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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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hinteren Raum von Perry’s.
    Sie war ein Musterbeispiel für Anmut und Kultiviertheit, dunkel und glänzend wie ein Ballerinaschuh aus Lackleder. Brian fiel auf, daß sie ihren Pommes frites keine Beachtung schenkte und nur selten den Blick vom Teller hob.
    »Noch etwas Kaffee?«
    Sie schaute hoch und lächelte ihn an. Versonnen, wie Brian fand. Sie schüttelte den Kopf und sagte: »Danke.« Sie war überwältigend.
    »Wie wär’s mit Nachtisch?«
    Noch ein Nein.
    Okay, dachte er, Schluß mit der Standardnummer. Jetzt werden schwerere Geschütze aufgefahren.
    »Die Pommes frites haben Ihnen wohl nicht geschmeckt, hmh?«
    Sie tätschelte ihre schmale Taille. »Ich bin dagegen allergisch. Aber sie sehen wunderbar aus.«
    »Ein, zwei Stück würden Ihnen doch nicht weh tun.«
    »Ich habe noch nie solche runden Pommes frites gesehen. Sie kommen mir vor wie Kartoffelchips mit Schilddrüsenentzündung.«
    Brian lachte betont männlich. Jetzt wird’s langsam interessant, Junge. Aber schön locker bleiben. Lässig und leicht. Und nichts überstürzen, um Himmels willen, ja nichts überstürzen …
    Sie legte die Serviette auf den Teller. Scheiße! Gleich würde sie die Rechnung verlangen!
    Sie lächelte schon wieder. »Könnte ich …?«
    »Wissen Sie eigentlich, daß Sie Lola Falana unheimlich ähnlich sehen?«
    Subtiler ging es kaum noch. Wenn sie sich davon nicht abschrecken ließ, dann von gar nichts.
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich aber nicht. Sie lächelte noch immer. »Du möchtest mich zu einem Drink einladen, stimmt’s?«
    »Äh … Ja, eigentlich schon.«
    »Wann bist du mit deiner Arbeit fertig?«
    »Um zehn.«
    »Heißt das, daß wir jetzt verabredet sind?«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen. Ich heiße Brian.«
    »Ich heiße D’orothea«, antwortete sie.
     
    Am anderen Ende der Stadt arbeitete sich Michael Tolliver mühsam durch einen Wald aus Lacoste-Hemden. Mona war dicht hinter ihm.
    »Damit ist die Sache entschieden, Mouse.«
    »Welche Sache?«
    »Ich bin tatsächlich ein Schwulenmuttchen.«
    »Ach, hör doch auf!«
    »Sieh dich bloß mal um! Ich bin die einzige Frau hier!«
    Michael packte sie an den Schultern und drehte sie um ihre eigene Achse, bis sie zur Bar schaute. Hinter dem Tresen arbeitete eine recht kernig aussehende Frau in Levi’s und Männerhemd. »Fühlst du dich jetzt wohler?«
    »Na klar. Sag mal … ziehst du dich jetzt um, oder was?«
    »Ich denke, ich muß mich erst mal eintragen lassen. Ist es vertretbar, wenn ich dich jetzt verlasse?«
    »Wahrscheinlich. Hau schon ab.« Sie zwinkerte ihm zu und gab ihm einen Klaps auf den Po. »Grüß Bert Parks schön von mir.«
     
    Die Barfrau schickte Michael zu einem Mann, der für die Teilnehmerliste zuständig war. Der Mann schrieb Michaels Namen und die nötigsten Informationen auf und überreichte ihm dann ein numeriertes Pappschild, das an einem Stück Schnur baumelte.
    Er war Nummer sieben.
    »Wo … äh … zieh ich mich um?«
    »Auf der Damentoilette.«
    »Wie passend.«
    In der Damentoilette waren bereits drei andere Typen. Zwei hatten sich bis auf ihre Jockey-Shorts ausgezogen und verstauten gerade ihre Kleider in Plastiktüten, die vom Veranstalter gestellt wurden. Der dritte, der sich mit Second-hand-Klamotten aus dem Vietnamkrieg herausgeputzt hatte, rauchte einen Joint.
    »Hallo«, sagte Michael und nickte seinen Gladiatorenkollegen zu.
    Die Kerle lächelten mehr oder weniger berechnend zurück. Michael mußte bei ihrem Anblick an seine Teilnahme beim Orlando High School Science Fair von 1966 denken. Sie waren aufgesetzt schnodderig. Und total scharf auf den Sieg.
    Na ja, dachte Michael, hundert Mäuse sind hundert Mäuse.
    »Können wir … sollen wir hier drin warten, bis wir dran sind?«
    Ein Blonder in einem Mark-Spitz-Slip lächelte über Michaels Naivität. »Ich weiß ja nicht, was du vorhast, mein Schatz, aber ich mische mich unter die Leute. Vielleicht wählt man auch noch eine Miss Sympathie.«
    Also mischte sich Michael unter die Leute. Er trug bloß sein Pappschild und die Jockey-Shorts, die er am Vortag bei Macy’s gekauft hatte.
    Mona verdrehte die Augen, als sie ihn sah.
    »Es bringt wenigstens die Miete«, sagte Michael.
    »Bild dir bloß nicht zuviel ein. Ich glaub, ich hab eben Arnold Schwarzenegger aus der Damentoilette kommen sehen.«
    »Wie du einen immer aufbaust, Mona.«
    Sie zog am Elastikbund von Michaels Unterhose und ließ ihn gegen seinen Bauch schnalzen. »Es wird schon gutgehen,

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