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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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bißchen kompliziert.«
    »Er ist eine Schwuchtel, nicht?«
    »Ein Schwuler, Norman.«
    Lexy steckte den Kopf nach vorne. »Was ist eine Schwuchtel?«
    »Setz dich hin«, befahl Norman.
    Mary Ann drehte sich um und nestelte an Lexys Wonder-Woman-Cape herum. »Du siehst so hübsch aus, Lexy.«
    Das Kind hüpfte auf dem Rücksitz herum. »Warum hast du kein Kostüm an?«
    »Na ja … weil ich erwachsen bin, Lexy.«
    Das Kind schüttelte heftig den Kopf und zeigte aus dem Fenster auf drei Männer, die als Cheerleader verkleidet waren. »Die Erwachsenen haben auch Kostüme an.«
    Norman gluckste vor Lachen und schüttelte den Kopf.
    Mary Ann seufzte. »Wie alt ist sie, hast du gesagt?«
     
    Es war fast dunkel, als sie in San Leandro ankamen. Norman hielt in einer Gegend, wo die Häuser alle in pseudosüdamerikanischem Stil gebaut waren. Er ließ Lexy aussteigen.
    Die Kleine hüpfte mit einem riesigen »Scherz oder Keks« -Beutel aus Plastik den Bürgersteig entlang.
    »Bist du auch sicher, daß ihr nichts passiert?« wollte Mary Ann wissen.
    Norman nickte. »Ihre Eltern wohnen im nächsten Block. Ich hab ihnen gesagt, daß ich … na ja … Sie soll sich halt mal so richtig austoben dürfen.«
    »Hoffentlich wissen sie das auch zu würdigen.«
    »Ich würde es nicht machen, wenn ich nicht selber Spaß dran hätte.« Er grinste etwas verlegen. »Weißt du, das läuft alles nach dem Motto: ›Rent a kid‹.«
    »Mhm. Ist doch ganz hübsch, so was.«
    »Langweilst du dich auch nicht?«
    »Kein bißchen.«
    Norman hatte einen feierlichen Ausdruck im Gesicht, als er Mary Ann ansah. Dann drückte er ihre Hand.
    »Norman?«
    »Ja?«
    »Warst du schon mal verheiratet?«
    Schweigen.
    »Entschuldige. Es ist bloß, weil du mit Kindern so gut umgehen kannst, und da …«
    »Roxanne und ich wollten Kinder haben. Jedenfalls hatten wir welche geplant.«
    »Oh … Ist sie gestorben?«
    Norman schüttelte den Kopf. »Sie ist mit einem Fliesenvertreter aus Daly City durchgebrannt. Als ich in Vietnam war.«
    »Das tut mir leid.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Es ist lange her. Es war ungefähr zu der Zeit, als Lexy auf die Welt gekommen ist. Ich hab’s verschmerzt.«
    Mary Ann war diese neue Erkenntnis über seine Person peinlich, deshalb schaute sie aus dem Fenster. War Lexy sein einziges Bindeglied zu einem geplatzten Traum? Hatte er alle Hoffnungen, jemals wieder eine Familie zu gründen, aufgegeben?
    »Norman … ich versteh nicht, wie dich jemand verlassen kann.«
    »Ist doch egal.«
    »Es ist überhaupt nicht egal, Norman! Du bist ein liebenswürdiger, freundlicher und liebevoller Mann, und niemand sollte … Norman, bei dir ist so viel Liebe zu spüren, die du jemand anderem schenken kannst.«
    Er bewegte unruhig die Hände in seinem Schoß und schaute auf sie hinunter. »Jemand anderem«, wiederholte er ausdruckslos.
    Er wartete auf ein Zeichen von ihr. Er bettelte um ein Zeichen von ihr.
    Sie hob die Hand, um sein trauriges Bärengesicht zu streicheln, stieß allerdings einen Schrei aus, als sich eine fremde Hand auf ihre Schulter legte.
    Lexy war wieder da.
    »Ach, du bist’s, Lexy …« Mary Ann lachte erleichtert. »Wie ist es gelaufen?«
    »Ein verschrumpelter Apfel.«
    »Aber Äpfel sind doch was Feines. Wenn du ihn nicht willst, eß ich ihn.«
    Das Kind schaute sie an, holte dann den Apfel hervor und biß trotzig hinein.
    Norman schrie entsetzt auf. »Lexy … nein!«
    Lexy grinste ihn an. Der Saft lief ihr übers Kinn. »Keine Bange«, beruhigte sie ihn. »Ich hab schon nachgesehen, ob Rasierklingen drin sind.«
Ganz der Vater
    Am Ende fuhr Michael mit seinen Eltern ins Cliff House. Es war das heterosexuellste Lokal, das ihm einfiel.
    Außerdem war es sehr weit weg von der Halloween-Tollerei auf der Polk Street, und das machte es unwahrscheinlich, daß Rollschuh laufende Nonnen das familiäre Beisammensein noch einmal stören würden.
    Die Nonnen, erklärte er seinen Eltern so unbekümmert wie möglich, waren »ein paar verrückte Freunde von Mona«. Und, ja, die Schwestern waren Männer.
    »So schwule Früchtchen etwa?«
    »Herb!« Michaels Mutter ließ die Gabel fallen und starrte ihren Gatten an.
    »Stell dich nicht so an! Wie soll ich sie denn sonst nennen?«
    »Es ist einfach kein netter Ausdruck, Herb.«
    »Mein Gott. Ich bin Zitrusfarmer. Ich hab mein Leben lang nichts anderes gemacht, als Früchtchen großzuziehen!« Er lachte röhrend.
    »Du sollst nicht so über Leute reden, die nicht anders können.«
    »Die

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