Stahlfront 1: Die Macht aus dem Eis
»Thulemarschall«, dem obersten aller Offiziere, der von den Generalfeldmarschällen demokratisch gewählt wurde.
Verblüffenderweise herrschte keine Wehrpflicht in Thule, aber wer es zu etwas bringen wollte, mußte in der Regel mindestens zwölf Jahre gedient haben. Für Wissenschaftler und -wenige - Künstler galten natürlich Ausnahmen, und Homosexuellen wie Manfred war die Aufnahme in die Truppe generell nicht möglich.
Er wollte natürlich so schnell wie möglich weg aus diesem merkwürdigen Staat, der in seinen Augen nichts anderes war als eine Militärdiktatur, aber Thule verlassen durften nur Angehörige der Truppe. Zivilisten waren auf ewig hier gefangen, die Bewahrung des Geheimnisses von Neu-Schwabenland stand über allem anderen. Also faßte Manfred einen Plan.
*
Einige Wochen waren ins Land gezogen, und Behrens hatte mittlerweile akzeptiert, daß er bei McBain nicht landen konnte, fühlte sich aber nach wie vor zu ihm hingezogen. Doch Mike hatte ihm in mittlerweile hervorragendem Deutsch klargemacht: »Ich mag dich, Manfred. Als Mensch und als Freund. Aber das war's dann auch. Ich habe nichts gegen Schwule, aber schon bei dem Gedanken, was ihr so treibt, schüttelt es mich. Also schlag dir alles andere als Freundschaft aus dem Kopf und such dir jemand anderen fürs Bett .«
Das Leben war angenehm in Thule. Morgens um sechs wurde es langsam hell, und von acht bis 20 Uhr strahlten die Kunstsonnen mit voller Kraft. Danach wurden sie heruntergefahren, um gegen 22 Uhr vollständig zu verlöschen. Aber auch dann wurde es nicht wirklich finster in der Höhlenwelt: Kleine Lampen unter der Decke in drei Kilometer Höhe simulierten das Sternenlicht.
Es war nicht nur stets angenehm warm in dem Land unter dem Eis, es regnete auch nie.
Süßwasser stand in jeder beliebigen Menge zur Verfügung, und so konnten Felder und Wälder über ein ausgeklügeltes Rohrleitungssystem künstlich bewässert werden.
Morgens gegen vier wurden die Straßen für eine halbe Stunde ebenfalls automatisch abgespült, um Staubbildung zu verhindern.
Wer nichts gegen die besonderen Umstände einzuwenden hatte, konnte in Thule leben wie ein König.
An einem Wochenende Mitte August, rund drei Monate nach ihrer Ankunft im Reich Thule, kam Wittmann mit dem Magnetzug nach Neu-Berlin. Seine Ausbildungseinheit war in Wie-landsburg stationiert, fast 500 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Mit der Magnetbahn dauerte die Fahrt knapp 40 Minuten.
McBains kleines Häuschen war der Treffpunkt. Wittmann verkündete beinahe euphorisch seine Neuigkeiten: Sein Lehrgang war so gut wie abgeschlossen, die Beförderung zum Hauptmann stand unmittelbar bevor. Aber der Dienstrang reizte ihn viel weniger als die Aufgabe, die man ihm übertragen hatte: »Ich werde eine neue Spezialtruppe für verdeckte Einsätze aufbauen. Dabei kann ich all die Erfahrungen aus meiner Zeit beim KSK endlich gewinnbringend anwenden .«
Manfred öffnete eine Flasche Rotwein. Eigentlich war es noch viel zu früh am Tag dafür, aber Magnus wollte feiern und sah darüber hinweg.
»Das hat dir wohl gefehlt, loszuziehen und Leute umzubringen«, höhnte Manfred. Magnus beschloß, das zu überhören und sich die Stimmung nicht verderben zu lassen. Er nahm sich ein Bier und ging zum Grill in dem kleinen Garten, an dem Mike die Hamburger zubereitete. Für einen echten Amerikaner wie ihn war ein Wochenende ohne Barbecue kein Wochenende.
Wittmann warf einen vielsagenden Blick in die Runde. »Sag mal, Mike, fehlt hier nicht etwas Wichtiges ?«
»Was?«
»Mädels! Die reißen sich doch geradezu um Offiziere wie uns, und ihr Flieger seid doch für euren Schlag bei den Frauen regelrecht berüchtigt. >Flieger sind Sieger<, sagt man nicht so ?«
»Ich weiß nicht, was man so sagt, und es ist mir auch völlig egal, wenn ich ehrlich sein soll. Ich fühle mich wie alles mögliche , nur nicht wie ein Sieger. Ich wollte mein Leben lang nichts anderes werden als Jagdpilot. Okay, sie bilden mich für die He 1098 aus - aber wieder für Bombeneinsätze. Männer mit Bombererfahrung wie ich wären zu wertvoll, um im Luftkampf verheizt zu werden, heißt es .«
»Laß doch den Kopf nicht hängen, Mike. Deine Vorgesetzten haben recht . In einem Krieg wie unserem muß ein Mann eben auch dazu bereit sein, Opfer zu bringen .«
»Das ist vielleicht dein Krieg, Magnus. meiner ist es nicht. Mein Krieg findet in China statt. Unsere Jungs haben vor mehr als zwei Monaten mit der Invasion des Festlands
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