Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
ganzen Demographiescheiß … und diese dämlichen Verbraucheranalysen und …«
»Hast du … etwas angestellt, Mona?«
»Ich war ehrlich zu einem Kunden. Und so was ist absolut tabu.«
»Was hast du gesagt.«
»Ach, das ist doch egal.«
»Mona! Mir ist es nicht egal!«
»Mein Gott! Was haben Sie denn?«
»Ich … Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht … Wird es denn gehen, Mona? Finanziell, meine ich?«
»Ja, sicher. Die Miete kann ich zahlen.«
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Ich weiß. Tut mir leid. Ich wollte nicht so giftig sein. Es geht mir gut, Mrs. Madrigal. Wirklich.«
Es ging ihr nicht gut. Sie verabschiedete sich zehn Minuten später, ging hinauf in ihre Wohnung, nahm die Quaalude und döste nach einer Weile ein.
Michael kam um halb zwei zurück. Er fand sie schlafend auf der Couch und weckte sie. »Brauchst du irgendwas, Babycakes? Willst du nicht lieber ins Bett gehen?«
»Nein. Ich liege ganz gut hier.«
»Das ist Chuck, Mona.«
»Hallo, Chuck.«
»Hallo, Mona.«
»Schlaf gut, Babycakes.«
»Ihr auch.«
Die beiden Männer gingen in Michaels Schlafzimmer und machten die Tür hinter sich zu.
Vergewaltigung? Ach nee!
DeDe fand ihre Mutter auf der Terrasse von Halcyon Hill; sie empörte sich gerade über den Gesellschaftskalender von San Francisco für 1976.
»Es ist nicht zu glauben! Es ist einfach nicht zu glauben!«
»Mutter, würdest du mal für einen Moment …«
»Sie sind drin. Sie sind tatsächlich drin.«
»Wer?«
»Diese schrecklichen Leute, die das ehemalige Anwesen der Feeneys am Broadway gekauft haben. Viola hat mir erzählt, daß sie drin sind, aber ich konnte es einfach nicht …«
»Er beherrscht sieben Sprachen, Mutter.«
»Und wenn er steppen kann. Sie haben vorher im Castro gewohnt, DeDe … und jetzt leben sie da mit seinem Liebhaber … oder ist es ihrer?«
»Binky sagt, er gehört beiden.«
»Nein! Meinst du wirklich? Natürlich nehmen sie ihn nie irgendwohin mit … Und er hat sogar einen eigenen Eingang, damit er unter einer anderen Adresse wohnt.«
»Mutter, ich muß dringend mit dir sprechen.«
»Viola sagt, daß sie sogar verschiedene Postleitzahlen haben!«
»Mutter!«
»Was ist, mein Schatz?«
»Ich glaube, Beauchamp hat eine Geliebte.«
Schweigen.
»Das heißt, ich bin sogar sicher.«
»Mein Schatz, bist du …? Du armes Kind! Wie hast du …? Bist du …? Gib mir doch mal den Cocktailpitcher, Schatz, ja?«
DeDe griff in ihre Umhängetasche von Obiko und zog den verräterischen Schal heraus. Frannie drehte ihn mit ausgestrecktem Arm hin und her und nippte währenddessen weiter an ihrem Mai Tai.
»Hast du ihn in seinem Wagen gefunden?«
DeDe nickte. »Er ist am Montag zu Fuß zur Arbeit gegangen. Binky und ich sind gegen Mittag mit dem Porsche zu Mr. Lee in den Salon gefahren, und da hab ich ihn gefunden. Ich hab versucht, so zu tun, als wäre nichts …« Ihre Stimme brach. Sie begann zu weinen. »Mutter … Diesmal gibt es keinen Zweifel mehr.«
»Du bist sicher, daß der Schal ihr gehört?«
»Ich hab sie damit gesehen.«
»Er könnte sie ja auch nach Hause gefahren haben, DeDe. Außerdem … glaubst du nicht, daß dein Vater es gemerkt hätte, wenn sie … ein Verhältnis angefangen hätte mit …«
»Mutter! Ich weiß es!«
Frannie begann zu greinen. »Dabei sollte die Party so reizend werden.«
DeDe fuhr zum Mittagessen in Prue Giroux’ Stadthaus auf dem Nob Hill.
Angesichts der Umstände hätte sie ja vielleicht abgesagt, aber es handelte sich um kein x-beliebiges Essen.
Es traf sich das Forum, ein erlesener Zirkel sozial engagierter Damen der Gesellschaft, die jeden Monat zusammenkamen, um Themen von grundlegender gesellschaftlicher Bedeutung zu diskutieren.
In den Monaten davor waren der Alkoholismus, die Homosexualität der Frau und die Misere der Weintraubenpflückerinnen Thema gewesen. Diesmal würden die Damen über das Thema Vergewaltigung sprechen.
Prues Koch hatte göttliche Krabbenquiche gezaubert.
DeDe war nervös. Es war ihr erstes Essen mit dem Forum, und sie war sich über den Ablauf nicht im klaren. Um sich an jemandem orientieren zu können, hatte sie sich neben Binky Gruen gesetzt.
»Du brauchst bloß Prue im Auge zu behalten«, flüsterte Binky. »Wenn sie mit dem silbernen Glöckchen klingelt, heißt das, daß sie genug gehört hat und du aufhören sollst zu reden.«
»Aber, was soll ich überhaupt sagen?«
Binky tätschelte DeDes Hand. »Das wird Prue dir schon
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