Stahlfront 3: Der zweite Buergerkrieg
ins Ohr.
Der Rosenverkäufer zog ab zu einem schlaksigen jungen Mann, der einsam an der Theke stand und sich an einem Bier festhielt. Er drückte ihm eine Rose in die Hand und sagte etwas zu ihm, das Magnus nicht verstand. Während der Händler weiterstrolchte, um die anderen Gäste zu belästigen, wurde der junge Mann mit der Rose in der Hand knallrot.
Er kam herüber, baute sich vor Manfred auf, warf die Rose vor ihm auf den Boden und zischte: »Was soll die schwule Anmache, Typ ?«
»Klar, ich bin schwul, na und ?« Jetzt war Manfred in seinem Element. »Ich habe gedacht, du würdest ähnlich empfinden wie ich, so wie du mir die ganze Zeit lüsterne Blicke zugeworfen hast. Schade, daß ich mich getäuscht habe. Wir hätten einen hormonischen Abend verbringen können !«
»Ich und lüsterne Blicke? Paß auf, was du sagst, sonst .«
»Sonst was?« Zwei Worte und ein strenger Blick Magnus' reichten aus, um den jungen Mann gründlich zu verunsichern.
Er stampfte mit dem Fuß auf wie ein trotziges Kind, drehte sich um und verließ die Gaststätte.
Heinrich fand das Geschehene amüsant. »Ich habe ja wirklich viel verpaßt in meinem Bunker. Schwulis, die sich offen Rosen schenken!» Er sah Manfreds bösen Blick und fügte rasch hinzu: »Ich will dich nicht beleidigen, ehrlich, aber sowas ist völlig neu für mich !«
»Und es widert dich an, nicht wahr ?« Manfred gefiel sich einmal mehr in der Opferrolle.
»Ganz und gar nicht! Ich finde es nur ,« , er suchte nach dem richtigen Wort, »... amüsant. Ja, amüsant! Zu meiner Zeit war sowas wie das gerade eben einfach unvorstellbar. Nun komm schon, hör auf zu schmollen !«
Manfred entspannte sich und lächelte Heinrich unsicher zu.
*
Einige Minuten später verließen die drei die Gaststätte, um zum Hotel zurückzukehren. Es war mittlerweile dunkel geworden. Einzelne Schneeflocken tanzten im trüben Licht der wenigen Straßenlaternen auf dem Marktplatz.
Heinrich wollte sich eine Zigarette anzünden, steckte die Schachtel aber wieder weg, als er die sechs stämmigen, kahlrasierten jungen Männer mit den Bomberjacken und den Springerstiefeln sah, die vom Denkmal her auf sie zukamen in einem Gang, der Selbstbewußtsein demonstrieren sollte und doch nur so wirkte, als hätten sie Rasierklingen unter den Achselhöhlen.
Allerdings hatte ihr demonstratives Auftreten gereicht, um den Marktplatz leerzufegen. Man sah keine illegalen Zigarettenhändler mehr, keine alten Damen mit Hund - und natürlich auch keine Vertreter der Ordnungsbehörde.
Der schlaksige junge Kerl, dem Manfred die Rose zu schenken versucht hatte, stand hinter den Skinheads und deutete auf den Journalisten und seine Begleiter, obwohl jene das nicht mehr sehen konnten.
Lässig bauten sich die sechs vor den drei Fremden auf, sich ihrer Überzahl wohl bewußt. Magnus sah leere Gesichter unter den flachen, kahlrasierten Schädeldecken. Während seiner Zeit beim Verfassungsschutz hatte er mehr als einmal mit Typen wie diesen zu tun gehabt: dumme Schläger, die nur im Rudel stark waren und gewisse Parolen nur aufgegriffen hatten, weil sie damit provozieren konnten. In der Regel hing es einfach vom Zufall ab, ob so eine Gestalt bei den Skinheads endete oder bei den Autonomen.
Die meisten dieser Typen konnten die politischen Unterschiede zwischen Links und Rechts nicht einmal erklären. Denen ging es nur um Randale und Provokation.
»Wir dulden keine Schwulen in unserer Stadt !« erklärte der Anführer der Truppe kategorisch.
Manfred holte tief Luft, um empört zu antworten, aber Heinrich kam ihm zuvor: »Was seid ihr denn für Witzfiguren? Hat man euch keinen Respekt vor Erwachsenen beigebracht? Verschwindet, bevor ihr es bereut !«
»Der Opa ist ja tapfer !« höhnte einer der Skins. »Du willst es wohl endlich hinter dir haben, du nutzloser alter Sack! Typen wie dich habe ich gefressen! Stecken eine riesige Rente ein und verbrauchen der deutschen Jugend alles weg! Dir sollte man auf der Stelle den dürren Hals brechen !«
»Versuch es, Bubi !« Heinrichs Hand fuhr unter seine Jacke, und Magnus sah erschrocken, daß der alte Soldat dort seinen SS-Dolch verborgen hatte.
»Nein!«
Heinrich verstand, was der Hauptmann meinte, und steckte den Dolch wieder zurück.
Die Skinheads hatten davon nichts mitbekommen und richteten ihre Aufmerksamkeit auf Magnus. Seine Größe, seine Entschlossenheit und seine kräftige Statur beeindruckten sie zwar durchaus - andererseits war er der einzige
Weitere Kostenlose Bücher