Stahlfront 5: Yes, we can
drehten sich die Rotoren in entgegengesetzter Richtung. Sie saugten Luft aus der Thule-Höhle und bliesen sie den Gang hinauf. Die Ringdüse vermischte diese Luft mit einer gleichbleibend wirksamen Dosis VX-UVr.
Das letzte Geräusch, das Lieutenant Colonel Andrew Brewer in seinem Leben hörte, war das tierhafte Gekreische des kleinen Buckligen, der sich für einen großen Wissenschaftler gehalten hatte.
Stabsfeldwebel Lohberger schloß mit seinem Leben ab, als die FA 483 beinahe mit Mach 1 auf das nächste 500 Meter durchmessende Gebirge aus massivem Felsgestein zujagte und übergangslos das Licht ausfiel, obwohl die Mittagsstunde gerade erst vorüber war und es nicht einmal den Versuch einer Dämmerung gegeben hatte.
So etwas war in der langen Geschichte des Reiches Thule noch niemals vorgekommen, und daher konnte so etwas nach Lohbergers Meinung auch nur in einer Katastrophe enden.
Aber die Frau am Steuer der schnellen Maschine war aus einem ganz speziellen Holz geschnitzt - aus dem Holz, aus dem Götter Helden formten. Mit schlafwandlerischer Sicherheit fand ihr linker Zeigefinger einen der zahlreichen Knöpfe in dem Schalterfeld über ihrem Kopf, und von der Decke der Kabine klappte ein Nachtsichtgerät herab.
Krimhild Unger legte die Stirn an das dafür vorgesehene Polster und schaute durch das Gerät, das ihr das Innere der Höhle hell wie bei Tageslicht und in bunten Farben zeigte. Sie mußte den Kurs des Düsenhubschraubers nicht um ein Zehntelgrad ändern oder gar Schub wegnehmen. Unbeirrt jagte sie die Maschine durch die nun nachtdunkle Höhle dem geplanten Flugziel entgegen. Während Lohberger hinten im Passagierraum wie im Schock nach einer Spucktüte tastete (die er schließlich auch fand, aber dann doch nicht brauchte), hatte Magnus Wittmann vollstes Vertrauen in die Flugkünste der berühmtesten Pilotin des Reiches. Schließlich war er schon früher mit ihr geflogen und wußte, wie gut diese Frau war.
Er war versucht, im OKT nachzufragen, was der Ausfall der Sonnen bedeutete, aber er verzichtete darauf, weil er sich vorstellen konnte, daß momentan die Funkgeräte und Telefonleitungen dort sowieso schon heißliefen.
Dann aber bemerkte er etwas, das ihn doch noch dazu brachte, den Bordfunk der Maschine auf eine ganz bestimmte Frequenz zu schalten. Denn sobald sich seine Augen an die übergangslos eingetretene Dunkelheit gewöhnt hatten, fiel ihm auf, daß sich die künstlichen Sterne wie bei einem gewöhnlichen Nachtprogramm eingeschaltet hatten.
Es war also nicht einfach zu einem wodurch auch immer bedingten Ausfall der künstlichen Sonnen gekommen. Jemand mußte massiv ins Steuerprogramm eingegriffen habe.
Wittmann rief auf der für seine Einheit reservierten Frequenz im kleinen Hauptquartier seiner Sondertruppe an. Leutnant Kaltmeister war am Apparat und hatte natürlich schon mitbekommen, was in der Höhle vor sich ging.
Die Anweisungen seines Hauptmanns waren ebenso knapp wie präzise: »Kaltmeister, nehmen Sie sich ein paar Männer mit und sehen Sie nach, was in der Klimazentrale los ist !«
»Zu Befehl!« Kaltmeister war kein Mann der großen Worte.
Der Leutnant hatte sich die ersten beiden Soldaten gegriffen, die ihm über den Weg liefen. Mit einem schnellen Elektrowagen waren sie zur zentralen Klimasteuerung gefahren, die so verlassen dalag wie immer, da sie vollautomatisch arbeitete.
Die mit zwei Thermitladungen zugeschweißte Stahltür zum Rechnerraum allerdings verhieß nichts Gutes. Über Funk rief Kaltmeister weitere Spezialisten seiner Truppe mit schwerem Gerät herbei.
Es dauerte keine zehn Minuten, bis die ersten vor Ort waren, und nur zwei weitere, bis sie mit schweren Hydraulikhämmern einen Weg durch die Wand neben der Tür gebahnt hatten.
Natürlich hätte man auch die Tür selbst mit Trennschneidern öffnen können, aber das wäre auch nicht schneller gegangen und angesichts der offenbar hier stattgefundenen Sabotage konnte man nicht sicher sein, ob die Tür nicht von der anderen Seite mit einer Sprengfalle vermint war.
Das war zwar nicht der Fall, aber Kaltmeisters Vorsicht ließ um kein Jota nach, als er durch die Wand in den Raum mit dem Großrechner stieg. Der Leutnant und seine Männer sahen sich gründlich um, doch auf den ersten Blick war nichts Ungewöhnliches festzustellen.
Kaltmeister wollte am Hauptbildschirm des Zuse X nach dem Grund für die Störung suchen, um sie abzustellen, aber das Gerät ließ keinen manuellen Eingriff in sein Programm zu. Es
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