Stahlfront 1: Die Macht aus dem Eis
später eine Unterhaltsforderung vom Sozialamt ein. Für Baumbach wäre es unvorstellbar gewesen, auf Kosten des Staates zu leben. Noch einmal suchte er seinen Sohn auf, der mittlerweile in einer Kommune lebte, und machte ihm das klar. Der junge Mann aber erklärte eiskalt, daß sich das Sozialamt alles auf Heller und Pfennig von seinem »Erzeuger«, wie er ihn nannte, zurückholen würde. Er lebte also gar nicht auf Kosten des Steuerzahlers, sondern holte sich seinen »legitimen Unterhalt« von ihm - nur über den Umweg Sozialamt.
Zwei Tage später bekam Baumbach erneut Besuch von Hahne.
Berlin, 6. April 1971
Es kam vorhin in den Nachrichten: In Düsseldorf wurde der Triebverbrecher Jürgen Bartsch zu gerade mal zehn Jahren »Jugendstrafe« verurteilt! Dieses abartige Schwein hat vier Jungen bestialisch ermordet und darf dafür zehn Jahre lang in einem pädagogisch geführten Wohlfühlknast mit Einzelzimmer und drei warmen Mahlzeiten am Tag sein Leben genießen! Was ist nur aus Deutschland geworden? Früher hätte man eine solche Bestie kurz und bündig an die Wand gestellt. Finde ich das gut? Ja! Bin ich deswegen ein Verbrecher? Ja, glaubt mein ehrenwerter Sohn! Ich will dir eines sagen, mein Junge — solltest du jemals in die Lage kommen, diese Zeilen zu lesen: Wenn jemand, der glaubt, daß Kindermörder ihr Recht auf Leben verwirkt haben, ein Verbrecher ist — ja, dann bin ich gern einer! Und? Ich — es klingelt.
Kurz vor Mitternacht
Ich hatte erneut Besuch von Oberstleutnant Hahne. Allerdings wurde er inzwischen zum Generalleutnant befördert. Ich hatte den Mann und seine Phantasien fast vergessen, aber er mich offenbar nicht.
Wie damals war er bestens informiert über meine Lebens-umstände.
Was er mir dann zeigte, hat mich endgültig wachgerüttelt: Ich sah zahlreiche Dokumente und Unterlagen, darunter Fotos der AIn. Was für abscheuliche Gestalten!
Noch schlimmer aber sind die endlos langen Listen ihrer Sklaven.
Wie viele bekannte Namen sich darauf befinden!
Jetzt endlich bin ich bereit, für die Thule-Truppen zu kämpfen, denn ich habe keine Familie mehr. Von meiner ach so liebevollen Frau habe ich nie wieder etwas gehört, und mein Sohn will mein Sohn nicht mehr sein, wirft mir ja sogar vor, ich hätte seine Mutter vertrieben. Dieser armselige Wicht! Ich habe mich inzwischen mehr als einmal gefragt, ob dieser Kerl überhaupt mein Sohn ist.
Ich bin zwar erst 46 Jahre alt, aber Generalleutnant Hahne will mich nicht mehr für die kämpfende Truppe. Und vermutlich hat er recht .
Trotzdem will er mich in die Dienste des Reiches Thule nehmen (ich weiß nun, wo es liegt, aber dieses Geheimnis werde ich wie so viele andere auch über meinen Tod hinaus bewahren). Er schlug mir vor, nordische Mädchen zu suchen, die als Gefährtinnen für die Männer der Thule-Truppen geeignet sind.
Bei den Verhältnissen im heutigen Europa ist es schwer, rein-blütige Arierinnen zu finden — und Hahne machte mir noch einmal in aller Eindringlichkeit klar, daß nur reinerbige Arier davor gefeit sind, von den AIn versklavt zu werden (das hat irgend etwas mit einer allergischen Reaktion zu tun - ganz verstanden habe ich es nicht, aber darauf kommt es auch nicht an).
Ich kann den Kampf gegen die AIn unterstützen, indem ich durch Europa reise, nordische Frauen - oder solche, die ich dafür halte - anspreche und mir eine Gewebeprobe besorge.
Die soll ich mit einem Erbgut-Prüfpack auf ihre Gene untersuchen.
Dafür reichen angeblich schon ein paar Haare (mit Wurzeln) oder ein Abstrich von der Mund- oder einer sonstigen Schleimhaut. Die Thule-Truppen werden mir nicht nur ein Gehalt auf ein Konto in der Schweiz überweisen, das wesentlich höher ist als mein heutiges Einkommen, sie werden auch sämtliche meiner Reisekosten übernehmen. Geld spielt offenbar keine Rolle. Hahne will mich unbedingt haben.
Und ich habe zugesagt. Jeder Mensch darf Fehler machen -aber niemals denselben zweimal. Einmal habe ich für die Familie auf das verzichtet, was das größte Abenteuer meines Lebens hätte werden können. Heute habe ich keine Familie mehr. Ich werde morgen meine Kündigung einreichen und mich sobald wie möglich auf die Reise machen.
Und nun beschrieb Baumbach detailliert, wie er unter falschen Namen kreuz und quer durch Europa gefahren war und Kontakte zu blonden Frauen geknüpft hatte, was ihm nicht schwergefallen war. Wittmann erinnerte sich daran, daß der Mann noch mit 85 Jahren beeindruckend ausgesehen hatte. Mit 46
Weitere Kostenlose Bücher