um und sehe zu meiner großen Überraschung, dass es das Filmplakat für Bush Falls vom letzten Jahr ist. Die Illustration zeigt in einiger Entfernung einen Swimmingpool, umrahmt von den gespreizten nackten Beinen und dem mit einem Bikini bekleideten Gesäß einer Frau, die mit dem Rücken zur Kamera steht. Hüfttief im Wasser zwischen diesen Beinen steht ein männlicher Teenager, der mit übertriebenem, begriffsstutzigem Staunen zu der unsichtbaren Oberhälfte der Frau hochstarrt. Unter dem Foto stehen in breiter weißer Schrift die Worte BUSH FALLS, gefolgt von der lächerlichen Unterzeile DER SOMMER WURDE NOCH EIN BISSCHEN HEISSER. Owen lachte gute zehn Minuten hemmungslos, als er das Plakat das erste Mal sah.
    »Oh, mein Gott!«, rief er theatralisch mit dem gekünstelten Südstaatenakzent, mit dem er bei Anlässen dieser Art immer aufwartet. »Das ist einfach zu köstlich!«
    »Es ist stillos«, beklagte ich mich, verärgert über seine herablassende Art.
    »Köstlich stillos«, verbesserte er mich und brach dann wieder aus vollem Hals in einen Lachkrampf aus. Ich war etwas weniger amüsiert und fragte mich, was Lucy Haber wohl denken würde, wenn sie dieses Poster sah.
    Und hier hängt es nun unerklärlicherweise im Schlafzimmer meines Vaters. Ich starre es gebannt an, als könnte ich durch eine forensische Analyse die Bedeutung seiner Gegenwart irgendwie entdecken. Warum hängt ein Vater das Plakat eines Films auf, der nach dem Roman seines Sohnes entstanden ist? Die einzige Antwort, die mir einfällt, so verblüffend sie auch scheint, ist Stolz. Mein Vater war stolz auf mich. Die Stadt war in Aufruhr wegen des Buchs, als es erschien, die lokalen Zeitungen gefüllt-mit empörten Leitartikeln und defensiven Dementis von allen, die in den geschilderten Ereignissen vorkamen. Als zwei Jahre später der Film anlief, schürten dutzende von Nachrichtenmagazinen und Boulevardblättern das Spektakel von neuem, indem sie in Scharen einfielen, um Storys über die Stadt zu bringen und die Leute hinter den verzerrten Figuren des Films aufzuspüren. Ich wurde von jedem, der es schaffte, mit einem Reporter zu sprechen, böse verspottet. Sheriff Muser versuchte sogar, eine Sammelklage gegen mich anzustrengen. Und inmitten all dieser Furore beschloss mein Vater, mit dem ich seit zehn Jahren kaum ein Wort gewechselt hatte, das Filmplakat zu rahmen und in seinem Schlafzimmer aufzuhängen, wo er es jeden Abend, wenn er ins Bett stieg, sehen konnte.
    Mit wachsender Besorgnis laufe ich nach unten in die Wohnzimmernische meines Vaters. Und da, neben dem Trophäenschrank und den gerahmten Basketballauszeichnungen, sowohl seinen als auch Brads, steht ein Bücherschrank mit Glastüren, in dem ich fünfzehn Hardcover-Exemplare von Bush Falls und dann noch rund zwanzig Taschenbuchausgaben mit dem Filmplakat auf dem Titel entdecke. Oben auf dem Bücherschrank liegt ein breites, flaches Buch, das sich als Sammelalbum erweist, wie es in Schreibwarengeschäften verkauft wird. Der Einband knackt laut, als ich es mit zitternden Händen aufklappe. Auf jeder Seite, sorgfältig in der Mitte platziert und unter den Plastikschutzhüllen eingeklebt, befindet sich eine umfangreiche Ansammlung von Besprechungen von Bush Falls , alles von der New York Times über Entertainment Weekly bis hin zu The Minuteman und ein paar anderen regionalen Zeitungen. Links oben in der Ecke einer der Besprechungen bemerke ich einen kleinen Stempelaufdruck, auf dem steht: »VMT Medienservice.« Er hat tatsächlich ein Zeitungsausschnittbüro angeheuert, um meine Presse zu verfolgen. Meine Beine werden zu Gummi, und ich lasse mich auf die kleine Couch an der Wand fallen, das Sammelalbum noch immer in meinen Händen. Die Couch riecht nach dem Aftershave und dem Pfeifentabak meines Vaters.

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