Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
verhalten wie die Miss Peninsula Virgin von 1969.
Sie kramte ihr Adreßbuch heraus und suchte nach Splinter Rileys Nummer.
Splinter mit den breiten Schultern und dem Schmelz im Blick. Splinter, der sie in einer lauen Nacht auf Belvedere Island (1970? 1971?) angefleht hatte, mit ihm zum Bootshaus der Mallards zu gehen, wo er sich dann an ihrem Oscar-de-la-Renta-Kleid verging und sich mit befriedigender Gründlichkeit sein männliches Vergnügen holte.
Mein Gott! Sie hatte kein Fitzelchen davon vergessen. Die Duftmischung aus Schweiß und Chanel for Men. Die feuchten Planken, über die ihr Hintern damals schrappte. Die entfernten Klänge von Walt Tollesons Combo, die oben auf dem Hügel »Close to You« spielte.
Ihre Hand zitterte, als sie wählte.
Bitte mach, sandte sie ein Stoßgebet gen Himmel, daß Oona nicht zu Hause ist.
Die Wan-Tan-Connection
Gott sei Dank hob Splinter ab.
»Hallo?«
»Hallo, Splint.«
»Wer ist dran, bitte?«
»Hier hast du einen Hinweis: ›Sittin’ on the dock of the bay, wastin’ tiiiiime …‹«
»DeDe?«
»Ich war mir sicher, daß ich damit bei dir was auslösen würde.« Ihr Ton war verlockend, aber damenhaft, wie sie meinte.
»Wie schön, mal wieder von dir zu hören. Was treibt ihr beide denn so, Beauchamp und du?«
»Nicht viel. Beauchamp ist mit den Guardsmen weg.«
»Mist! Habe ich ein Treffen verpaßt?«
»Was?«
»Beauchamp und ich sind im selben Ausschuß. Die ziehen mir die Haut ab, wenn ich …«
»Vielleicht hat es auch gar nichts mit den Guardsmen zu tun, Splint … wenn ich es mir recht überlege.« Nun, das war die Antwort darauf.
»Hoffentlich hast du recht. Aber, was kann ich für dich tun?«
»Ich erinnere mich an Zeiten, da konnte ich etwas für dich tun.«
Schweigen.
»Beauchamp kommt erst heute abend zurück, Splint.«
»DeDe …«
»Keine Bedingungen.«
»Ich glaube nicht, daß …«
»Ist Oona da? Bist du deshalb so zögerlich?«
»Nein. DeDe, hör mal … ich fühle mich ungeheuer geschmeichelt, das schwöre ich dir …«
»Keine emotionalen Verwicklungen. Ich habe mich sehr verändert, Splint.«
»Ich mich auch.«
»Was hätte sich bei dir großartig verändern können?«
»Ich liebe Oona.«
Sie legte einfach auf.
Fast im gleichen Augenblick hob DeDe auch schon wieder ab und rief in Jiffy’s Market an. Sie bestellte zwei Liter Milch, eine Packung Familia und ein paar Bananen. Cornflakes hatten etwas sehr Tröstliches. Sie konnte dann immer an ihre Kindheit auf Halcyon Hill denken.
Der Botenjunge kam eine Viertelstunde später.
DeDe kannte ihn. Es war Lionel Wong, ein muskulöser Achtzehnjähriger, der schwer auf dem Bruce-Lee-Trip war.
»Soll ich’s in die Küche stellen, Mrs. Day?«
»Ja bitte, Lionel. Ich hol gleich mein Portemonnaie aus dem Schlafzimmer.«
»Nicht nötig, Mrs. Day. Wir können es auf Ihre Rechnung setzen.«
»Nein … ich möchte dich für deine Mühe belohnen.«
Sie ging ins Schlafzimmer und kam mit einem Dollarschein zurück.
»Vielen Dank.«
DeDe lächelte. »Hast du dir die Ausstellung im de Young angesehen?«
»Was?«
»Die Ausstellung über die Volksrepublik. Sie ist phantastisch, Lionel. Du solltest wirklich stolz sein auf dein Volk.«
»Ja, Ma’am.«
»Wirklich phantastisch. Dieser Kulturkreis ist einfach toll.«
»Ja.«
»Möchtest du was trinken, Lionel? Aber ich habe weder Cola noch Pepsi im Haus. Wie wär’s mit einem Bitter Lemon?«
»Ich muß noch zu ein paar anderen Kunden, Mrs. Day.«
»Nur für einen Augenblick?«
»Vielen Dank, aber
• …«
»Lionel … bitte …«
Eine halbe Stunde später kam Beauchamp nach Hause. Er traf Lionel am Lift.
»Du arbeitest sonntags, Lionel? Das ist aber happig.«
»Mir macht das nichts aus.«
»War irgendwas für die Days dabei?«
»Ja … Mrs. Day brauchte dringend ein paar Sachen.«
»Wie geht’s mit dem Kung Fu?«
»Gut.«
»Mach weiter so. Du hast schon ganz gut Muskeln bekommen.«
»Danke. Bis bald mal.«
»Streng dich nicht zu sehr an. Und tu nichts, was ich nicht auch tun würde.«
Oben räkelte DeDe sich in ihrem zweiten Vitabath an diesem Tag.
Nackte Tatsachen
Der Parkplatz am Devil’s Slide war gerammelt voll: blumenbemalte Hippie-Bullis, Schrottmühlen aus der Stadt, Bio-Pickups mit schindelverkleideten Zigeunerhäuschen drauf und eine Reihe staubiger Harley-Davidsons.
Mona mußte ihren 64er Volvo fast einen halben Kilometer vom Strand entfernt abstellen. »Scheiße«, stöhnte sie. »Vor lauter
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