Stahlfront 5: Yes, we can
Paulus und Speidel überlegt, wie er der Organisation, die den Untergang des autoritären Reiches Thule aktiv herbeiführen wollte, am besten dienen konnte.
Als dann die Planungen in enger Zusammenarbeit mit den amerikanischen Freunden konkret geworden waren, hatte sich rasch herausgestellt, daß man einen zuverlässigen Mann beim Innendienst brauchen würde. Niemand war für diesen Posten besser geeignet als Klemens Kempowski, und so hatte er seinen Abschied von der dritten Division systematisch betrieben.
Daß er deren Kommandeur Ali Azimi ob seiner Herkunft verachtete, hatte er nicht einmal vortäuschen müssen. Es hatte ihm von Anfang an nicht gefallen, sich von einem Perser - Arier hin, Arier her - kommandieren lassen zu müssen, und so hatte er kein schauspielerisches Talent gebraucht, um die persönliche Abneigung gegen den Obersten zu simulieren. Sie war real vorhanden.
Natürlich war Kempowski ebensowenig wie die Feldmarschälle (von deren vorzeitigem Ende er noch nichts wußte) und die anderen führenden Köpfe der Verschwörung gegen Bittrich ein verrückter Idealist, der Karriere und vielleicht sogar sein Leben wegwarf, um irgend etwas »Gutes« zu erreichen.
Ihm ging es wie den anderen nur um eines: um die Behandlung mit dem Jungbrunnenserum, das die AIn den Menschen gebracht hatten. Ihre amerikanischen Mittelsmänner hatten dem Führungszirkel der Verschwörer, zu dem sich Kempowski voller Stolz zählen durfte, versichert, sie nach der Niederringung Thules vorrangig mit dem Serum zu behandeln.
Spätestens seit er mit eigenen Augen gesehen hatte, wie das Serum den weit über 80 Jahre alten todkranken Stabsfeldwebel Heinrich in einen kerngesunden Mann in den besten Jahren verwandelt hatte, war das Verlangen nach einer solchen Behandlung übermächtig in ihm geworden. Er war bereit, alles, aber auch wirklich alles zu tun, um diese Segnung selbst zu erfahren.
Die Aussicht auf ein langes Leben bei bester Gesundheit machte ihm den Verzicht auf die Karriere in Thule leicht - vor allem, da er davon ausging, später, nach dem Umsturz, um so rascher Karriere machen zu können.
Daß seine amerikanischen »Verbündeten« keinesfalls planten, einen unwichtigen Major mit einer derart kostbaren Gabe zu belohnen, und daß sein Tod sogar fester Bestandteil ihres Planes war, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen.
Wie die meisten Verräter hielt er sich für den besten aller Menschen. Daß ausgerechnet diejenigen, denen er mit seinem Verrat am meisten half, jeden Wurm höher achteten als ihn, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen.
Und so war er jetzt auf dem Weg in die Klimasteuerzentrale des Reiches Thule. Wegen der militärisch mehr als angespannten Lage war er momentan allein auf weiter Flur, aber wäre ihm zufällig jemand begegnet, hätte Kempowski keinerlei Verdacht erregt. Als stellvertretender Leiter des Instandhaltungskommandos hatte er jederzeit ungehinderten Zutritt zu allen Einrichtungen, die das Leben im Höhlenreich ermöglichten.
Er öffnete die Panzertür zum Hauptrechnerraum. Die hier installierte Anlage vom Typ Zuse X D arbeitete vollautomatisch und war praktisch wartungsfrei. Kempowski nahm das kleine Gerät aus der Tasche, das ihm Speidel vor ein paar Stunden erst ausgehändigt hatte. Es sah aus wie ein Relais und glich den Geräten aus Thule-Produktion, die die Stromversorgung des Großrechners steuerten, äußerlich wie ein Ei dem anderen.
Tatsächlich handelte es sich jedoch um ein in den Labors von Harvard mit technischer Unterstützung der AIn entwickeltes Produkt amerikanischer Hochtechnologie: Die in dem Relaisgehäuse verborgenen Mikroschaltkreise enthielten ein kleines, nicht aufzuspürendes Schadprogramm, daß die amerikanischen Spezialisten entwickelt hatten, nachdem ihnen Speidel eine Kopie des Programms hatte zukommen lassen, mit dem der Zuse-Rechner lief und das Wetter sowie die Beleuchtung in der Thule-Höhle kontrollierte.
Kempowski wußte, daß das Programm die künstlichen Sonnen Thules für exakt 48 Stunden aus- und dann wieder einschalten würde. Es war so raffiniert gestrickt, daß selbst die besten Experten des Reiches mindestens 72 Stunden brauchen würden, um es nur zu finden. Aber die Amerikaner hatten versichert, daß ihre speziellen Nachtkampfeinheiten maximal 43 Stunden brauchen würden, um jeden militärischen Widerstand innerhalb der Höhlenwelt auszuschalten.
Was Kempowski nicht wußte, war die Tatsache, daß das Programm auch in die Frischluftversorgung
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