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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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ziemlich ins Schwarze getroffen«, sage ich schließlich.
    »Ich würde mich freuen, wenn du etwas weniger überrascht klingen würdest«, sagt Owen. »Ich bin nicht umsonst vermutlich der klügste und klarsichtigste Mensch, den du kennst, und zwar ohne jede Ausnahme.«
    »Danke. Was könnte ich mehr verlangen?«
    »Drogen«, sagt Owen. »Wenn ich welche verschreiben könnte, also das fände ich wirklich toll.«

21
    Die Nacht fällt rasch in Falls, wo die Straßenlaternen auf ein Minimum begrenzt sind und nur eingesetzt werden, um wichtige Straßenkreuzungen zu beleuchten. Als ich nach dem Gespräch mit Owen vors Haus trete, ist es draußen' dunkel. Das matte Licht, das von den Veranden und Gartenlaternen schimmert, drückt kaum eine Delle in das dicke Leichentuch der Vorstadtnacht. Irgendwo in der Nähe heult ein Hund fragend einen von grauen Wolken verhangenen Mond an, und in der Ferne hört man das schwache Geräusch eines Wagens, der die Stratfield Road hinunterjagt. Etwa zehn Bücher liegen willkürlich auf dem Rasen verstreut vor dem Haus, nachdem sich offenbar herumgesprochen hat, was man mit seinem gebrauchten Exemplar von Bush Falls tun soll.
    Jared sitzt auf den Stufen und liest im matten Schimmer des Verandalichts eine zerfledderte Taschenbuchausgabe von Die Sirenen des Titan. Er sieht auf, als ich nach draußen komme, und grinst. »Hey, Onkel Joe.« Das Onkel-Ding klingt in meinen Ohren immer noch misstönend, wie ein Wort, das ständig wiederholt wird, bis es jede Bedeutung verloren hat.
    »Gehst du eigentlich je nach Hause?«, sage ich.
    »In letzter Zeit nicht.« Er kräuselt missbilligend die Lippen.
    »Magst du Vonnegut?« Ich setze mich neben ihn, und meine Ankunft vertreibt für einen Augenblick die Ansammlung von Motten und Moskitos, die in wilden Kreisen das Verandalicht über uns umschwirren. Wir verbringen beide ein paar Sekunden damit, auf sie einzuschlagen, bis sich die Überlebenden schließlich unter der nackten Glühlampe neu zu einer hektischen Versammlung zusammenfinden, um ihren Schlachtplan zu überdenken und Optionen zu erörtern.
    »Er ist nicht schlecht«, sagt Jared. »Für die Schule musste ich Schlachthof 5 lesen, und dann bin ich irgendwie bei ihm hängen geblieben.«
    , Ich nehme ihm das Buch aus der Hand und blättere flüchtig darin, bis ich schließlich bei der schrulligen Vorbemerkung des Autors innehalte. Alle Personen, Orte und Ereignisse in diesem Buch sind echt, steht da. Keine Namen wurden verändert, um die Unschuldigen zu schützen, da Gott der Allmächtige die Unschuldigen im Rahmen himmlischer Routine schützt. Da hat sich Vonnegut getäuscht, denke ich. Nur für die Schuldigen müssen Namen geändert werden.
    Ich gebe Jared das Buch zurück, der es sich lässig in seine Gesäßtasche steckt. Er trägt weit geschnittene schwarze Jeans und einen grauen Jerseypullover, der locker über seiner schlaksigen Gestalt hängt.
    »Wohin gehst du?«, fragt er mich.
    »Nirgendshin, eigentlich«, sage ich. Ich hatte vor, bald Carly anzurufen, aber ich bin noch immer etwas benommen von meinem kleineren Zusammenbruch und Owens anschließender fernübertragener Seelenanalyse. Ich brauche noch etwas Zeit, um mich zu sammeln, bevor ich versuchen kann, ihr gegenüberzutreten.
    »Du siehst aus, als könntest du ein bisschen Spaß vertragen«, sagt er und steht auf. »Willst du mit auf eine Spritztour kommen?«
    »Wohin?«
    »Überraschung.«
    Ich betrachte meinen Neffen einen Augenblick lang, lausche auf die dreistimmige Harmonie der Grillen und atme die kühle Nachtluft tief in mich ein. »Warum nicht.« Ich stemme mich hoch, um ihm zu folgen. Dinge scheinen mir einfach zuzustoßen und eine sanfte Eigendynamik zu entwickeln. Meinen Willen aufzugeben und die Haltung eines sorglosen Reisenden anzunehmen kommt mir auf einmal richtig vor, ist genau genommen eine Erleichterung.
    »Cool«, sagt Jared. »Wir sollten vielleicht besser deinen Wagen nehmen.«
    »Du hast einen Wagen?«
    »Nö. Deswegen sollten wir ja besser deinen nehmen.« Er wirft mir sein typisches Grinsen zu und schlurft lässig zu dem Mercedes hinüber, wobei er sich beim Gehen das Haar aus dem Gesicht streicht und hinter die Ohren steckt. Ich beschließe darüber hinwegzusehen, dass ich vor allem deswegen - und wohin auch immer - eingeladen wurde, weil ich motorisiert bin. Als er den Wagen erreicht, nimmt er sich einen Augenblick Zeit, um die entstellte Tür und das eingetretene Rücklicht zu begutachten, wobei er

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