Stahlhart
an der falschen Adresse. Ich müsste Sie weiterverbinden.«
»Für eine Vermisstenanzeige ist es wohl noch zu früh. Die Polizei würde noch nicht tätig werden. Ich dachte nur, Britta sei bei Ihnen, zur Befragung?«
»Warum sollte sie das sein?«
»Ich dachte es, vielmehr, ich erhoffte es, weil sie unauffindbar ist.« Rainer konnte seine Angst um Britta nicht mehr verbergen. Sie war seiner Stimme deutlich anzuhören.
»Beruhigen Sie sich erst einmal, meist gibt es ganz vernünftige Gründe, warum jemand für ein paar Stunden nicht erreichbar oder verschwunden ist. Eben aus diesem Grund werden wir nicht sofort aktiv. Der Polizeiapparat hat zu viel Arbeit, als dass er gleich eine Fahndung rausgeben kann, nur weil jemand sich beim Shoppen verspätet hat.«
»Shoppen ist nicht Brittas Stil.«
»War ja nur ein Beispiel.«
»Ein schlechtes. Okay, ich habe die Info, werde also weitersuchen müssen.«
»Aber bitte, halten Sie uns auf dem Laufenden, wenn sie wieder auftaucht. Wir sind bei einer an einem Fall beteiligten Person gern informiert, wie sie zu erreichen ist.«
»Werde ich machen«, verabschiedete sich Rainer. Seine letzte Hoffnung, Britta zu finden, war zerplatzt.
Britta saß wieder allein in der Halle. In ihr wütete die Panik. Sie war sich darüber im Klaren, dass ihr Tod besiegelt war, wenn nicht ein Wunder geschähe. Das Monster, das schon einige Menschen skrupellos getötet hatte, hatte sein Gesicht gezeigt. Ein Gesicht, das ihr einmal vertraut gewesen war, das sie gestreichelt und zwischen ihren Händen gehalten hatte, bis die Liebe sie verließ. Nun war sie dem Menschen, der sich zum Monster entwickelt hatte, ausgeliefert, und niemand würde wissen, wo sie sich befand. Sie wusste um die Intelligenz des Killers. Sie war sich sicher, dass er fintenreich das Versteck ausgewählt hatte. Was war dran an der Aussage, auf Rainer sei geschossen worden? War es nur ein Mittel gewesen, um sie in den fremden Wagen zu locken? War tatsächlich etwas mit Rainer? Der Gedanke an den Geliebten machte ihr zwar Sorgen, beruhigte sie aber gleichzeitig. Britta war froh, ihn als Partner zu haben, obwohl sich ein Punkt jetzt zum Nachteil entwickelt hatte. Beide hatten kaum über frühere Partner gesprochen. Geschehenes war vorbei, konnte aber zu einer Belastung für eine Partnerschaft werden. Britta hatte Rainer nicht wehtun wollen. Deshalb hatte sie diese ehemalige Partnerschaft verschwiegen. Nun würde sich das wahrscheinlich bitter rächen.
Hauptkommissarin Hansen informierte in einem Nebensatz das SOKO-Team über das Verschwinden von Britta Kern.
»Wir können das momentan außer Acht lassen, dafür ist die Zeitspanne des Fehlens zu kurz. Vielleicht hat sie nur eine Bekannte getroffen und ist mit ihr versackt. Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich zu verspäten, und vorher werden fast immer schon die Pferde scheu gemacht. Aber wir müssen die Situation im Hinterkopf behalten. Allerdings gibt es doch einen Aspekt, den diese Tatsache mit sich bringt. Wir haben uns viel zu wenig mit Frau Kern beschäftigt. Wir gingen immer von frischer Partnerschaft und beginnender Liebe aus. Davon, dass Frau Kern relativ neu im Umfeld von West ist. Vielleicht aber hat gerade sie mit dem Bankenungeheuer zu tun. Genau betrachtet fingen die Probleme für West nach dem Kennenlernen von Frau Kern an. Vielleicht stellte sie eine Art Lockvogel für West dar. Jedenfalls will ich sie morgen hier haben.«
»Die erste oberflächliche Überprüfung hatte aber nicht einmal ansatzweise einen Hinweis gezeigt«, warf Roland Ernst ein.
»Gutes Elternhaus, solider Job, starker Charakter, keinerlei Auffälligkeiten in irgendeine Richtung, nicht einmal Strafzettel wegen Falschparkens. Warum sollte so jemand kriminell werden?«
»Herr Ernst, ich muss Ihnen doch nicht sagen, dass es im Leben Situationen gibt, die dazu führen, dass man vom Weg abweicht. Britta Kerns Bruder Ulf kommt aus dem gleichen sozialen Stand, dem gleichen Elternhaus. Er ist eindeutig kriminell.«
»Ulf ist schwach, hat die falschen Leute kennengelernt und ist so abgerutscht. Frauen passiert so etwas seltener.«
»Danke, aber es gibt eben solche Fälle durchaus.«
»Da geht es aber meistens um Geld. Und Geld hat Frau Kern genug.«
»Der zweite Grund ist die Liebe. Ein neuer Partner, starke Bindung, und schon kann sich das Leben drehen. Und damit könnten wir bei der Lockvogelgeschichte sein.«
»Rainer West ist doch der neue Partner«, versuchte Roland Ernst seine
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