Stadtmutanten (German Edition)
Sache. Aber haben Sie schon einmal versucht, eine Rinderbeinscheibe ungekocht zu essen? Oder eine Schweinshaxe? Nein, es nicht einfach, einen Menschen einfach so zu aufzuessen.
Leons Versuche waren zudem ungestüm und wenig effizient. Als wir an der Zimmertür auftauchten, hatte er bereits das Hemd eines Opfers aufgerissen und bearbeitete ihren Oberkörper. Er machte dabei Bewegungen wie ein Hund, der ein Loch buddelt und fügte Sissis Haut allenfalls einige Kratzer zu. Offensichtlich frustriert riss er ihren BH ab und hielt kurz inne, als er ihre Brüste sah. Durch dieses überstehende Fleisch angezogen, warf Leon sich nun auf Sissi, biss in ihre linke Brust und ließ nicht mehr locker. Als sich auch hier kein Fleisch löste, warf er seinen Kopf hin und her wie ein Hund, wobei er ein ungeduldiges Jaulen von sich gab.
Ich spürte, wie mir mein Mittagessen hochkam. Ich tippte Ben an und deutete auf das Leon-Ding. Ben nickte und wir stürmten in das Zimmer. Es wäre jetzt klug gewesen, das Überraschungsmoment auszunutzen und dem Ding einfach mit einem schweren Gegenstand eins über die Rübe zu ziehen, bevor es reagieren könnte. Oder noch besser: Wir hätten ein Fenster aufgerissen und den räudigen Bastard einfach aus dem dritten Stock geworfen. Aber all dies taten wir nicht, weil wir eben nicht klug waren, sondern zutiefst unerfahren und ja, wir hatten Angst. Also stoppten wir etwa in der Mitte des Zimmers. Leon hatte uns noch nicht bemerkt. Es war Ben, der den ersten Schritt tat. Er zeigte drohend mit dem Finger auf Leon und brüllte ihn an.
»Hey du Arsch, lass die Finger von ihr!«
Damit hatten wir natürlich unseren Vorteil verspielt. Leon rappelte sich auf und stolperte auf uns zu. Als er sich näherte, wurden mir schlagartig zwei Dinge bewusst: Erstens: Bei diesem Kampf würde es keinen Aufzug geben, in den wir flüchten könnten. Wir würden Leon töten müssen. Zweitens: Ich war total erledigt. Die Ereignisse des Tages und des gestrigen Abends forderten ihren Tribut.
Ich ging angesichts des bevorstehenden Kampfes in Kampfstellung, wie ich es in meinem Kampfsportverein gelernt hatte. Dies war ein in der Machowelt international bekanntes Signal. Man macht das einerseits, um sich für den Kampf bereit zu machen, aber natürlich auch, um den Gegner einzuschüchtern. Leon interessierte das leider nicht die Bohne. Er warf sich ohne Zögern auf uns, in diesem Fall zunächst auf Ben. Die beiden fielen nach hinten um und Ben schlug mit dem Kopf gegen Sissis Kleiderschrank. Bevor Leon seinen Vorteil ausnutzen konnte, packte ich ihn an den Schultern und stieß ihn gegen die nächstliegende Wand. Sofort attackierte er mich. Ich setzte mich zur Wehr, aber all meine Aktionen fügten ihm keinen Schmerz zu. Er versetzte mir einen Schwinger ans Kinn, der mich beinahe zu Boden zwang. Dann warf er sich auf mich, doch ich konterte mit einem Ellenbogencheck gegen den Kopf. Endlich eine Reaktion! Leon blinzelte kurz benommen, machte dann weiter. Da sich mir nun eine Perspektive eröffnete, wurden meine Aktionen sicherer. Ich ging zum Angriff über und verpasste ihm mehrere direkte Treffer am Kopf. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er einknicken würde, das war augenscheinlich. Als ich schließlich einen besonders wirkungsvollen Treffer mit dem Fuß gelandet hatte, von dem ich nicht wusste, dass mein Körper ihn noch ausführen konnte, schwankte Leon bereits. Ein weiterer Volltreffer und ich hätte ihn am Boden. Aber wie schon am Nachmittag hatte ich erneut die Leistungsfähigkeit meines Körpers überschätzt. Mir wurde schwarz vor Augen und ich begann zu taumeln. Leon kam vor mir zu Kräften und griff an. Ich landete auf dem Rücken, den wütenden Angreifer über mir. Ich wehrte mich verzweifelt, aber meine Kraft ließ nach. Ich war bereits kurz davor, mich meinem Schicksal zu fügen, als ich Ben aus dem Augenwinkel sah. Ich zwang mich mit letzter Kraft, noch einen kleinen Moment Widerstand zu leisten. Dann war Ben wieder da. Er hielt einen schweren Kerzenständer aus Metall in den Händen. Er prüfte kurz das Gewicht und schwang ihn dann wie einen Hockeyschläger. Der Kerzenständer knallte mit voller Wucht seitlich gegen Leons Kopf und warf Leon von mir herunter. Ein Stück von dem Möbelstück steckte tief in seiner Schläfe. Er zuckte noch kurz, dann erschlaffte sein Körper.
Leon war tot.
Ich lebte.
Ben zitterte.
Dann gingen bei mir die Lichter aus.
Ich erwachte in der WG-Küche. Als ich die Augen aufmachte,
Weitere Kostenlose Bücher