Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
sie wieder ihn ansah.
»Warum hast du das gemacht?« fragte er.
»Ich hab nachgedacht, ob ich mein Paris-Match- T-Shirtanhabe.«
Er gluckste leise. »Ich meine nicht deine Sachen. Du hast … irgendwie … ein gewisses Flair. Ach, vergiß es.«
»Bist du denn von hier?«
»Klar. Dritter Trockner von rechts.«
»Ach, Mensch!«
»Ich weiß, daß er nicht nach viel aussieht, aber innen drin ist es recht hübsch. Kristallüster, Velourstapeten, Armstrong-Linoleum … Wo ist deine Wohnung?«
»Im Marina.«
»Ganz hier in der Nähe, was?«
»Ja.«
»Wie schnell können wir dort sein?«
»Ich glaub nicht, daß … In fünf Minuten.«
»Was glaubst du nicht?«
»Vergiß es.«
»Schön. Sollen wir?«
»Halt, ich weiß noch nicht mal, wie du heißt.«
»Natürlich. Wie dumm. Ich heiße Brian Hawkins.«
Sie ergriff seine Hand und schüttelte sie einigermaßen förmlich.
»Ich bin Connie Bradshaw. Von den Friendly Skies of United.«
Darf man schon gratulieren?
Auf dem Boden rund um Connies Bett lagen die Gestalten ver streut, die es sonst tagsüber bevölkerten: ein eineinhalb Meter großer Plüschsnoopy, ein hellgrüner Sitzsackfrosch, eine Frotteepython mit beweglichen Augen (vergib ihr, Sigmund Freud, dachte Brian) und dazu ein kastanienbraunes Kissen mit der Aufschrift: SCHOOL SPIRIT DAY, CENTRAL HIGH, 1967.
Brian saß gegen das Kopfbrett gelehnt im Bett. »Stört es dich, wenn ich rauche?«
»Nein, nein.«
Er gluckste. »Das ist doch purer New Wave, findest du nicht auch?«
»Was?«
»Na ja … daß die beiden hinterher noch im Bett liegen und … Ach, es hat nichts zu sagen.«
»Ganz richtig.«
»Willst du, daß ich gehe?«
»Hab ich das gesagt, Byron?«
»Brian.«
»Wenn du willst, kannst du gehen.«
»Bist du sauer oder so?«
Schweigen.
»Ach, mir scheint, Gnädigste sind sauer.«
»Oh … du bist ja so klug, was?«
»Störst du dich an meinem Verstand?«
Schweigen.
»Sieh mal, Bonnie …«
»Connie.«
»Dann sind wir jetzt quitt. Sieh mal … wenn du willst, nehm ich die Schuld auf mich. Ich bin die Liberalität in Person. Du brauchst nur eine Glocke zu läuten, und schon fängt bei mir der Speichel zu laufen an. Ich züchtige mich dann selbst und trage wochenlang an meiner Schuld. Aber sag mir erst mal, was ich angestellt habe, ja?«
Sie drehte sich auf die andere Seite und ging in Embryonalstellung. »Wenn du’s nicht von selber weißt, hat es keinen Sinn, darüber zu reden.«
»Bonnie! Connie!«
»Springst du mit allen deinen Bettgefährtinnen so um?«
»Wie denn?«
»Ficken, spritzen, danke sagen!«
»Na, du gehst ja hart zur Sache.«
»Du hast mich gefragt.«
»Ja, das hab ich.«
»Ich glaub nicht, daß es abnormal ist, wenn man ein bißchen Zärtlichkeit möchte.«
»›She may be weary, women do get weary …‹«
»Hör auf damit und …!«
»›Wearin’ the same shabby dress …‹«
»Du bist ein echtes Arschloch, ist dir das klar? Man kann dich wirklich nur … bedauern! Du hast ungefähr so viel Gefühl wie … Ach, ist ja auch egal!«
»Gut gesprochen.«
»Verpiß dich, du Sack!«
Connie saß inzwischen an ihrer Frisierkommode im französischen Rustikalstil und bürstete sich wie besessen die Haare. »Entschuldige«, sagte Brian. »Sind wir wieder gut?«
»Weshalb solltest du dich entschuldigen? Wir kennen uns doch nicht einmal.«
»Du hast mir immerhin was von deinem Weichspüler gegeben.
Bedeutet das gar nichts für dich?«
»Doch. Das Ende eines schrecklichen Tages.«
»Mein Gott. Was ist dir denn sonst noch passiert?«
»Nichts. Rein gar nichts.«
»Und was hast du dann?«
»Geburtstag, du Affe!«
Er hielt sie in den Armen, bis sie zu weinen aufhörte, und wischte ihr danach mit einem Zipfel ihres geblümten hawaiianischen Wickelrocks die Tränen aus dem Gesicht.
»Ich habe Hunger«, sagte er. »Wie sieht’s bei dir aus?«
Sie gab keine Antwort und blieb wie eine kaputte Barbiepuppe auf der Bettkante sitzen. Brian ging in die Küche.
Ein paar Minuten später trug er mit aufgesetzter Feierlichkeit eine blecherne Quicheform herein. »Findest du nicht auch, daß die Bäckereien in North Beach ihr Geschäft verstehen?« sagte er.
Auf der Spitze eines dreistöckigen Sandwichs mit Erdnußbutter und Marmelade erstrahlten vier überlange Streichhölzer in festlichem Glanz.
»Du darfst dir was wünschen«, sagte er. »Aber mach keine dummen Sprüche!«
Mrs. Day in ihrem Heim
DeDe war auf hundertachtzig. Es war schon später
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