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Stählerne Schatten

Stählerne Schatten

Titel: Stählerne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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wurden.
    Außenpolitische Katastrophen hatten Freeman nicht weniger frustriert als die Innenpolitik. Die Ermordung und öffentliche Verstümmelung achtzehn amerikanischer Soldaten in Somalia hatte ihn zutiefst getroffen – vor allem auch, weil der dafür verantwortliche somalische Kriegsherr nicht nur noch lebte, sondern auch von Beauftragten der Vereinten Nationen durchs Land geflogen wurde. Er war zornig und frustriert gewesen, als amerikanische und alliierte Soldaten der nach Bosnien entsandten Friedenstruppe gefallen waren; er war beruflich frustriert gewesen, als der Kongreß nicht einmal genügend Geld für die reduzierten US-Streitkräfte bewilligt hatte. Kriege führen war out, friedenserhaltende Einsätze waren in – und jemand, der mit Leib und Seele Soldat war wie Freeman, kam sich dabei vor, als müsse er mit Handschellen in einen Boxring klettern.
    Für Kevin Martindale, damals noch Präsidentschaftskandidat, war offensichtlich gewesen, daß Philip Freeman von diesen Widersprüchen innerlich zerrissen wurde. Bei offiziellen Pressekonferenzen war selbst für unaufmerksame Beobachter zu erkennen, daß Freeman unter der Untätigkeit der Washingtoner Politik litt; nach seiner Pensionierung war er fast zum Einsiedler geworden. Hatte er einmal seine Ranch in Billings, Montana, verlassen, um bei Collegeabschlußfeiern oder auf einer Konferenz zu sprechen – Interviews gab er praktisch keine mehr –, waren viele Amerikaner, darunter auch Martindale, darauf gespannt gewesen, was er sagen würde.
    Und so war es auch jetzt; Philip Freemans abruptes Schweigen bedeutete, daß er einen Plan hatte, und Martindale konnte es kaum erwarten, ihn zu hören. »Offenbar gibt’s noch keine übereinstimmende Meinung, Leute«, sagte der Präsident, »deshalb schlage ich vor, diese Sache zunächst auf kleiner Flamme zu kochen. Ich möchte, daß alle Beteiligten erst weitere Informationen sammeln. Wir müssen genau wissen, womit wir’s zu tun haben. Hat sonst noch jemand etwas für mich?«
    Sie diskutierten einige weitere Themen, dann war die Besprechung zu Ende. »Bleiben Sie noch einen Augenblick, Phil«, sagte der Präsident, als die Minister sich verabschiedeten. Martindale und Freeman setzten sich wieder zu Vizepräsidentin Whiting an den Couchtisch. »Schießen Sie los, Phil«, forderte der Präsident seinen Sicherheitsberater auf. »Was haben Sie sich überlegt?«
    »Die Iraner könnten es tatsächlich tun, Sir«, sagte Freeman.
    »Was tun?«
    »Den Persischen Golf abriegeln. Sie haben den Vorteil einer starken Luftwaffe, einer ziemlich guten Luftabwehr gegen Angriffe mit Marschflugkörpern und eines stehenden Heers mit einer Million bewährter, kampferprobter Soldaten. Dazu kommt ihre verstärkte Kriegsmarine mit einer Trägerkampfgruppe, die das Potential für einen ziemlich starken Angriff gegen unsere Kampfgruppe Lincoln hat. Unabwägbarkeiten ergeben sich aus der Fähigkeit der Iraner, wirksame biologische und chemische Waffen einzusetzen – und ihrem Kernwaffen-Programm, das sich auf weit höherem Stand als das irakische befinden dürfte. Dazu kommt, daß der Iran regional und weltweit mehr Verbündete hat: China, Nordkorea, vielleicht Rußland und viele islamische Staaten wie Syrien, Libyen, Pakistan und sogar die Türkei, die uns anderswo Schwierigkeiten machen und schlimmstenfalls sogar eine zweite Front eröffnen könnten.«
    »Das Ganze könnte sich also schnell zu einem zweiten ›Wüstensturm‹ entwickeln?«
    »Ja, aber unser Gegenschlag wäre weit schwieriger«, sagte Freeman. »Und das nicht nur aus den vorhin von mir genannten Gründen. Stellen Sie sich vor, der Persische Golf wäre abgeriegelt, so daß aller Nachschub eingeflogen oder auf Straße und Schiene vom Roten Meer herübergebracht werden müßte.
    Die saudi-arabischen Ölfelder und Stützpunkte würden von iranischen Bombern angegriffen. Ein direkter Vorstoß in den Iran wäre unmöglich, so daß wir wie am D-Day auf Amphibienlandungen und Luftlandeunternehmen angewiesen wären. Und der Iran ist dreimal größer als der Irak und weit gebirgiger, so daß der Krieg langwieriger und schwieriger wäre.«
    »Also kommt nur ein Luftkrieg in Frage«, stellte der Präsident fest. »Ein totaler Luftkrieg.«
    »Vermutlich von Anfang an ein totaler Luftkrieg«, stimmte Freeman zu, »bis wir die Luftherrschaft erkämpft, die Trägerkampfgruppen nahe genug herangebracht und uns vorgeschobene Stützpunkte in Saudi-Arabien und der Türkei gesichert haben.

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