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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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kleine … Beziehung, oder wie du das nennst …«
    Sein stummer, finsterer Blick brachte sie zum Schweigen. »Ich bestell ihm einen schönen Gruß von dir«, sagte er.
    Sie straffte ihre Haltung und versuchte, ruhig zu bleiben. »Ich bin selber wer«, sagte sie.
    »Schön«, entgegnete er. »Schaff dich drauf.«
    Sie starrte ihn noch einen Augenblick an, ehe sie mit dem Tablett hinausstiefelte und auf ihr Zimmer ging. Dort warf sie sich aufs Bett, vermied jedoch einen Weinkrampf, indem sie wieder aufstand und einen Briefbeschwerer auf die Ritterrüstung neben dem Fenster schleuderte.
    Teddy kam angerannt, als er den Krach hörte. »Großer Gott«, sagte er leise, »was ist mit dir?«
    Sie starrte wütend auf den Haufen Metall am Boden. »Ich hasse diesen beschissenen Militaristenfummel.«
    Er nickte. »Ich hab ihn auch nie besonders gemocht.«
    Sie sank auf einen Stuhl.
    »Bist du … mit den Nerven runter?« fragte er.
    »Wir müssen reden«, sagte sie.

Schadensbegrenzung
    Es war ungefähr halb acht, als Mary Ann von ihrem Team an der Treppe zur Barbary Lane abgesetzt wurde. Ohne die Osterglocken zu bewundern, die zwischen den Mülltonnen wuchsen, ging sie direkt ins Haus und klopfte bei Simon. Er kam in Michaels grünem Morgenmantel an die Tür.
    »Ja?«
    »Ich will’s wiedergutmachen«, sagte sie.
    »Wie hast du dir das gedacht?«
    »Ich will dich um Verzeihung bitten.«
    Er lächelte matt. »Warte noch ein bißchen, bitte. Ich hab mir selbst noch nicht verziehen.«
    »Wegen was?«
    »Ach … daß ich aus dem Ruder gelaufen bin.«
    »Wie?«
    »Ich hab gewußt, was du machst«, sagte er. »Ich hab es geahnt. Ich hätte nein sagen können … und hab es nicht getan.«
    »Das war nicht das einzige, was ich gemacht hab, Simon.«
    »Laß mal«, sagte er. »Das muß nicht sein. Wozu in Motiven rumstochern.«
    »Nein … ich will, daß du klar siehst.« Sie machte sich Sorgen wegen Mrs. Madrigal und sah nervös über die Schulter nach hinten. »Kann ich reinkommen?«
    Er zögerte.
    »Bitte«, flüsterte sie. »Nur ganz kurz.«
    Er nickte und machte ihr Platz. Sie ging hinein und setzte sich in die eine Sofaecke. Er verschränkte die Arme und ging mit ernster Miene auf und ab. Es genügte, seine Augen zu sehen, um zu wissen, was sie angerichtet hatte.
    »Ich hatte fest vor, es dir zu sagen«, begann sie.
    Er murmelte etwas Unverständliches.
    »Ich hätte das nie mit jemand gemacht, der mir nichts bedeutet.«
    Er blieb stehen und sah sie an.
    »Kannst du das nicht als Kompliment auffassen?«
    »Ich könnte«, sagte er, »aber ich bin noch nicht soweit.«
    »Na … denk drüber nach. Das war für mich kein flüchtiges Abenteuer. Ich hab mir allerhand dabei gedacht, weißt du.«
    Das schien ihn zu amüsieren. »Weiß es Brian?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Na ja, wir sind hier im lockeren Kalifornien, da kam es mir ganz naheliegend vor, daß …«
    »Denkst du etwa so von mir, Simon?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Na schön … du brauchst nicht zu antworten. Aber Brian würde so was nie mitmachen.«
    »Beruhigend«, meinte Simon.
    »Er weiß von nichts.« Sie beschloß, ihm alles zu beichten. »Er weiß nicht mal, daß er steril ist. Das Schlimme ist … er ist derjenige, der ein Kind will. Mir ist es nicht so wichtig. Er hat keinen Job, und er denkt, daß Baby wäre etwas, womit er …«
    »Halt mal. Moment.«
    »Ja?«
    »Woher weißt du, daß er steril ist, wenn er es nicht mal weiß?«
    »Ich weiß es eben«, sagte sie.
    Er nickte. »Na gut. Erzähl weiter.«
    »Tja … das wär schon alles. Ich wollte ihm ein Kind schenken … und da bin ich auf diese blöde Idee gekommen.«
    »Und an künstliche Befruchtung hast du nicht gedacht?«
    »Connie hat es mir vorgeschlagen, aber ich finde den Gedanken gräßlich. Es ist mir … zu unpersönlich.« Sie fand, daß es einfältig klang, und lächelte entschuldigend. »Ich dachte, es geht, ohne jemandem weh zu tun. Hat aber nicht geklappt. Ich hab Mist gebaut.«
    Er sah ihr in die Augen. »Dann warst du letzte Nacht …?« Er verscheuchte den Gedanken gleich wieder.
    »Was letzte Nacht?«
    »Warst du wirklich …«
    »Ganz dabei?« vollendete sie seine Frage.
    »Ja.«
    »Simon … hast du das nicht gemerkt?« Sie nahm seine Hand. »Du darfst nicht nach England zurück und mich als Monstrum in Erinnerung behalten. Es war so wunderbar mit dir.«
    Er stand da und hielt noch immer Distanz.
    »Ich finde, du bist ein zärtlicher, intelligenter Mann … und unglaublich

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