Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
Vom Netzwerk:
Gelächter aus, bevor sie in einen beigen BMW stiegen und davonfuhren.
     
    Eine Stunde später erfuhr er es.
    Er hatte gewonnen. Hundert Dollar und einen goldenen Jockey-Shorts-Anhänger. Sieg.
    Mona küßte ihn auf die Wange, als er von der Tanzfläche stieg. »Wen kümmert’s denn, ob wir einen Doktor im Haus haben oder nicht?« Michael lächelte schwach, hielt sich an ihr fest und ließ sich von der Musik einlullen.
    Dann fing er zu heulen an.
Fiasko in Chinatown
    Als sie aus dem Gateway Cinema kamen, schlugen Mary Ann und Norman auf der Jackson den Weg nach Westen in Richtung Chinatown ein.
    Bis sie zu der Chevron-Tankstelle im Pagodenstil kamen, die an der Columbus lag, hatte eine geballte Ladung Nebel die Ränder der Neonreklame schon etwas verschwimmen lassen.
    »An solchen Abenden«, sagte Norman, »komme ich mir immer vor wie eine Figur aus einer Hammett-Geschichte.«
    »Hammond?«
    »Hammett. Dashiell Hammett. Kennst du … Der Malteser Falke?«
    Sie hatte den Titel schon mal gehört, sonst aber keine Ahnung. Aber das war auch egal.
    Der einzige Falke, den es in Normans Leben gab, stand im Blechkleid eines Falcon an der Ecke Jackson und Kearny.
     
    »Mußt du gleich nach Hause?« fragte er zögernd. Wie ein Kind, das darum bat, länger aufbleiben zu dürfen.
    »Na ja, ich sollte … Nein. Nicht gleich.«
    »Gehst du gern chinesisch essen?«
    »Sehr gern«, antwortete Mary Ann lächelnd. Ihr war mit einemmal klargeworden, wie sehr sie diesen tolpatschigen, freundlichen Mann mit der Klemmkrawatte mochte, bei dem sie unwillkürlich an Smokey den Bären denken mußte. Sie war nicht Feuer und Flamme für ihn, aber sie mochte ihn doch sehr.
    Norman führte sie ins Sam Woh’s an der Washington Street. Sie schlängelten sich zuerst durch die winzige Küche, dann die Treppe hinauf und schließlich an einen Tisch im ersten Stock.
    »Mach dich auf was gefaßt«, sagte Norman.
    »Worauf?«
    »Laß dich überraschen.«
    Kurz danach verabschiedete sie sich diskret zur Toilette. Es gab in dem engen Kabuff kein Waschbecken, und erst, als sie schon fast wieder an ihrem Tisch war, fiel ihr auf, wo es sich befand.
    »Hallo, Sie! Sie waschen Hände!«
    Wie vom Donner gerührt drehte sie sich um. Sie wollte sehen, woher die Stimme kam. Ein empörter chinesischer Kellner nahm gerade Teller voll Nudeln aus dem Speiseaufzug. Mary Ann blieb wie angewurzelt stehen, starrte ihren Ankläger an und schaute dann nach hinten zu den Toiletten.
    Das Waschbecken war vor der Tür. Im Restaurant.
    Etliche Gäste beobachteten sie und freuten sich über ihre unbehagliche Situation. Der Kellner ließ nicht locker. »Sie waschen Hände. Sie nicht waschen Hände, Sie nicht essen!«
    Sie wusch sich die Hände und kehrte mit rotem Kopf an ihren Tisch zurück. Norman grinste verlegen. »Ich hätte dich warnen sollen.«
    »Du wußtest, was er tun würde?«
    »Er ist Spezialist für Grobheiten. Es ist ein Witz. Ein Feldwebel, der zum Kellner mutiert ist. Die Leute kommen extra dafür her.«
    »Ich aber nicht.«
    »Es tut mir wirklich leid.«
    »Können wir gehen, Norman?«
    »Das Essen ist aber …«
    »Bitte?«
    Also gingen sie.
     
    Zu Hause in der finsteren Schlucht der Barbary Lane griff Norman fürsorglich nach Mary Anns Arm.
    »Die Geschichte mit Edsel tut mir leid.«
    »Die Geschichte mit wem?«
    »Er heißt so. Der Kellner. Edsel Ford Fong.«
    Sie mußte unwillkürlich lachen. »Echt?«
    »Es sollte ein kleiner Gag sein, Mary Ann.«
    »Ich weiß.«
    »Aber er ist gründlich danebengegangen. Tut mir leid.«
    Sie blieb im Vorgarten stehen und stellte sich direkt vor ihn hin. »Du bist sehr altmodisch. Das gefällt mir.«
    Er schaute auf seine schwarzen Wingtip-Schuhe hinunter. »Ich bin sehr alt.«
    »Nein, bist du nicht. Du solltest so was nicht sagen. Wie alt bist du?«
    »Vierundvierzig.«
    »Das ist doch nicht alt. Paul Newman ist älter.«
    Er kicherte. »Ich bin aber nicht gerade Paul Newman.«
    »Du bist … genau richtig, Norman.«
    Er stand verlegen da, als sie ihre Hand sanft über die Konturen seines Unterkiefers gleiten ließ. Sie drückte ihre Wange an seine. »Genau richtig«, wiederholte sie.
    Sie küßten sich.
    Ihre Finger glitten über seine Brust und umschlossen auf der Suche nach einem Halt seine Krawatte.
    Prompt hatte sie das ganze Ding in der Hand.
»Starry, Starry Night«
    Es gab Vormittage, da fühlte Vincent sich wie der letzte überlebende Hippie.
    Der Letzte Hippie. Der Ausdruck bekam plötzlich tragische Größe,

Weitere Kostenlose Bücher