Stahlfront 6: Aldebaran... und Mars!
Schlägertruppe kommen her, erpressen unsere Regierung und vertreiben die Bürger aus ihrer Heimat. Wundert es Sie da, wenn wir uns wehren ?«
»Sie meinen also, unser namenloser Freund wohne hier? Und wenn ich Ihnen das Gegenteil beweise, behaupten Sie wieder, das wäre doch alles nur manipuliert ?«
Die Frau antwortete nicht, doch das boshafte Leuchten in ihren Augen zeigte Braithwaite, daß er recht hatte. Er atmete kurz durch und deutete dann auf den tragbaren Rechner, den die Rothaarige zusammengeklappt unter dem Arm trug. »Würden Sie mir das Gerät mal kurz leihen, Gnädigste? Ich will Ihnen etwas so beweisen, daß selbst Sie es glauben müssen .«
Die Journalistin kannte den Pistolenschützen nicht und war sich deshalb sicher, daß sich auf ihrem Rechner keine Informationen über ihn befanden. Sie war sich der Aufmerksamkeit der versammelten Weltpresse sehr wohl bewußt; Dutzende Kameras richteten sich auf sie und den gutaussehenden Offizier. Zögernd reichte sie ihm das Gerät.
Der klappte es auf und fuhr den Rechner hoch. Routiniert stellte er eine drahtlose Verbindung zum Internet her und hackte in raschem Rhythmus auf der Tastatur herum. Die Kameras der Reporter - allen voran die des WDR - zeigten, wie sich die Seite des Bundesamtes für Verfassungsschutz öffnete. Das war keine Kunst, die konnte jeder aufrufen.
Aber das war erst der Anfang.
Braithwaites Finger flogen nur so über die Tasten, und plötzlich zeigte der Bildschirm die in roter Schrift gehaltene Warnung: »Geheim! Nur für den Dienstgebrauch!«
Dann rasten Dateien in schneller Folge über den Schirm, und plötzlich hatte der Oberst, was er suchte: die Personalakte eines Mitarbeiters namens Karl-Heinz Hoff. Der war wohnhaft in Bad Godesberg und 1998 als Beamter auf Lebenszeit übernommen worden, nachdem er dem Verfassungsschutz vorher schon fünf Jahre in den verschiedensten Positionen zugearbeitet hatte: als Provokateur in Internetforen ebenso wie als regionaler Funktionär in NPD und DKP, teilweise sogar beides gleichzeitig, natürlich immer unter falschem Namen.
Sein aktueller Auftrag: Aufwiegelung und Unruhestiftung in der Enklave Jonastal.
Und das Foto, das die Akte zierte, zeigte den Mann, der in Handschellen vor der Rathaustür stand.
Die Rothaarige war bleich geworden. »Das, was Sie hier betreiben, ist Geheimnisverrat«, zischte sie.
»Aber nicht doch, mein Liebe.« Braithwaite lächelte liebenswürdig. »Das, was ich hier betreibe, ist die Entlarvung der wahren Hintermänner und Schuldigen des leider notwendigen harten Einsatzes von vorhin. Das Reich Thule ist nicht einmal ansatzweise so bösartig, wie Sie und ihre Kollegen es immer wieder darzustellen versuchen. Man fragt sich allerdings, weshalb Sie das tun. Wollen sie sich nicht auch mal kurz in unseren Tomographen legen ?«
Die Rothaarige wurde blaß.
Der Oberst wandte sich von ihr ab und gab Befehl, den bezahlten Provokateur sofort aus dem Hoheitsgebiet Thules zu entfernen.
»Aaach-tung!«
Die beiden Soldaten, die am Eingang zur Halle des Wurmlochportals Wache standen und jeden kontrollierten, der hier hereinwollte, nahmen Haltung an.
Thulemarschall Bernhard Bittrich war persönlich mit einer Reichsflugscheibe ins Jonastal gekommen, um den Fortgang der »Operation Aldebaran« zu inspizieren.
Selbstverständlich hatten die beiden Uniformierten auch die Papiere ihres Oberbefehlshabers gründlich kontrolliert. Zwar kannte jedes Kind im Reich den kräftigen, untersetzten Mann mit den dunklen Locken, den seine Männer in einer Mischung aus Zuneigung und Verehrung so gern den »Bärwolf« nannten. Dennoch wurde er wie alle anderen streng kontrolliert, denn Vorschrift war nun einmal Vorschrift.
Dann erst brüllten die beiden seine Ankunft mit ihrer lauten Meldung heraus. Der Marschall hätte es gar nicht anders haben wollen. Deutschland war immer dann am erfolgreichsten gewesen, wenn Vorschriften einen Wert an sich gehabt hatten.
Der unfaßbare Aufstieg des Reiches Thule war nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, daß man sich in diesem anfangs so kleinen und schwachen Land fast schon fanatisch an jede Vorschrift gehalten hatte.
So waren Bittrich und seine Amtsvorgänger in der glücklichen Lage gewesen, Planungen zu machen und sicher sein zu können, daß sie auch buchstabengetreu umgesetzt wurden. So hatten sie sich stets darauf verlassen können, an der Spitze einer durch und durch disziplinierten Truppe zu stehen.
In der Bundesrepublik hingegen hatte man
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