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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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nicht fürs Kino, Mensch!«
    »Vielleicht geh ich gar nicht ins Kino, Mutter!«
    »Aha.«
    »Allein ins Kino gehen ist schrecklich.«
    »Michael, ich bin wirklich nicht in der richtigen Stimmung für …«
    »Schon verstanden.«
    »Wo gehst du hin?«
    »Ach, ich werd so ein bißchen rumziehen.«
    »Du gehst schweinigeln, was?«
    »Vielleicht.«
    »Sei vorsichtig, hörst du.«
    »Hmm?«
    »Laß dich auf nichts Riskantes ein.«
    »Du liest zuviel Zeitung.«
    »Sei einfach vorsichtig … und laß den Kopf nicht hängen. Irgendwann kommt dein Traumprinz noch.«
    Michael warf ihr von der Tür aus einen Kuß zu. »Deiner auch, mein Schatz.«
     
    Mona kramte eine halbe Stunde in der Wohnung herum, sprach mit ihrem Kaktus und warf ihre I-Ging-Münzen.
    Und sie entschied sich gegen eine Quaalude. Von Quaaludes wurde ihr immer so ausschweifend zumute. Und welchen Sinn hatte es, sich ausschweifend zu fühlen, wenn man niemanden zum Ausschweifen hatte?
    Ließ sich das denn konjugieren? Ausschweifen. Ich schweife aus. Du schweifst aus. Wir alle haben ausgeschweift.
    Wörter plagten Mona permanent auf diese Art und erinnerten sie so an die Kluft zwischen der Kunst und dem Geldverdienen. »Mona kann gut mit Wörtern umgehen«, pflegte ihre Mutter früher immer kühl festzustellen. »Wenn sie mal bloß lernt, damit Geld zu verdienen.«
    Ihre Mutter verdiente ihr Geld als Maklerin.
    Mona hatte seit acht Monaten nicht mit ihr gesprochen. Nicht, seitdem die Mutter in Minneapolis als Wahlhelferin für Reagan angefangen und die Tochter in einem Brief munter über ihren Workshop »Sexuelle Bewußtwerdung« bei der Cosmic Light Fellowship berichtet hatte.
    Es war egal.
    Mona fand ohnehin zusehends, daß ihre wirkliche Mutter eine Frau war, die in solchem Einklang mit allem Schöpferischen stand, daß sogar ihre Marihuanapflanzen Namen trugen.
    Also stapfte Mona nach unten, um Mrs. Madrigal die Neuigkeit zu eröffnen.
Wenn der Schuh nur paßt
    Michael entschied sich gegen das Angel Dust. Es ging das Gerücht um, daß in der Woche davor im Barracks einer auf Angel Dust tot umgefallen war. Wahrscheinlich stimmte das gar nicht, aber warum sollte man sein Schicksal herausfordern?
    Unter den Schwulen von San Francisco kursierten solche finsteren Geschichten gleich dutzendweise. Gott allein wußte, wo sie herkamen!
    Da gab’s den Kritzler, einen unheimlichen Schwarzen, der am Tresen saß und einen porträtierte … bevor er einen mit nach Hause nahm und umbrachte.
    Ganz zu schweigen von dem Mann im weißen Bulli, einem gesichtslosen Teufel, dessen nichtsahnende Mitfahrer niemals mehr den Weg nach Hause fanden.
    Und erst der Dempster-Dumpster-Killer, dessen SM-Phantasien keine Grenze kannten.
    Das reichte fast, um sich zu Hause lieber die Mary-Tyler-Moore-Show anzusehen.
     
    Er landete wieder einmal auf Castro. Klar, er meckerte mindestens zweimal täglich über das Schwulenghetto, aber wenn man Anschluß suchte, sprach rein zahlenmäßig doch einiges dafür.
    Im Toad Hall und im Midnight Sun standen die Etepetetes wie gewohnt dicht an dicht. Da ging er lieber ins Twin Peaks, wo er sich mit seinem braven Pullover und seinen Cordhosen von der Umgebung weniger abhob.
    Das Cruising hatte – zu diesem Schluß war Michael schon vor langer Zeit gekommen – eine Menge mit dem Trampen gemein.
    Es war am besten, wenn man sich so anzog wie die Leute, von denen man mitgenommen werden wollte.
    »Ganz schön voll, was?« Der Typ am Tresen trug Levi’s, ein Rugby-Shirt und rot-weiß-blaue Tigers. Er hatte ein freundliches, kantiges Gesicht, das Michael an Leute denken ließ, die er früher einmal bei der Campus Crusade for Christ gekannt hatte.
    »Was ist los?« fragte Michael. »Haben wir Vollmond oder so?«
    »Da muß ich passen. Ich kenn mich bei dem Quatsch überhaupt nicht aus.«
    Ein erster Pluspunkt für ihn. Trotz Monas missionarischen Eifers stand Michael nicht auf Astrologiefreaks. Er grinste. »Behalt’s für dich, aber der Mond steht gerade im ›Uranus‹.«
    Der Mann schaute ihn verständnislos an, dann fiel der Groschen. »Der Mond steht in deinem Anus. Das ist zum Schreien!«
    Los, mach weiter, sagte sich Michael. Erzähl ihm einen billigen Witz nach dem anderen. Nur keine Scham.
    Der Typ mochte ihn offensichtlich. »Was trinkst du?«
    »Mineralwasser.«
    »Das hab ich mir gedacht.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht. Du siehst so … gesund aus.«
    »Danke.«
    Der Typ streckte ihm die Hand entgegen. »Ich heiße Chuck.«
    »Und ich

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